ster Kummer. Jch dachte oft an Karln, allein ich sah ihn fast nicht mehr. Er studierte, und ich meiner Seits lernte, Frau von B. zu Gefallen, alles, was zu einer vollkommnen Erziehung ge- hört. Sie wollte, daß ich alle Talente besitzen sollte. Jch hatte eine gute Stimme; die geschick- testen Meister bildeten sie aus. Jch fand Ge- schmack an der Malerei; ein berühmter Maler und Freund der Frau von B. leitete meine Versuche. Jch lernte Englisch, Französisch, und Frau von B. bekümmerte sich selbst um meine Lectüre. Sie leitete meinen Verstand, und bil- dete meine Urtheilskraft aus. Wenn ich mit ihr sprach, und den Reichthum ihrer Seele entdeckte, fühlte ich die meinige sich erheben, und die Be-
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ſter Kummer. Jch dachte oft an Karln, allein ich ſah ihn faſt nicht mehr. Er ſtudierte, und ich meiner Seits lernte, Frau von B. zu Gefallen, alles, was zu einer vollkommnen Erziehung ge- hört. Sie wollte, daß ich alle Talente beſitzen ſollte. Jch hatte eine gute Stimme; die geſchick- teſten Meiſter bildeten ſie aus. Jch fand Ge- ſchmack an der Malerei; ein berühmter Maler und Freund der Frau von B. leitete meine Verſuche. Jch lernte Engliſch, Franzöſiſch, und Frau von B. bekümmerte ſich ſelbſt um meine Lectüre. Sie leitete meinen Verſtand, und bil- dete meine Urtheilskraft aus. Wenn ich mit ihr ſprach, und den Reichthum ihrer Seele entdeckte, fühlte ich die meinige ſich erheben, und die Be-
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ſter Kummer. Jch dachte oft an Karln, allein ich
ſah ihn faſt nicht mehr. Er ſtudierte, und ich
meiner Seits lernte, Frau von B. zu Gefallen,
alles, was zu einer vollkommnen Erziehung ge-
hört. Sie wollte, daß ich alle Talente beſitzen
ſollte. Jch hatte eine gute Stimme; die geſchick-
teſten Meiſter bildeten ſie aus. Jch fand Ge-
ſchmack an der Malerei; ein berühmter Maler
und Freund der Frau von B. leitete meine
Verſuche. Jch lernte Engliſch, Franzöſiſch, und
Frau von B. bekümmerte ſich ſelbſt um meine
Lectüre. Sie leitete meinen Verſtand, und bil-
dete meine Urtheilskraft aus. Wenn ich mit ihr
ſprach, und den Reichthum ihrer Seele entdeckte,
fühlte ich die meinige ſich erheben, und die Be-
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Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824/25>, abgerufen am 16.07.2024.
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