Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Wunderes würdige Vorsorge
Wie sorgt das Weibgen nicht, wenn sie erst aus-
gehekt,
Die ihre zarte Brut, mit sanften Flügeln dekt!
Das Mänlein flieget aus, und sucht auf seiner Reise,
Die Jungen zu ernährn, bequemen Trank und Speise,
Es schlukt das Wasser ein, und nimt die Gurgel
voll,
Von einer solchen Kost, die für die Jungen soll,
Es fliegt zum Nest zurük, es giebet seinen Jungen,
Die ihren Hals aufsperrn, was in dem Kropf ver-
schlungen,
Und gleichsam erst gekocht; Es samlet Speise ein,
Die seiner zarten Brut, zum Wachsthum dienlich sein.
Wer hat ihn denn gelehrt, die Speise zu erwählen,
Die seiner Jugend nützt, und in den zarten Kehlen
Sie etwas zu verdaun? Du Schöpfer hasts gethan,
Das zeigt uns die Natur, mit ihren Trieben an,
Die stammen nur von dir; Es sind verborgne Wunder,
Die in der inren Brust, geheimen Liebes-Zunder,
Bei Thieren angefeurt, der gegen die entbrant,
Die sie als ihre Frucht, mit zarter Lust erkant.
Wie ängstlich ist die Sorg, wenn sich zu dem Ge-
büschen,
Ein solcher Räuber naht, der die sucht zu erwischen,
Die ihre Lust gehekt; sie fliegen hin und her
Von heisser Angst gejagt. Weil ihre Gegenwehr,
Und ihre Macht nichts kann; so suchen sie im Fliegen,
Den, der die Jungen sucht, mit List noch zu be-
triegen.
Sie kriechen ins Gebüsch, darin das Nest nicht stekt,
Sie brausen da heraus; der Räuber wird erwekt,
Nach solchen Busch zu gehn, dadurch wird er betro-
gen,
Und von dem rechten Ort; allwo es ist, gezogen.
Wie
Die Wunderes wuͤrdige Vorſorge
Wie ſorgt das Weibgen nicht, wenn ſie erſt aus-
gehekt,
Die ihre zarte Brut, mit ſanften Fluͤgeln dekt!
Das Maͤnlein flieget aus, und ſucht auf ſeiner Reiſe,
Die Jungen zu ernaͤhrn, bequemen Trank und Speiſe,
Es ſchlukt das Waſſer ein, und nimt die Gurgel
voll,
Von einer ſolchen Koſt, die fuͤr die Jungen ſoll,
Es fliegt zum Neſt zuruͤk, es giebet ſeinen Jungen,
Die ihren Hals aufſperrn, was in dem Kropf ver-
ſchlungen,
Und gleichſam erſt gekocht; Es ſamlet Speiſe ein,
Die ſeiner zarten Brut, zum Wachsthum dienlich ſein.
Wer hat ihn denn gelehrt, die Speiſe zu erwaͤhlen,
Die ſeiner Jugend nuͤtzt, und in den zarten Kehlen
Sie etwas zu verdaun? Du Schoͤpfer haſts gethan,
Das zeigt uns die Natur, mit ihren Trieben an,
Die ſtammen nur von dir; Es ſind verborgne Wunder,
Die in der inren Bruſt, geheimen Liebes-Zunder,
Bei Thieren angefeurt, der gegen die entbrant,
Die ſie als ihre Frucht, mit zarter Luſt erkant.
Wie aͤngſtlich iſt die Sorg, wenn ſich zu dem Ge-
buͤſchen,
Ein ſolcher Raͤuber naht, der die ſucht zu erwiſchen,
Die ihre Luſt gehekt; ſie fliegen hin und her
Von heiſſer Angſt gejagt. Weil ihre Gegenwehr,
Und ihre Macht nichts kann; ſo ſuchen ſie im Fliegen,
Den, der die Jungen ſucht, mit Liſt noch zu be-
triegen.
Sie kriechen ins Gebuͤſch, darin das Neſt nicht ſtekt,
Sie brauſen da heraus; der Raͤuber wird erwekt,
Nach ſolchen Buſch zu gehn, dadurch wird er betro-
gen,
Und von dem rechten Ort; allwo es iſt, gezogen.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0286" n="270"/>
          <fw place="top" type="header">Die Wunderes wu&#x0364;rdige Vor&#x017F;orge</fw><lb/>
          <l>Wie &#x017F;orgt das Weibgen nicht, wenn &#x017F;ie er&#x017F;t aus-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gehekt,</hi> </l><lb/>
          <l>Die ihre zarte Brut, mit &#x017F;anften Flu&#x0364;geln dekt!</l><lb/>
          <l>Das Ma&#x0364;nlein flieget aus, und &#x017F;ucht auf &#x017F;einer Rei&#x017F;e,</l><lb/>
          <l>Die Jungen zu erna&#x0364;hrn, bequemen Trank und Spei&#x017F;e,</l><lb/>
          <l>Es &#x017F;chlukt das Wa&#x017F;&#x017F;er ein, und nimt die Gurgel</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">voll,</hi> </l><lb/>
          <l>Von einer &#x017F;olchen Ko&#x017F;t, die fu&#x0364;r die Jungen &#x017F;oll,</l><lb/>
          <l>Es fliegt zum Ne&#x017F;t zuru&#x0364;k, es giebet &#x017F;einen Jungen,</l><lb/>
          <l>Die ihren Hals auf&#x017F;perrn, was in dem Kropf ver-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chlungen,</hi> </l><lb/>
          <l>Und gleich&#x017F;am er&#x017F;t gekocht; Es &#x017F;amlet Spei&#x017F;e ein,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;einer zarten Brut, zum Wachsthum dienlich &#x017F;ein.</l><lb/>
          <l>Wer hat ihn denn gelehrt, die Spei&#x017F;e zu erwa&#x0364;hlen,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;einer Jugend nu&#x0364;tzt, und in den zarten Kehlen</l><lb/>
          <l>Sie etwas zu verdaun? Du Scho&#x0364;pfer ha&#x017F;ts gethan,</l><lb/>
          <l>Das zeigt uns die Natur, mit ihren Trieben an,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;tammen nur von dir; Es &#x017F;ind verborgne Wunder,</l><lb/>
          <l>Die in der inren Bru&#x017F;t, geheimen Liebes-Zunder,</l><lb/>
          <l>Bei Thieren angefeurt, der gegen die entbrant,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;ie als ihre Frucht, mit zarter Lu&#x017F;t erkant.</l><lb/>
          <l>Wie a&#x0364;ng&#x017F;tlich i&#x017F;t die Sorg, wenn &#x017F;ich zu dem Ge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">bu&#x0364;&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
          <l>Ein &#x017F;olcher Ra&#x0364;uber naht, der die &#x017F;ucht zu erwi&#x017F;chen,</l><lb/>
          <l>Die ihre Lu&#x017F;t gehekt; &#x017F;ie fliegen hin und her</l><lb/>
          <l>Von hei&#x017F;&#x017F;er Ang&#x017F;t gejagt. Weil ihre Gegenwehr,</l><lb/>
          <l>Und ihre Macht nichts kann; &#x017F;o &#x017F;uchen &#x017F;ie im Fliegen,</l><lb/>
          <l>Den, der die Jungen &#x017F;ucht, mit Li&#x017F;t noch zu be-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">triegen.</hi> </l><lb/>
          <l>Sie kriechen ins Gebu&#x0364;&#x017F;ch, darin das Ne&#x017F;t nicht &#x017F;tekt,</l><lb/>
          <l>Sie brau&#x017F;en da heraus; der Ra&#x0364;uber wird erwekt,</l><lb/>
          <l>Nach &#x017F;olchen Bu&#x017F;ch zu gehn, dadurch wird er betro-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gen,</hi> </l><lb/>
          <l>Und von dem rechten Ort; allwo es i&#x017F;t, gezogen.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0286] Die Wunderes wuͤrdige Vorſorge Wie ſorgt das Weibgen nicht, wenn ſie erſt aus- gehekt, Die ihre zarte Brut, mit ſanften Fluͤgeln dekt! Das Maͤnlein flieget aus, und ſucht auf ſeiner Reiſe, Die Jungen zu ernaͤhrn, bequemen Trank und Speiſe, Es ſchlukt das Waſſer ein, und nimt die Gurgel voll, Von einer ſolchen Koſt, die fuͤr die Jungen ſoll, Es fliegt zum Neſt zuruͤk, es giebet ſeinen Jungen, Die ihren Hals aufſperrn, was in dem Kropf ver- ſchlungen, Und gleichſam erſt gekocht; Es ſamlet Speiſe ein, Die ſeiner zarten Brut, zum Wachsthum dienlich ſein. Wer hat ihn denn gelehrt, die Speiſe zu erwaͤhlen, Die ſeiner Jugend nuͤtzt, und in den zarten Kehlen Sie etwas zu verdaun? Du Schoͤpfer haſts gethan, Das zeigt uns die Natur, mit ihren Trieben an, Die ſtammen nur von dir; Es ſind verborgne Wunder, Die in der inren Bruſt, geheimen Liebes-Zunder, Bei Thieren angefeurt, der gegen die entbrant, Die ſie als ihre Frucht, mit zarter Luſt erkant. Wie aͤngſtlich iſt die Sorg, wenn ſich zu dem Ge- buͤſchen, Ein ſolcher Raͤuber naht, der die ſucht zu erwiſchen, Die ihre Luſt gehekt; ſie fliegen hin und her Von heiſſer Angſt gejagt. Weil ihre Gegenwehr, Und ihre Macht nichts kann; ſo ſuchen ſie im Fliegen, Den, der die Jungen ſucht, mit Liſt noch zu be- triegen. Sie kriechen ins Gebuͤſch, darin das Neſt nicht ſtekt, Sie brauſen da heraus; der Raͤuber wird erwekt, Nach ſolchen Buſch zu gehn, dadurch wird er betro- gen, Und von dem rechten Ort; allwo es iſt, gezogen. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/286
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/286>, abgerufen am 24.11.2024.