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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

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holungen auswendig gelernt, jede Reihe also mit etwa 6 Wieder-
holungen. Aber die zur Erzielung dieser Wirkung vorher
nötig gewesene Anzahl von Wiederholungen betrug für neun
Reihen nur 158 + 109 + 75 = 342, für eine einzelne Reihe
also 38. Auf das Wiederlernen einer 12silbigen Reihe zu
einer bestimmten Zeit hatten demnach 38 Wiederholungen,
in gewisser Weise auf die drei vorangegangenen Tage ver-
teilt, einen ebenso günstigen Einfluss wie 68 Wiederholungen,
die unmittelbar nacheinander am Tage vorher vorgenommen
wurden. Macht man hier der Unsicherheit der nur auf wenige
Versuche basierten Zahlen selbst die grössten Konzessionen,
so bleibt ihre Differenz immer noch erheblich genug. Sie
macht die Annahme wahrscheinlich, dass bei einer grösse-
ren Anzahl von Wiederholungen
eine angemessene
Verteilung derselben über einen gewissen Zeitraum bedeutend
vorteilhafter ist als ihre Kumulierung auf eine bestimmte Zeit.
Das instinktive Verfahren der Praxis stimmt mit diesem, hier
nur für sehr beschränkte Bedingungen gewonnenen Resultat
überein: ein Schulknabe pflegt das Auswendiglernen seiner
Vokabeln und Regeln nicht auf einmal am Abend erzwin-
gen zu wollen, er weiss, dass er sie am nächsten Morgen
nochmal einprägen muss; ein Lehrer verteilt das Klassen-
pensum nicht gleichmässig über die ganze dafür zur Verfügung
stehende Zeit, sondern reserviert von vornherein einen Teil
derselben für ein- oder mehrmalige Repetition.



holungen auswendig gelernt, jede Reihe also mit etwa 6 Wieder-
holungen. Aber die zur Erzielung dieser Wirkung vorher
nötig gewesene Anzahl von Wiederholungen betrug für neun
Reihen nur 158 + 109 + 75 = 342, für eine einzelne Reihe
also 38. Auf das Wiederlernen einer 12silbigen Reihe zu
einer bestimmten Zeit hatten demnach 38 Wiederholungen,
in gewisser Weise auf die drei vorangegangenen Tage ver-
teilt, einen ebenso günstigen Einfluſs wie 68 Wiederholungen,
die unmittelbar nacheinander am Tage vorher vorgenommen
wurden. Macht man hier der Unsicherheit der nur auf wenige
Versuche basierten Zahlen selbst die gröſsten Konzessionen,
so bleibt ihre Differenz immer noch erheblich genug. Sie
macht die Annahme wahrscheinlich, daſs bei einer gröſse-
ren Anzahl von Wiederholungen
eine angemessene
Verteilung derselben über einen gewissen Zeitraum bedeutend
vorteilhafter ist als ihre Kumulierung auf eine bestimmte Zeit.
Das instinktive Verfahren der Praxis stimmt mit diesem, hier
nur für sehr beschränkte Bedingungen gewonnenen Resultat
überein: ein Schulknabe pflegt das Auswendiglernen seiner
Vokabeln und Regeln nicht auf einmal am Abend erzwin-
gen zu wollen, er weiſs, daſs er sie am nächsten Morgen
nochmal einprägen muſs; ein Lehrer verteilt das Klassen-
pensum nicht gleichmäſsig über die ganze dafür zur Verfügung
stehende Zeit, sondern reserviert von vornherein einen Teil
derselben für ein- oder mehrmalige Repetition.



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[122/0138] holungen auswendig gelernt, jede Reihe also mit etwa 6 Wieder- holungen. Aber die zur Erzielung dieser Wirkung vorher nötig gewesene Anzahl von Wiederholungen betrug für neun Reihen nur 158 + 109 + 75 = 342, für eine einzelne Reihe also 38. Auf das Wiederlernen einer 12silbigen Reihe zu einer bestimmten Zeit hatten demnach 38 Wiederholungen, in gewisser Weise auf die drei vorangegangenen Tage ver- teilt, einen ebenso günstigen Einfluſs wie 68 Wiederholungen, die unmittelbar nacheinander am Tage vorher vorgenommen wurden. Macht man hier der Unsicherheit der nur auf wenige Versuche basierten Zahlen selbst die gröſsten Konzessionen, so bleibt ihre Differenz immer noch erheblich genug. Sie macht die Annahme wahrscheinlich, daſs bei einer gröſse- ren Anzahl von Wiederholungen eine angemessene Verteilung derselben über einen gewissen Zeitraum bedeutend vorteilhafter ist als ihre Kumulierung auf eine bestimmte Zeit. Das instinktive Verfahren der Praxis stimmt mit diesem, hier nur für sehr beschränkte Bedingungen gewonnenen Resultat überein: ein Schulknabe pflegt das Auswendiglernen seiner Vokabeln und Regeln nicht auf einmal am Abend erzwin- gen zu wollen, er weiſs, daſs er sie am nächsten Morgen nochmal einprägen muſs; ein Lehrer verteilt das Klassen- pensum nicht gleichmäſsig über die ganze dafür zur Verfügung stehende Zeit, sondern reserviert von vornherein einen Teil derselben für ein- oder mehrmalige Repetition.

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Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/138>, abgerufen am 24.11.2024.