Experimente für eine bestimmte Individualität und bei 13 sil- bigen Reihen herausstellten, überraschen. Eine Stunde nach Aufhören des Lernens war das Vergessen bereits soweit vor- geschritten, dass über die Hälfte der ursprünglich aufgewandten Arbeit erneuert werden musste, ehe die Reihen wieder repro- duciert werden konnten; nach 8 Stunden betrug das zu Er- setzende fast 2/3 des ersten Aufwandes. Allmählich aber ver- langsamte sich der Prozess, so dass selbst für grössere Zeit- räume die Verluste nur eben noch sicher konstatierbar waren. Nach 24 Stunden haftete immer noch etwa ein Drittel, nach 6 Tagen ein Viertel und nach Ablauf eines vollen Monats noch ein reichliches Fünftel der erstverwandten Arbeit in seinen Nachwirkungen. Die Abnahme dieser Nachwirkung während der letzten Zeitintervalle ist augenscheinlich eine so langsame, dass sich unschwer voraussagen lässt, eine völlige Verflüchtigung der Effekte des ersten Auswendiglernens würde bei diesen Reihen, falls sie sich selbst überlassen geblieben wären, erst nach sozusagen unendlich langer Zeit zu konsta- tieren gewesen sein.
2. Am mindesten befriedigend an den gefundenen Re- sultaten ist die geringe Differenz zwischen der 3ten und 4ten Zahl, im Verhältnis namentlich zu der grösseren zwischen der 4ten und 5ten. In dem Zeitraum von 9--24 Stunden müsste darnach die Abnahme der Nachwirkung 2,1 % betragen haben, in der Zeit von 24 bis zu 48 Stunden 6,1 %; in späteren 24 Stunden daher etwa 3 mal so viel als in früheren 15. Da nach allen übrigen Zahlen die Abnahme der Nachwirkung mit zunehmender Zeit eine erhebliche Verzögerung erleidet, ist ein solches Verhält- nis nicht glaublich. Selbst nicht unter Zuziehung der -- übri- gens plausibeln -- Annahme, dass Nacht und Schlaf, die den grösseren Teil jener 15, aber den kleineren der 24 Stunden ausmachen, die Abnahme der Nachwirkung ganz besonders
Experimente für eine bestimmte Individualität und bei 13 sil- bigen Reihen herausstellten, überraschen. Eine Stunde nach Aufhören des Lernens war das Vergessen bereits soweit vor- geschritten, daſs über die Hälfte der ursprünglich aufgewandten Arbeit erneuert werden muſste, ehe die Reihen wieder repro- duciert werden konnten; nach 8 Stunden betrug das zu Er- setzende fast ⅔ des ersten Aufwandes. Allmählich aber ver- langsamte sich der Prozeſs, so daſs selbst für gröſsere Zeit- räume die Verluste nur eben noch sicher konstatierbar waren. Nach 24 Stunden haftete immer noch etwa ein Drittel, nach 6 Tagen ein Viertel und nach Ablauf eines vollen Monats noch ein reichliches Fünftel der erstverwandten Arbeit in seinen Nachwirkungen. Die Abnahme dieser Nachwirkung während der letzten Zeitintervalle ist augenscheinlich eine so langsame, daſs sich unschwer voraussagen läſst, eine völlige Verflüchtigung der Effekte des ersten Auswendiglernens würde bei diesen Reihen, falls sie sich selbst überlassen geblieben wären, erst nach sozusagen unendlich langer Zeit zu konsta- tieren gewesen sein.
2. Am mindesten befriedigend an den gefundenen Re- sultaten ist die geringe Differenz zwischen der 3ten und 4ten Zahl, im Verhältnis namentlich zu der gröſseren zwischen der 4ten und 5ten. In dem Zeitraum von 9—24 Stunden müſste darnach die Abnahme der Nachwirkung 2,1 % betragen haben, in der Zeit von 24 bis zu 48 Stunden 6,1 %; in späteren 24 Stunden daher etwa 3 mal so viel als in früheren 15. Da nach allen übrigen Zahlen die Abnahme der Nachwirkung mit zunehmender Zeit eine erhebliche Verzögerung erleidet, ist ein solches Verhält- nis nicht glaublich. Selbst nicht unter Zuziehung der — übri- gens plausibeln — Annahme, daſs Nacht und Schlaf, die den gröſseren Teil jener 15, aber den kleineren der 24 Stunden ausmachen, die Abnahme der Nachwirkung ganz besonders
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Experimente für eine bestimmte Individualität und bei 13 sil-
bigen Reihen herausstellten, überraschen. Eine Stunde nach
Aufhören des Lernens war das Vergessen bereits soweit vor-
geschritten, daſs über die Hälfte der ursprünglich aufgewandten
Arbeit erneuert werden muſste, ehe die Reihen wieder repro-
duciert werden konnten; nach 8 Stunden betrug das zu Er-
setzende fast ⅔ des ersten Aufwandes. Allmählich aber ver-
langsamte sich der Prozeſs, so daſs selbst für gröſsere Zeit-
räume die Verluste nur eben noch sicher konstatierbar waren.
Nach 24 Stunden haftete immer noch etwa ein Drittel, nach
6 Tagen ein Viertel und nach Ablauf eines vollen Monats
noch ein reichliches Fünftel der erstverwandten Arbeit in
seinen Nachwirkungen. Die Abnahme dieser Nachwirkung
während der letzten Zeitintervalle ist augenscheinlich eine so
langsame, daſs sich unschwer voraussagen läſst, eine völlige
Verflüchtigung der Effekte des ersten Auswendiglernens würde
bei diesen Reihen, falls sie sich selbst überlassen geblieben
wären, erst nach sozusagen unendlich langer Zeit zu konsta-
tieren gewesen sein.
2. Am mindesten befriedigend an den gefundenen Re-
sultaten ist die geringe Differenz zwischen der 3ten und 4ten
Zahl, im Verhältnis namentlich zu der gröſseren zwischen der 4ten
und 5ten. In dem Zeitraum von 9—24 Stunden müſste darnach
die Abnahme der Nachwirkung 2,1 % betragen haben, in der Zeit
von 24 bis zu 48 Stunden 6,1 %; in späteren 24 Stunden daher
etwa 3 mal so viel als in früheren 15. Da nach allen übrigen
Zahlen die Abnahme der Nachwirkung mit zunehmender Zeit
eine erhebliche Verzögerung erleidet, ist ein solches Verhält-
nis nicht glaublich. Selbst nicht unter Zuziehung der — übri-
gens plausibeln — Annahme, daſs Nacht und Schlaf, die den
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ausmachen, die Abnahme der Nachwirkung ganz besonders
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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/120>, abgerufen am 16.07.2024.
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