Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.
Sieh hier o Mensch! ein Denkbild an, Von deinen bald verflognen Leben, Wie ich erst aus der Quelle ran; Da must ich nach dem Ende streben: Und so gehts dir mit andern auch, Auf deines Lebens ersten Hauch, Da häuffen sich die schnellen Stunden, Die Stunden bringen einen Tag, Die Tage bringen Wochen nach Da ist ein Monath schon verschwunden. Da häufen sich den Jahr auf Jahr, Du kriechst aus deiner Kindheit Wiegen Und deine Jugend wird gewahr Der Erden irdisches Vergnügen: Die Welt zeigt dir die Herrlichkeit, Doch nur in einer kurzen Zeit; Du wünschst sie länger zu geniessen, Doch deiner Jahre schneller Flus, Geht fort zu deines Lebens Schlus, Und kann nicht wieder rückwerts fliessen. Klag nicht das harte Schiksahl an, Daß dich der Welt vergnügte Auen Auf deiner schnellen Lebens Bahn, Nur läst auf kurze Zeit beschauen. Die Vorsicht gönt dir einen Blik Und zieht dich wiederum zurük Um
Sieh hier o Menſch! ein Denkbild an, Von deinen bald verflognen Leben, Wie ich erſt aus der Quelle ran; Da muſt ich nach dem Ende ſtreben: Und ſo gehts dir mit andern auch, Auf deines Lebens erſten Hauch, Da haͤuffen ſich die ſchnellen Stunden, Die Stunden bringen einen Tag, Die Tage bringen Wochen nach Da iſt ein Monath ſchon verſchwunden. Da haͤufen ſich den Jahr auf Jahr, Du kriechſt aus deiner Kindheit Wiegen Und deine Jugend wird gewahr Der Erden irdiſches Vergnuͤgen: Die Welt zeigt dir die Herrlichkeit, Doch nur in einer kurzen Zeit; Du wuͤnſchſt ſie laͤnger zu genieſſen, Doch deiner Jahre ſchneller Flus, Geht fort zu deines Lebens Schlus, Und kann nicht wieder ruͤckwerts flieſſen. Klag nicht das harte Schikſahl an, Daß dich der Welt vergnuͤgte Auen Auf deiner ſchnellen Lebens Bahn, Nur laͤſt auf kurze Zeit beſchauen. Die Vorſicht goͤnt dir einen Blik Und zieht dich wiederum zuruͤk Um
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Ein flieſſender Bach.
Bis uns der Fluͤſſe weiter Mund,
Mit einen aufgeſperten Schlund
Jn ihren naſſen Bauch verſchlinget;
Und uns mit ſich ins groſſe Meer
Ohn eine ſichtbahr Wiederkehr,
Zum ungemeßnen Abgrund bringet.
Sieh hier o Menſch! ein Denkbild an,
Von deinen bald verflognen Leben,
Wie ich erſt aus der Quelle ran;
Da muſt ich nach dem Ende ſtreben:
Und ſo gehts dir mit andern auch,
Auf deines Lebens erſten Hauch,
Da haͤuffen ſich die ſchnellen Stunden,
Die Stunden bringen einen Tag,
Die Tage bringen Wochen nach
Da iſt ein Monath ſchon verſchwunden.
Da haͤufen ſich den Jahr auf Jahr,
Du kriechſt aus deiner Kindheit Wiegen
Und deine Jugend wird gewahr
Der Erden irdiſches Vergnuͤgen:
Die Welt zeigt dir die Herrlichkeit,
Doch nur in einer kurzen Zeit;
Du wuͤnſchſt ſie laͤnger zu genieſſen,
Doch deiner Jahre ſchneller Flus,
Geht fort zu deines Lebens Schlus,
Und kann nicht wieder ruͤckwerts flieſſen.
Klag nicht das harte Schikſahl an,
Daß dich der Welt vergnuͤgte Auen
Auf deiner ſchnellen Lebens Bahn,
Nur laͤſt auf kurze Zeit beſchauen.
Die Vorſicht goͤnt dir einen Blik
Und zieht dich wiederum zuruͤk
Um
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