Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.zum Ausdruck gelangt und sie bedingt, so ist auch die fort- *) p. 230.
zum Ausdruck gelangt und ſie bedingt, ſo iſt auch die fort- *) p. 230.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="63"/> zum Ausdruck gelangt und ſie bedingt, ſo iſt auch die fort-<lb/> ſchreitende lebendige Entwicklung als Jnhalt des Strebens,<lb/> als Sinn des Seins, der Sinn des Weltproceſſes d. h. die<lb/><hi rendition="#g">Weſensbeſchaffenheit</hi> deſſelben, der <hi rendition="#g">Schwerpunkt</hi> in<lb/> der Richtung ſeines Vollzugs, ſeine <hi rendition="#g">nothwendige</hi> und<lb/> daher auch <hi rendition="#g">gewiſſe Bewegungsform.</hi>“ Dies zugegeben,<lb/> ſcheint der Kennzeichnung des Weltengeheimniſſes als eines<lb/> „hehren“ doch der Umſtand entgegenzuſtehen, daß das <hi rendition="#g">Jndi-<lb/> viduum im Weltproceſſe preisgegeben iſt,</hi> kann es<lb/> ihm doch jeden Augenblick beſchieden ſein, „unter die Räder<lb/> des Verhängniſſes zu gerathen und unerſetzlich geſchädigt oder<lb/> zertreten zu werden.“<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 230.</note> Duboc iſt der Letzte, das Weltübel<lb/> zu leugnen; er anerkennt daſſelbe in ſeiner ganzen ſchrecklichen<lb/> Macht, aber er thut zugleich in ſcharfſinniger Weiſe dar,<lb/> daß das Weltübel, das Weltleid einerlei Nothwendigkeit mit<lb/> der Nothwendigkeit des <hi rendition="#g">Werdens</hi> habe. „Gleichviel ob wir<lb/> demſelben einen metaphyſiſchen oder phyſiſchen Hintergrund<lb/> leihen, die <hi rendition="#g">Exiſtenznothwendigkeit des Werdens</hi> — es<lb/> gilt für beide Standpunkte — bedingt ein Herausſchälen aus<lb/> niederſten Anfängen, ein Erheben, dem ein Verſinken, ein<lb/> Anziehen, dem ein Abſtoßen anderer Theile, kurz ein Proceß,<lb/> dem zahlloſe Opfer fallen, zur Seite geht. Welche Unſumme<lb/> von Leid vermag nicht <hi rendition="#g">Einſicht</hi> zu bewältigen, welche Un-<lb/> ſumme von Weltleid iſt alſo allein dadurch geſetzt, daß Ein-<lb/> ſicht erſt <hi rendition="#g">werden</hi> muß, daß ſie aus inſtinktiven Regungen,<lb/> dunklen Trieben ſich erſt zur Helligkeit durcharbeiten, aus dem<lb/> geringſten Beſtand im Laufe von Generationen zu einer<lb/> Summe anſchwellen muß, durch welche den nächſten Genera-<lb/> tionen Weltleid, foweit es hievon abhängig war, erſpart<lb/> werden kann.“ Der Weltproceß ſtellt demnach, als Ganzes<lb/> betrachtet, trotz der Preisgebung des Jndividuums, dennoch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0072]
zum Ausdruck gelangt und ſie bedingt, ſo iſt auch die fort-
ſchreitende lebendige Entwicklung als Jnhalt des Strebens,
als Sinn des Seins, der Sinn des Weltproceſſes d. h. die
Weſensbeſchaffenheit deſſelben, der Schwerpunkt in
der Richtung ſeines Vollzugs, ſeine nothwendige und
daher auch gewiſſe Bewegungsform.“ Dies zugegeben,
ſcheint der Kennzeichnung des Weltengeheimniſſes als eines
„hehren“ doch der Umſtand entgegenzuſtehen, daß das Jndi-
viduum im Weltproceſſe preisgegeben iſt, kann es
ihm doch jeden Augenblick beſchieden ſein, „unter die Räder
des Verhängniſſes zu gerathen und unerſetzlich geſchädigt oder
zertreten zu werden.“ *) Duboc iſt der Letzte, das Weltübel
zu leugnen; er anerkennt daſſelbe in ſeiner ganzen ſchrecklichen
Macht, aber er thut zugleich in ſcharfſinniger Weiſe dar,
daß das Weltübel, das Weltleid einerlei Nothwendigkeit mit
der Nothwendigkeit des Werdens habe. „Gleichviel ob wir
demſelben einen metaphyſiſchen oder phyſiſchen Hintergrund
leihen, die Exiſtenznothwendigkeit des Werdens — es
gilt für beide Standpunkte — bedingt ein Herausſchälen aus
niederſten Anfängen, ein Erheben, dem ein Verſinken, ein
Anziehen, dem ein Abſtoßen anderer Theile, kurz ein Proceß,
dem zahlloſe Opfer fallen, zur Seite geht. Welche Unſumme
von Leid vermag nicht Einſicht zu bewältigen, welche Un-
ſumme von Weltleid iſt alſo allein dadurch geſetzt, daß Ein-
ſicht erſt werden muß, daß ſie aus inſtinktiven Regungen,
dunklen Trieben ſich erſt zur Helligkeit durcharbeiten, aus dem
geringſten Beſtand im Laufe von Generationen zu einer
Summe anſchwellen muß, durch welche den nächſten Genera-
tionen Weltleid, foweit es hievon abhängig war, erſpart
werden kann.“ Der Weltproceß ſtellt demnach, als Ganzes
betrachtet, trotz der Preisgebung des Jndividuums, dennoch
*) p. 230.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |