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Du Bois-Reymond, Emil Heinrich: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig, 1872.

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ihrer vergleichsweisen Entwickelung nach mit der Stei¬
gerung diese Thätigkeiten gleichen Schritt halten. Wo von
den anthropoiden Affen zum Menschen die geistige Befähi¬
gung den durch den Besitz der Sprache bezeichneten unge¬
heuren Sprung macht, findet sich ein entsprechender Sprung
in der Hirnmasse vor. Die verschiedene Anordnung glei¬
cher Elementartheile bei den Wirbellosen belehrt aber den
Naturforscher, dass es hier wie bei anderen Organen
weniger auf die Architektur, als auf die Structurelemente
ankommt. Mit ehrfurchtsvollem Staunen betrachtet er
das mikroskopische Klümpchen Nervensubstanz, welches
der Sitz der arbeitsamen, baulustigen, ordnungsliebenden,
pflichttreuen, tapferen Ameisenseele ist.20 Endlich die
Descendenz-Theorie im Verein mit der Lehre von der
natürlichen Zuchtwahl drängt ihm die Vorstellung auf,
dass die Seele als allmäliges Ergebniss gewisser mate¬
rieller Combinationen entstanden, und vielleicht gleich
anderen erblichen, im Kampf um's Dasein dem Einzel¬
wesen nützlichen Gaben durch eine zahllose Reihe
von Geschlechtern sich gesteigert und vervollkommnet
habe.21

Wenn nun die alten Denker jede Wechselwirkung
zwischen Leib und Seele, wie sie diese sich vorstellten,
als unverständlich und unmöglich erkannten, und wenn
nur durch praestabilirte Harmonie das Räthsel des den¬
noch stattfindenden Zusammengehens beider Substanzen

ihrer vergleichsweisen Entwickelung nach mit der Stei¬
gerung diese Thätigkeiten gleichen Schritt halten. Wo von
den anthropoiden Affen zum Menschen die geistige Befähi¬
gung den durch den Besitz der Sprache bezeichneten unge¬
heuren Sprung macht, findet sich ein entsprechender Sprung
in der Hirnmasse vor. Die verschiedene Anordnung glei¬
cher Elementartheile bei den Wirbellosen belehrt aber den
Naturforscher, dass es hier wie bei anderen Organen
weniger auf die Architektur, als auf die Structurelemente
ankommt. Mit ehrfurchtsvollem Staunen betrachtet er
das mikroskopische Klümpchen Nervensubstanz, welches
der Sitz der arbeitsamen, baulustigen, ordnungsliebenden,
pflichttreuen, tapferen Ameisenseele ist.20 Endlich die
Descendenz-Theorie im Verein mit der Lehre von der
natürlichen Zuchtwahl drängt ihm die Vorstellung auf,
dass die Seele als allmäliges Ergebniss gewisser mate¬
rieller Combinationen entstanden, und vielleicht gleich
anderen erblichen, im Kampf um's Dasein dem Einzel¬
wesen nützlichen Gaben durch eine zahllose Reihe
von Geschlechtern sich gesteigert und vervollkommnet
habe.21

Wenn nun die alten Denker jede Wechselwirkung
zwischen Leib und Seele, wie sie diese sich vorstellten,
als unverständlich und unmöglich erkannten, und wenn
nur durch praestabilirte Harmonie das Räthsel des den¬
noch stattfindenden Zusammengehens beider Substanzen

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[30/0038] ihrer vergleichsweisen Entwickelung nach mit der Stei¬ gerung diese Thätigkeiten gleichen Schritt halten. Wo von den anthropoiden Affen zum Menschen die geistige Befähi¬ gung den durch den Besitz der Sprache bezeichneten unge¬ heuren Sprung macht, findet sich ein entsprechender Sprung in der Hirnmasse vor. Die verschiedene Anordnung glei¬ cher Elementartheile bei den Wirbellosen belehrt aber den Naturforscher, dass es hier wie bei anderen Organen weniger auf die Architektur, als auf die Structurelemente ankommt. Mit ehrfurchtsvollem Staunen betrachtet er das mikroskopische Klümpchen Nervensubstanz, welches der Sitz der arbeitsamen, baulustigen, ordnungsliebenden, pflichttreuen, tapferen Ameisenseele ist. ²⁰ Endlich die Descendenz-Theorie im Verein mit der Lehre von der natürlichen Zuchtwahl drängt ihm die Vorstellung auf, dass die Seele als allmäliges Ergebniss gewisser mate¬ rieller Combinationen entstanden, und vielleicht gleich anderen erblichen, im Kampf um's Dasein dem Einzel¬ wesen nützlichen Gaben durch eine zahllose Reihe von Geschlechtern sich gesteigert und vervollkommnet habe. ²¹ Wenn nun die alten Denker jede Wechselwirkung zwischen Leib und Seele, wie sie diese sich vorstellten, als unverständlich und unmöglich erkannten, und wenn nur durch praestabilirte Harmonie das Räthsel des den¬ noch stattfindenden Zusammengehens beider Substanzen

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Zitationshilfe: Du Bois-Reymond, Emil Heinrich: Über die Grenzen des Naturerkennens. Leipzig, 1872, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dubois_naturerkennen_1872/38>, abgerufen am 23.11.2024.