Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824.Karln als einen Bruder zu lieben; allein seitdem Karln als einen Bruder zu lieben; allein ſeitdem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="66"/> Karln als einen Bruder zu lieben; allein ſeitdem<lb/> ich litt, kam es mir vor, als ob ich gealtert<lb/> habe, und daß meine Liebe für ihn nur einer<lb/> Mutterliebe gliche. Wirklich konnte nur eine<lb/> Mutter dieſes leidenſchaftliche Verlangen empfin-<lb/> den, ihn glücklich zu wiſſen; denn ich würde<lb/> gerne mein Leben hingegeben haben, um ihm<lb/> einen Augenblick Kummers zu erſparen. Jch<lb/> ſah lange vor ihm den Eindruck, den er auf<lb/> Andere hervorbrachte; er war zu glücklich, um<lb/> ſich darum zu bekümmern. Dieß iſt ganz natür-<lb/> lich. Er hatte von ihnen nichts zu fürchten;<lb/> nichts konnte ihm dieſe beſtändige Unruhe ein-<lb/> flößen, die ich über die Gedanken anderer Men-<lb/> ſchen empfand. Alles harmonirte in ſeinem Schick-<lb/> ſale, in dem meinigen war alles Mißſtimmung.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [66/0072]
Karln als einen Bruder zu lieben; allein ſeitdem
ich litt, kam es mir vor, als ob ich gealtert
habe, und daß meine Liebe für ihn nur einer
Mutterliebe gliche. Wirklich konnte nur eine
Mutter dieſes leidenſchaftliche Verlangen empfin-
den, ihn glücklich zu wiſſen; denn ich würde
gerne mein Leben hingegeben haben, um ihm
einen Augenblick Kummers zu erſparen. Jch
ſah lange vor ihm den Eindruck, den er auf
Andere hervorbrachte; er war zu glücklich, um
ſich darum zu bekümmern. Dieß iſt ganz natür-
lich. Er hatte von ihnen nichts zu fürchten;
nichts konnte ihm dieſe beſtändige Unruhe ein-
flößen, die ich über die Gedanken anderer Men-
ſchen empfand. Alles harmonirte in ſeinem Schick-
ſale, in dem meinigen war alles Mißſtimmung.
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