Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die Wunderns würdige Vorsorge Das Auge welches wacht, hat alles schonbestimmt, Das Feld bringt seine Frucht; was in dem Wasser schwimmt, Was in den Lüften fleugt, was auf der Erden gehet, Sind Zeugen seiner Macht, dran ihr die Vorsicht sehet, Sie reden aber auch, euch, die ihr Eltern an: Thut an den Kindern auch, was wir an die gethan Die unsre Kinder sein, die wir mit Sorg- falt hegen. Und wie mit Nahrungs-Milch, zu ihrer Größ verflegen. Die Thiere stellen sich, die zu beschämen dar, Die ihrer Kinder Wohl, ihr Elend und Gefahr Mit gleichen Augen sehn; die gegen GOrtes Gaben, Ein unnatürliches, ein steinern Herze haben. Wie viele finden sich, dabei der Trieb erstikt, Den man mit Zärtligkeit, an jeden Thier erblikt; Die nicht die Kinder nährn, die sie selbst mit den Brüsten, Woraus die Milchkost fliest, als Mütter nähren mü- sten? Sie geben solche offt, den Säuge-Ammen hin Die flössen mit der Milch, den liederlichen Sinn Jn zarte Seelen ein; und sind sie denn entwöhnet, So sieht man wie ein Kind, denselben Lastern fröh- net Die seine Nährerin mit süsser Lust geliebt, Und in der Brust gehegt, im Wandel ausgeübt. Wer seine Kinder liebt, wie die Natur begehrt, Der zeigt die Liebe an, daß er sie auch ernährt: Wie
Die Wunderns wuͤrdige Vorſorge Das Auge welches wacht, hat alles ſchonbeſtimmt, Das Feld bringt ſeine Frucht; was in dem Waſſer ſchwimmt, Was in den Luͤften fleugt, was auf der Erden gehet, Sind Zeugen ſeiner Macht, dran ihr die Vorſicht ſehet, Sie reden aber auch, euch, die ihr Eltern an: Thut an den Kindern auch, was wir an die gethan Die unſre Kinder ſein, die wir mit Sorg- falt hegen. Und wie mit Nahrungs-Milch, zu ihrer Groͤß verflegen. Die Thiere ſtellen ſich, die zu beſchaͤmen dar, Die ihrer Kinder Wohl, ihr Elend und Gefahr Mit gleichen Augen ſehn; die gegen GOrtes Gaben, Ein unnatuͤrliches, ein ſteinern Herze haben. Wie viele finden ſich, dabei der Trieb erſtikt, Den man mit Zaͤrtligkeit, an jeden Thier erblikt; Die nicht die Kinder naͤhrn, die ſie ſelbſt mit den Bruͤſten, Woraus die Milchkoſt flieſt, als Muͤtter naͤhren muͤ- ſten? Sie geben ſolche offt, den Saͤuge-Ammen hin Die floͤſſen mit der Milch, den liederlichen Sinn Jn zarte Seelen ein; und ſind ſie denn entwoͤhnet, So ſieht man wie ein Kind, denſelben Laſtern froͤh- net Die ſeine Naͤhrerin mit ſuͤſſer Luſt geliebt, Und in der Bruſt gehegt, im Wandel ausgeuͤbt. Wer ſeine Kinder liebt, wie die Natur begehrt, Der zeigt die Liebe an, daß er ſie auch ernaͤhrt: Wie
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Die Wunderns wuͤrdige Vorſorge
Das Auge welches wacht, hat alles ſchon
beſtimmt,
Das Feld bringt ſeine Frucht; was in dem
Waſſer ſchwimmt,
Was in den Luͤften fleugt, was auf der
Erden gehet,
Sind Zeugen ſeiner Macht, dran ihr die
Vorſicht ſehet,
Sie reden aber auch, euch, die ihr Eltern an:
Thut an den Kindern auch, was wir an die
gethan
Die unſre Kinder ſein, die wir mit Sorg-
falt hegen.
Und wie mit Nahrungs-Milch, zu ihrer
Groͤß verflegen.
Die Thiere ſtellen ſich, die zu beſchaͤmen dar,
Die ihrer Kinder Wohl, ihr Elend und Gefahr
Mit gleichen Augen ſehn; die gegen GOrtes Gaben,
Ein unnatuͤrliches, ein ſteinern Herze haben.
Wie viele finden ſich, dabei der Trieb erſtikt,
Den man mit Zaͤrtligkeit, an jeden Thier erblikt;
Die nicht die Kinder naͤhrn, die ſie ſelbſt mit den
Bruͤſten,
Woraus die Milchkoſt flieſt, als Muͤtter naͤhren muͤ-
ſten?
Sie geben ſolche offt, den Saͤuge-Ammen hin
Die floͤſſen mit der Milch, den liederlichen Sinn
Jn zarte Seelen ein; und ſind ſie denn entwoͤhnet,
So ſieht man wie ein Kind, denſelben Laſtern froͤh-
net
Die ſeine Naͤhrerin mit ſuͤſſer Luſt geliebt,
Und in der Bruſt gehegt, im Wandel ausgeuͤbt.
Wer ſeine Kinder liebt, wie die Natur begehrt,
Der zeigt die Liebe an, daß er ſie auch ernaͤhrt:
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