übrigen und in numerisch fixierbarer Weise, und konstatiert dann auf der Seite des Effekts wiederum in einer Messung oder Zählung die begleitende Veränderung.
Einer Übertragung dieses Verfahrens auf die Unter- suchung psychischer Kausalbeziehungen im allgemeinen und derjenigen des Gedächtnislebens im besondern scheinen frei- lich zwei fundamentale und unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenzustehen. Wie wollen wir erstens die verwirrende Fülle massgebender Bedingungen, die, soweit sie geistiger Natur sind, sich unserer Herrschaft so gut wie ganz entziehen und dazu noch unerschöpflich und unablässig sich ändern, wie wollen wir diese auch nur einigermassen konstant hal- ten? Wie wollen wir es zweitens möglich machen, den psy- chischen Vorgängen, den zeitlich schnell verfliegenden und begrifflich schwer zu analysierenden, mit einer Zählung bei- zukommen?
Ich diskutiere zunächst die zweite Schwierigkeit, und zwar in Beziehung zu dem uns beschäftigenden Gedächtnis- leben.
§ 5. Einführung numerischer Bestimmungen für das im Gedächtnis Aufbewahrte.
Überblickt man noch einmal die oben (§ 2) aufgeführten Bedingungen des Behaltens und Reproducierens, mit Rück- sicht jetzt auf die Möglichkeit einer Zählung, so erkennt man, dass bei zweien derselben eine numerische Fixierung und ebenso eine numerische Variierung wohl möglich ist: die ver- schiedenen Zeiten, welche verfliessen zwischen der ersten Er- zeugung und der Reproduktion von Vorstellungsreihen, kann man messen, und die Wiederholungen, welche nötig sind, um
übrigen und in numerisch fixierbarer Weise, und konstatiert dann auf der Seite des Effekts wiederum in einer Messung oder Zählung die begleitende Veränderung.
Einer Übertragung dieses Verfahrens auf die Unter- suchung psychischer Kausalbeziehungen im allgemeinen und derjenigen des Gedächtnislebens im besondern scheinen frei- lich zwei fundamentale und unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenzustehen. Wie wollen wir erstens die verwirrende Fülle maſsgebender Bedingungen, die, soweit sie geistiger Natur sind, sich unserer Herrschaft so gut wie ganz entziehen und dazu noch unerschöpflich und unablässig sich ändern, wie wollen wir diese auch nur einigermaſsen konstant hal- ten? Wie wollen wir es zweitens möglich machen, den psy- chischen Vorgängen, den zeitlich schnell verfliegenden und begrifflich schwer zu analysierenden, mit einer Zählung bei- zukommen?
Ich diskutiere zunächst die zweite Schwierigkeit, und zwar in Beziehung zu dem uns beschäftigenden Gedächtnis- leben.
§ 5. Einführung numerischer Bestimmungen für das im Gedächtnis Aufbewahrte.
Überblickt man noch einmal die oben (§ 2) aufgeführten Bedingungen des Behaltens und Reproducierens, mit Rück- sicht jetzt auf die Möglichkeit einer Zählung, so erkennt man, daſs bei zweien derselben eine numerische Fixierung und ebenso eine numerische Variierung wohl möglich ist: die ver- schiedenen Zeiten, welche verflieſsen zwischen der ersten Er- zeugung und der Reproduktion von Vorstellungsreihen, kann man messen, und die Wiederholungen, welche nötig sind, um
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[10/0026]
übrigen und in numerisch fixierbarer Weise, und konstatiert
dann auf der Seite des Effekts wiederum in einer Messung
oder Zählung die begleitende Veränderung.
Einer Übertragung dieses Verfahrens auf die Unter-
suchung psychischer Kausalbeziehungen im allgemeinen und
derjenigen des Gedächtnislebens im besondern scheinen frei-
lich zwei fundamentale und unüberwindliche Schwierigkeiten
entgegenzustehen. Wie wollen wir erstens die verwirrende
Fülle maſsgebender Bedingungen, die, soweit sie geistiger
Natur sind, sich unserer Herrschaft so gut wie ganz entziehen
und dazu noch unerschöpflich und unablässig sich ändern,
wie wollen wir diese auch nur einigermaſsen konstant hal-
ten? Wie wollen wir es zweitens möglich machen, den psy-
chischen Vorgängen, den zeitlich schnell verfliegenden und
begrifflich schwer zu analysierenden, mit einer Zählung bei-
zukommen?
Ich diskutiere zunächst die zweite Schwierigkeit, und
zwar in Beziehung zu dem uns beschäftigenden Gedächtnis-
leben.
§ 5.
Einführung numerischer Bestimmungen für das im
Gedächtnis Aufbewahrte.
Überblickt man noch einmal die oben (§ 2) aufgeführten
Bedingungen des Behaltens und Reproducierens, mit Rück-
sicht jetzt auf die Möglichkeit einer Zählung, so erkennt man,
daſs bei zweien derselben eine numerische Fixierung und
ebenso eine numerische Variierung wohl möglich ist: die ver-
schiedenen Zeiten, welche verflieſsen zwischen der ersten Er-
zeugung und der Reproduktion von Vorstellungsreihen, kann
man messen, und die Wiederholungen, welche nötig sind, um
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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/26>, abgerufen am 23.02.2025.
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