Es ist ein Zeichen des Ueberganges zu einer höheren Civili- sation, dass die weiblichen Bestrebungen, die überlieferte gesell- schaftliche, materielle und geistige Vormundschaft abzuthun, zu- gleich an ideeller Kraft und praktischer Nachdrücklichkeit er- heblich gewinnen. Die wirthschaftlich materielle Seite der Frauenfrage ist der praktisch wichtigste Ausgangspunkt für alles Uebrige. Die socialökonomische Berufsstellung des Weibes ent- scheidet durchschnittlich auch über das Maass höherer Bildung. Nur was sich an Bildungsnothwendigkeit aus den Erfordernissen des Berufs nothgedrungen ergiebt, kann für die grosse Zahl durch öffentliche Einrichtungen wirklich gesichert sein. Der blosse Reiz des Wissens ist zwar der edelste Beweggrund des höchsten Bildungsstrebens, wirkt aber nur ausnahmsweise und hat bisher noch nie jene breite Grundlage zu schaffen vermocht, welche den sozusagen mittleren Menschen, also die zahlreichen Gruppen um- fasste. Es ist also auch aus diesem höheren Gesichtspunkt er- forderlich, die Hebel im Gebiet der Berufszweige anzusetzen... Auch sollen sich die folgenden Darlegungen, mit Ausnahme des letzten Abschnitts, um die wissenschaftliche Bildung durchaus nicht an sich selbst, sondern nur insoweit kümmern, als eine solche Bildung für das höhere Berufsleben nothwendig ist und sich da- her von selbst einfindet, wo die neuen gesellschaftlichen Functionen den Frauen zugänglich werden.
Im Haushalt der Gesellschaft spielen der höhere Lehrerberuf und die ärztlichen Verrichtungen eine Rolle, die theils gar nicht, theils nur missbräuchlich einen politischen Charakter hat. Da- gegen gehört die Thätigkeit des juristischen Sachwalters und vollends die des Richters schon in das staatliche Gebiet. Wer daher das Studium des Rechts oder gar der eigentlichen Verwal- tung mit Rücksicht auf die auch in dieser Richtung berechtigten
1. Begrenzung der Aufgabe.
Es ist ein Zeichen des Ueberganges zu einer höheren Civili- sation, dass die weiblichen Bestrebungen, die überlieferte gesell- schaftliche, materielle und geistige Vormundschaft abzuthun, zu- gleich an ideeller Kraft und praktischer Nachdrücklichkeit er- heblich gewinnen. Die wirthschaftlich materielle Seite der Frauenfrage ist der praktisch wichtigste Ausgangspunkt für alles Uebrige. Die socialökonomische Berufsstellung des Weibes ent- scheidet durchschnittlich auch über das Maass höherer Bildung. Nur was sich an Bildungsnothwendigkeit aus den Erfordernissen des Berufs nothgedrungen ergiebt, kann für die grosse Zahl durch öffentliche Einrichtungen wirklich gesichert sein. Der blosse Reiz des Wissens ist zwar der edelste Beweggrund des höchsten Bildungsstrebens, wirkt aber nur ausnahmsweise und hat bisher noch nie jene breite Grundlage zu schaffen vermocht, welche den sozusagen mittleren Menschen, also die zahlreichen Gruppen um- fasste. Es ist also auch aus diesem höheren Gesichtspunkt er- forderlich, die Hebel im Gebiet der Berufszweige anzusetzen... Auch sollen sich die folgenden Darlegungen, mit Ausnahme des letzten Abschnitts, um die wissenschaftliche Bildung durchaus nicht an sich selbst, sondern nur insoweit kümmern, als eine solche Bildung für das höhere Berufsleben nothwendig ist und sich da- her von selbst einfindet, wo die neuen gesellschaftlichen Functionen den Frauen zugänglich werden.
Im Haushalt der Gesellschaft spielen der höhere Lehrerberuf und die ärztlichen Verrichtungen eine Rolle, die theils gar nicht, theils nur missbräuchlich einen politischen Charakter hat. Da- gegen gehört die Thätigkeit des juristischen Sachwalters und vollends die des Richters schon in das staatliche Gebiet. Wer daher das Studium des Rechts oder gar der eigentlichen Verwal- tung mit Rücksicht auf die auch in dieser Richtung berechtigten
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1. Begrenzung der Aufgabe.
Es ist ein Zeichen des Ueberganges zu einer höheren Civili-
sation, dass die weiblichen Bestrebungen, die überlieferte gesell-
schaftliche, materielle und geistige Vormundschaft abzuthun, zu-
gleich an ideeller Kraft und praktischer Nachdrücklichkeit er-
heblich gewinnen. Die wirthschaftlich materielle Seite der
Frauenfrage ist der praktisch wichtigste Ausgangspunkt für alles
Uebrige. Die socialökonomische Berufsstellung des Weibes ent-
scheidet durchschnittlich auch über das Maass höherer Bildung.
Nur was sich an Bildungsnothwendigkeit aus den Erfordernissen
des Berufs nothgedrungen ergiebt, kann für die grosse Zahl durch
öffentliche Einrichtungen wirklich gesichert sein. Der blosse
Reiz des Wissens ist zwar der edelste Beweggrund des höchsten
Bildungsstrebens, wirkt aber nur ausnahmsweise und hat bisher
noch nie jene breite Grundlage zu schaffen vermocht, welche den
sozusagen mittleren Menschen, also die zahlreichen Gruppen um-
fasste. Es ist also auch aus diesem höheren Gesichtspunkt er-
forderlich, die Hebel im Gebiet der Berufszweige anzusetzen...
Auch sollen sich die folgenden Darlegungen, mit Ausnahme des
letzten Abschnitts, um die wissenschaftliche Bildung durchaus
nicht an sich selbst, sondern nur insoweit kümmern, als eine solche
Bildung für das höhere Berufsleben nothwendig ist und sich da-
her von selbst einfindet, wo die neuen gesellschaftlichen Functionen
den Frauen zugänglich werden.
Im Haushalt der Gesellschaft spielen der höhere Lehrerberuf
und die ärztlichen Verrichtungen eine Rolle, die theils gar nicht,
theils nur missbräuchlich einen politischen Charakter hat. Da-
gegen gehört die Thätigkeit des juristischen Sachwalters und
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Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Internet Archive: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-06-13T16:46:57Z)
Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/10>, abgerufen am 03.07.2024.
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