auch gelernt werden kann, was die Beschaffung eines erweiterten Lern- und Lehrgebiets zu bedeuten habe. Bisher konnte für die Frauen von einem höhern Lehrerberuf im ernsten Sinne dieses Worts nicht die Rede sein, weil es an Schülerinnen und An- stalten dieser Gattung fehlte. Was man höhere Töchterschulen nennt, gehört in das Bereich einer äusserst unzulänglichen, sich nicht viel über die Stufe des Elementaren erhebenden und über- dies abseits gerathenen Bildung. Es wäre nicht der Mühe werth, über das weibliche Lehrerthum an solchen Anstalten hier noch mehr Worte zu verlieren. Die zum Theil mögliche Zulassung der Frauen zu solchen Lehrverrichtungen ändert an dem that- sächlichen Monopol der Männer auch in dieser Sphäre nur wenig und kann es auch nicht, solange das weibliche Geschlecht ganz ausserhalb einer geordneten Organisation der Ausbildung von höheren Lehrkräften belassen wird. Was daher, ich sage aus- drücklich nicht etwa umzuschaffen, sondern überhaupt erst zu schaffen sein wird, ist das weibliche Publicum, welchem das Be- dürfniss einer höhern, sozusagen gymnasialen Vorbildung als ge- sellschaftliche und staatliche Nothwendigkeit anhaftet. Mit dieser Nothwendigkeit werden dann auch weibliche Hochschulen und weibliche Gegenstücke der Professoren erforderlich oder, mit andern Worten, Ausüberinnen jenes hohen Unterrichts, von dem die Bildung der höheren Lehrerinnen ausgeht.
Es ist stillschweigend vorausgesetzt worden, dass auch in den höhern und hohen Schulverrichtungen, ganz wie im Bereich der Medicin, die Frauen ihr Publicum in ihrer eignen weiblichen Welt zu suchen und sich dort eigne Institutionen zu schaffen haben. Der Grund, aus welchem diese Arbeitstheilung zwischen den Geschlechtern platzzugreifen hat, ist in den höhern und höchsten Lehrfächern noch entscheidender als im medicinischen Beruf. Im letztern ist es die ganze weibliche Welt aller Alters- stufen, die man sich als Publicum zu denken hat; die distinguirte Lehrverrichtung wendet sich aber wesentlich an die weibliche Jugend und zwar vornehmlich in den Stadien der Entwicklung und der Blüthe. Bisher kam von diesen letzteren Altersstufen hauptsächlich nur die erste, noch physisch und demgemäss in allen Beziehungen noch ziemlich unreife in Frage; aber dennoch hat es an Unzuträglichkeiten, die sich von dem Männerunterricht her einstellten, wahrlich nicht gefehlt. Allerdings hat der Staat in seiner hochweisen Fürsorge den deutlich sprechenden Grundsatz
auch gelernt werden kann, was die Beschaffung eines erweiterten Lern- und Lehrgebiets zu bedeuten habe. Bisher konnte für die Frauen von einem höhern Lehrerberuf im ernsten Sinne dieses Worts nicht die Rede sein, weil es an Schülerinnen und An- stalten dieser Gattung fehlte. Was man höhere Töchterschulen nennt, gehört in das Bereich einer äusserst unzulänglichen, sich nicht viel über die Stufe des Elementaren erhebenden und über- dies abseits gerathenen Bildung. Es wäre nicht der Mühe werth, über das weibliche Lehrerthum an solchen Anstalten hier noch mehr Worte zu verlieren. Die zum Theil mögliche Zulassung der Frauen zu solchen Lehrverrichtungen ändert an dem that- sächlichen Monopol der Männer auch in dieser Sphäre nur wenig und kann es auch nicht, solange das weibliche Geschlecht ganz ausserhalb einer geordneten Organisation der Ausbildung von höheren Lehrkräften belassen wird. Was daher, ich sage aus- drücklich nicht etwa umzuschaffen, sondern überhaupt erst zu schaffen sein wird, ist das weibliche Publicum, welchem das Be- dürfniss einer höhern, sozusagen gymnasialen Vorbildung als ge- sellschaftliche und staatliche Nothwendigkeit anhaftet. Mit dieser Nothwendigkeit werden dann auch weibliche Hochschulen und weibliche Gegenstücke der Professoren erforderlich oder, mit andern Worten, Ausüberinnen jenes hohen Unterrichts, von dem die Bildung der höheren Lehrerinnen ausgeht.
Es ist stillschweigend vorausgesetzt worden, dass auch in den höhern und hohen Schulverrichtungen, ganz wie im Bereich der Medicin, die Frauen ihr Publicum in ihrer eignen weiblichen Welt zu suchen und sich dort eigne Institutionen zu schaffen haben. Der Grund, aus welchem diese Arbeitstheilung zwischen den Geschlechtern platzzugreifen hat, ist in den höhern und höchsten Lehrfächern noch entscheidender als im medicinischen Beruf. Im letztern ist es die ganze weibliche Welt aller Alters- stufen, die man sich als Publicum zu denken hat; die distinguirte Lehrverrichtung wendet sich aber wesentlich an die weibliche Jugend und zwar vornehmlich in den Stadien der Entwicklung und der Blüthe. Bisher kam von diesen letzteren Altersstufen hauptsächlich nur die erste, noch physisch und demgemäss in allen Beziehungen noch ziemlich unreife in Frage; aber dennoch hat es an Unzuträglichkeiten, die sich von dem Männerunterricht her einstellten, wahrlich nicht gefehlt. Allerdings hat der Staat in seiner hochweisen Fürsorge den deutlich sprechenden Grundsatz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0031"n="22"/>
auch gelernt werden kann, was die Beschaffung eines erweiterten<lb/>
Lern- und Lehrgebiets zu bedeuten habe. Bisher konnte für die<lb/>
Frauen von einem höhern Lehrerberuf im ernsten Sinne dieses<lb/>
Worts nicht die Rede sein, weil es an Schülerinnen und An-<lb/>
stalten dieser Gattung fehlte. Was man höhere Töchterschulen<lb/>
nennt, gehört in das Bereich einer äusserst unzulänglichen, sich<lb/>
nicht viel über die Stufe des Elementaren erhebenden und über-<lb/>
dies abseits gerathenen Bildung. Es wäre nicht der Mühe werth,<lb/>
über das weibliche Lehrerthum an solchen Anstalten hier noch<lb/>
mehr Worte zu verlieren. Die zum Theil mögliche Zulassung<lb/>
der Frauen zu solchen Lehrverrichtungen ändert an dem that-<lb/>
sächlichen Monopol der Männer auch in dieser Sphäre nur wenig<lb/>
und kann es auch nicht, solange das weibliche Geschlecht ganz<lb/>
ausserhalb einer geordneten Organisation der Ausbildung von<lb/>
höheren Lehrkräften belassen wird. Was daher, ich sage aus-<lb/>
drücklich nicht etwa umzuschaffen, sondern überhaupt erst zu<lb/>
schaffen sein wird, ist das weibliche Publicum, welchem das Be-<lb/>
dürfniss einer höhern, sozusagen gymnasialen Vorbildung als ge-<lb/>
sellschaftliche und staatliche Nothwendigkeit anhaftet. Mit dieser<lb/>
Nothwendigkeit werden dann auch weibliche Hochschulen und<lb/>
weibliche Gegenstücke der Professoren erforderlich oder, mit<lb/>
andern Worten, Ausüberinnen jenes hohen Unterrichts, von dem<lb/>
die Bildung der höheren Lehrerinnen ausgeht.</p><lb/><p>Es ist stillschweigend vorausgesetzt worden, dass auch in<lb/>
den höhern und hohen Schulverrichtungen, ganz wie im Bereich<lb/>
der Medicin, die Frauen ihr Publicum in ihrer eignen weiblichen<lb/>
Welt zu suchen und sich dort eigne Institutionen zu schaffen<lb/>
haben. Der Grund, aus welchem diese Arbeitstheilung zwischen<lb/>
den Geschlechtern platzzugreifen hat, ist in den höhern und<lb/>
höchsten Lehrfächern noch entscheidender als im medicinischen<lb/>
Beruf. Im letztern ist es die ganze weibliche Welt aller Alters-<lb/>
stufen, die man sich als Publicum zu denken hat; die distinguirte<lb/>
Lehrverrichtung wendet sich aber wesentlich an die weibliche<lb/>
Jugend und zwar vornehmlich in den Stadien der Entwicklung<lb/>
und der Blüthe. Bisher kam von diesen letzteren Altersstufen<lb/>
hauptsächlich nur die erste, noch physisch und demgemäss in<lb/>
allen Beziehungen noch ziemlich unreife in Frage; aber dennoch<lb/>
hat es an Unzuträglichkeiten, die sich von dem Männerunterricht<lb/>
her einstellten, wahrlich nicht gefehlt. Allerdings hat der Staat<lb/>
in seiner hochweisen Fürsorge den deutlich sprechenden Grundsatz<lb/></p></div></body></text></TEI>
[22/0031]
auch gelernt werden kann, was die Beschaffung eines erweiterten
Lern- und Lehrgebiets zu bedeuten habe. Bisher konnte für die
Frauen von einem höhern Lehrerberuf im ernsten Sinne dieses
Worts nicht die Rede sein, weil es an Schülerinnen und An-
stalten dieser Gattung fehlte. Was man höhere Töchterschulen
nennt, gehört in das Bereich einer äusserst unzulänglichen, sich
nicht viel über die Stufe des Elementaren erhebenden und über-
dies abseits gerathenen Bildung. Es wäre nicht der Mühe werth,
über das weibliche Lehrerthum an solchen Anstalten hier noch
mehr Worte zu verlieren. Die zum Theil mögliche Zulassung
der Frauen zu solchen Lehrverrichtungen ändert an dem that-
sächlichen Monopol der Männer auch in dieser Sphäre nur wenig
und kann es auch nicht, solange das weibliche Geschlecht ganz
ausserhalb einer geordneten Organisation der Ausbildung von
höheren Lehrkräften belassen wird. Was daher, ich sage aus-
drücklich nicht etwa umzuschaffen, sondern überhaupt erst zu
schaffen sein wird, ist das weibliche Publicum, welchem das Be-
dürfniss einer höhern, sozusagen gymnasialen Vorbildung als ge-
sellschaftliche und staatliche Nothwendigkeit anhaftet. Mit dieser
Nothwendigkeit werden dann auch weibliche Hochschulen und
weibliche Gegenstücke der Professoren erforderlich oder, mit
andern Worten, Ausüberinnen jenes hohen Unterrichts, von dem
die Bildung der höheren Lehrerinnen ausgeht.
Es ist stillschweigend vorausgesetzt worden, dass auch in
den höhern und hohen Schulverrichtungen, ganz wie im Bereich
der Medicin, die Frauen ihr Publicum in ihrer eignen weiblichen
Welt zu suchen und sich dort eigne Institutionen zu schaffen
haben. Der Grund, aus welchem diese Arbeitstheilung zwischen
den Geschlechtern platzzugreifen hat, ist in den höhern und
höchsten Lehrfächern noch entscheidender als im medicinischen
Beruf. Im letztern ist es die ganze weibliche Welt aller Alters-
stufen, die man sich als Publicum zu denken hat; die distinguirte
Lehrverrichtung wendet sich aber wesentlich an die weibliche
Jugend und zwar vornehmlich in den Stadien der Entwicklung
und der Blüthe. Bisher kam von diesen letzteren Altersstufen
hauptsächlich nur die erste, noch physisch und demgemäss in
allen Beziehungen noch ziemlich unreife in Frage; aber dennoch
hat es an Unzuträglichkeiten, die sich von dem Männerunterricht
her einstellten, wahrlich nicht gefehlt. Allerdings hat der Staat
in seiner hochweisen Fürsorge den deutlich sprechenden Grundsatz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/31>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.