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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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Duboc folgendermaßen:*) "Der allgemeinste seelische Eindruck
(nämlich eines hohen, hehren, unergründlichen Seinsverhält-
nisses), wenn wir ihn von allen anderen, ihn umschlungen hal-
tenden, aber aus ihm selbst nicht hervorgegangenen Momenten
loslösen, ist als ein gewisses ästhetisches Ergriffensein
der Sammlung und Erhebung zu bezeichnen. Vor jedem
Geheimniß, das uns nicht etwa Schrecken und Entsetzen
einflößt, -- deßhalb muß es eben ein hehres Geheimniß
sein, was nach dieser Richtung hin den äußersten Gegensatz
von allem Schrecklichen bezeichnet -- das ferner so groß
und überragend dasteht, daß es nicht lediglich von der
Wißbegier als geeignetes Objekt der Untersuchung er-
griffen wird, und so ernst, daß die Neugier vor ihm ver-
stummt, vor jedem derartigen Geheimniß erfolgt für den
empfänglichen Menschen ein derartiges Ergriffensein."

Diesen Charakter zeige das Geheimniß, wie es in der
Religion auftritt, aber auch außerhalb derselben bestehe ein
solches; das Bedürfniß, sich zur Jdee desselben zu erheben
oder vielmehr es mit dem Gefühle zu umsassen, sei dem mo-
dernen Menschen verloren gegangen. Während die Unend-
lichkeit
in Milliarden Sternen über unseren Häuptern
rollt, während der kosmische Entwicklungsproceß in unüber-
sehbaren
Vorgängen und Formen sich vollzieht, ein Ge-
heimniß besteht, das unsere Begriffssphäre überragt, ist dies
Alles nur ein Rechenexempel, eine Curiosität für uns, sind
die höchsten Dinge uns gerade gut genug, um unsere Wiß-
begierde und Neugier daran zu befriedigen. Hegt der Reli-
giöse vor seinem Geheimniß eine gewisse Scheu, würde er
es als eine Beleidigung seines persönlichen Gottes betrachten,
wollte er demselben nur als einem Gegenstande der Unter-
suchung gegenübertreten, so sällt für die ungläubige Mensch-

*) p. 88.

Duboc folgendermaßen:*) „Der allgemeinſte ſeeliſche Eindruck
(nämlich eines hohen, hehren, unergründlichen Seinsverhält-
niſſes), wenn wir ihn von allen anderen, ihn umſchlungen hal-
tenden, aber aus ihm ſelbſt nicht hervorgegangenen Momenten
loslöſen, iſt als ein gewiſſes äſthetiſches Ergriffenſein
der Sammlung und Erhebung zu bezeichnen. Vor jedem
Geheimniß, das uns nicht etwa Schrecken und Entſetzen
einflößt, — deßhalb muß es eben ein hehres Geheimniß
ſein, was nach dieſer Richtung hin den äußerſten Gegenſatz
von allem Schrecklichen bezeichnet — das ferner ſo groß
und überragend daſteht, daß es nicht lediglich von der
Wißbegier als geeignetes Objekt der Unterſuchung er-
griffen wird, und ſo ernſt, daß die Neugier vor ihm ver-
ſtummt, vor jedem derartigen Geheimniß erfolgt für den
empfänglichen Menſchen ein derartiges Ergriffenſein.“

Dieſen Charakter zeige das Geheimniß, wie es in der
Religion auftritt, aber auch außerhalb derſelben beſtehe ein
ſolches; das Bedürfniß, ſich zur Jdee deſſelben zu erheben
oder vielmehr es mit dem Gefühle zu umſaſſen, ſei dem mo-
dernen Menſchen verloren gegangen. Während die Unend-
lichkeit
in Milliarden Sternen über unſeren Häuptern
rollt, während der kosmiſche Entwicklungsproceß in unüber-
ſehbaren
Vorgängen und Formen ſich vollzieht, ein Ge-
heimniß beſteht, das unſere Begriffsſphäre überragt, iſt dies
Alles nur ein Rechenexempel, eine Curioſität für uns, ſind
die höchſten Dinge uns gerade gut genug, um unſere Wiß-
begierde und Neugier daran zu befriedigen. Hegt der Reli-
giöſe vor ſeinem Geheimniß eine gewiſſe Scheu, würde er
es als eine Beleidigung ſeines perſönlichen Gottes betrachten,
wollte er demſelben nur als einem Gegenſtande der Unter-
ſuchung gegenübertreten, ſo ſällt für die ungläubige Menſch-

*) p. 88.
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[61/0070] Duboc folgendermaßen: *) „Der allgemeinſte ſeeliſche Eindruck (nämlich eines hohen, hehren, unergründlichen Seinsverhält- niſſes), wenn wir ihn von allen anderen, ihn umſchlungen hal- tenden, aber aus ihm ſelbſt nicht hervorgegangenen Momenten loslöſen, iſt als ein gewiſſes äſthetiſches Ergriffenſein der Sammlung und Erhebung zu bezeichnen. Vor jedem Geheimniß, das uns nicht etwa Schrecken und Entſetzen einflößt, — deßhalb muß es eben ein hehres Geheimniß ſein, was nach dieſer Richtung hin den äußerſten Gegenſatz von allem Schrecklichen bezeichnet — das ferner ſo groß und überragend daſteht, daß es nicht lediglich von der Wißbegier als geeignetes Objekt der Unterſuchung er- griffen wird, und ſo ernſt, daß die Neugier vor ihm ver- ſtummt, vor jedem derartigen Geheimniß erfolgt für den empfänglichen Menſchen ein derartiges Ergriffenſein.“ Dieſen Charakter zeige das Geheimniß, wie es in der Religion auftritt, aber auch außerhalb derſelben beſtehe ein ſolches; das Bedürfniß, ſich zur Jdee deſſelben zu erheben oder vielmehr es mit dem Gefühle zu umſaſſen, ſei dem mo- dernen Menſchen verloren gegangen. Während die Unend- lichkeit in Milliarden Sternen über unſeren Häuptern rollt, während der kosmiſche Entwicklungsproceß in unüber- ſehbaren Vorgängen und Formen ſich vollzieht, ein Ge- heimniß beſteht, das unſere Begriffsſphäre überragt, iſt dies Alles nur ein Rechenexempel, eine Curioſität für uns, ſind die höchſten Dinge uns gerade gut genug, um unſere Wiß- begierde und Neugier daran zu befriedigen. Hegt der Reli- giöſe vor ſeinem Geheimniß eine gewiſſe Scheu, würde er es als eine Beleidigung ſeines perſönlichen Gottes betrachten, wollte er demſelben nur als einem Gegenſtande der Unter- ſuchung gegenübertreten, ſo ſällt für die ungläubige Menſch- *) p. 88.

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/70>, abgerufen am 23.11.2024.