Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die wunderbahre Verwandlung Nachdem der Sonnenstrahl sie färbt, der sie zugleichzur Reiffe bringt Wenn seines Feuers strenger Guß, die überzogne Haut durchdringt: O! welch ein Anmuths voller Blik! da sieht man Zweige mit Carbunkeln Als schöne Kronen der Natur, in durchgeklärter Röthe funkeln. Jhr Menschen! die ihr euch erfreut, ob dieses fro- hen Kirschbaums Schein Denkt doch mit Andacht dieses nach: Wie gütig muß der Schöpfer sein, Der uns mit solcher Lieblichkeit; so Auge, als Ge- schmak erquikket, Und diesen rothen Nectarsaft, in schönen Schalen ausgedrükket. Die Wunder Güte labt den Mund, sie nährt da- bei den regen Geist, Wenn er mit Andacht nur erwegt, aus was vor Quellen dieses fleust, Das uns so viel Vergnügen bringt, daß Aug und Zunge sehen, schmekken, Dies alles muß uns den Begrif, von einer weisen Macht erwekken. Als mir der Kirsch Baum dies gezeigt, und seine Früchte dargebracht, Da kam des Sommers Hiz und Brand, die sei- ne Blätter dürr gemacht; Der Herbst der grün in gelb verkehrt, veränderte durch rauhes Wetter Des Laubes grün gefärbte Tracht, in lauter gelb geschmükte Blätter. Dies Herbstkleid kam mir in der Fern, als schöne güldne Stükke für, Drum
Die wunderbahre Verwandlung Nachdem der Sonnenſtrahl ſie faͤrbt, der ſie zugleichzur Reiffe bringt Wenn ſeines Feuers ſtrenger Guß, die uͤberzogne Haut durchdringt: O! welch ein Anmuths voller Blik! da ſieht man Zweige mit Carbunkeln Als ſchoͤne Kronen der Natur, in durchgeklaͤrter Roͤthe funkeln. Jhr Menſchen! die ihr euch erfreut, ob dieſes fro- hen Kirſchbaums Schein Denkt doch mit Andacht dieſes nach: Wie guͤtig muß der Schoͤpfer ſein, Der uns mit ſolcher Lieblichkeit; ſo Auge, als Ge- ſchmak erquikket, Und dieſen rothen Nectarſaft, in ſchoͤnen Schalen ausgedruͤkket. Die Wunder Guͤte labt den Mund, ſie naͤhrt da- bei den regen Geiſt, Wenn er mit Andacht nur erwegt, aus was vor Quellen dieſes fleuſt, Das uns ſo viel Vergnuͤgen bringt, daß Aug und Zunge ſehen, ſchmekken, Dies alles muß uns den Begrif, von einer weiſen Macht erwekken. Als mir der Kirſch Baum dies gezeigt, und ſeine Fruͤchte dargebracht, Da kam des Sommers Hiz und Brand, die ſei- ne Blaͤtter duͤrr gemacht; Der Herbſt der gruͤn in gelb verkehrt, veraͤnderte durch rauhes Wetter Des Laubes gruͤn gefaͤrbte Tracht, in lauter gelb geſchmuͤkte Blaͤtter. Dies Herbſtkleid kam mir in der Fern, als ſchoͤne guͤldne Stuͤkke fuͤr, Drum
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Die wunderbahre Verwandlung
Nachdem der Sonnenſtrahl ſie faͤrbt, der ſie zugleich
zur Reiffe bringt
Wenn ſeines Feuers ſtrenger Guß, die uͤberzogne
Haut durchdringt:
O! welch ein Anmuths voller Blik! da ſieht man
Zweige mit Carbunkeln
Als ſchoͤne Kronen der Natur, in durchgeklaͤrter
Roͤthe funkeln.
Jhr Menſchen! die ihr euch erfreut, ob dieſes fro-
hen Kirſchbaums Schein
Denkt doch mit Andacht dieſes nach: Wie guͤtig
muß der Schoͤpfer ſein,
Der uns mit ſolcher Lieblichkeit; ſo Auge, als Ge-
ſchmak erquikket,
Und dieſen rothen Nectarſaft, in ſchoͤnen Schalen
ausgedruͤkket.
Die Wunder Guͤte labt den Mund, ſie naͤhrt da-
bei den regen Geiſt,
Wenn er mit Andacht nur erwegt, aus was vor
Quellen dieſes fleuſt,
Das uns ſo viel Vergnuͤgen bringt, daß Aug und
Zunge ſehen, ſchmekken,
Dies alles muß uns den Begrif, von einer weiſen
Macht erwekken.
Als mir der Kirſch Baum dies gezeigt, und ſeine
Fruͤchte dargebracht,
Da kam des Sommers Hiz und Brand, die ſei-
ne Blaͤtter duͤrr gemacht;
Der Herbſt der gruͤn in gelb verkehrt, veraͤnderte
durch rauhes Wetter
Des Laubes gruͤn gefaͤrbte Tracht, in lauter gelb
geſchmuͤkte Blaͤtter.
Dies Herbſtkleid kam mir in der Fern, als ſchoͤne
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