Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.IV. Wir bemerkten bereits, daß zur selben Zeit, als der "Die Liebe, welche keine geistliche oder spiritualistische Wir wiesen schon früher auf den Unterschied hin, der Auch in anderer Hinsicht zeigen sich Uebereinstimmungen *) W. X. p. 118.
IV. Wir bemerkten bereits, daß zur ſelben Zeit, als der „Die Liebe, welche keine geiſtliche oder ſpiritualiſtiſche Wir wieſen ſchon früher auf den Unterſchied hin, der Auch in anderer Hinſicht zeigen ſich Uebereinſtimmungen *) W. X. p. 118.
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IV.
Wir bemerkten bereits, daß zur ſelben Zeit, als der
große franzöſiſche Denker ſeine Menſchheitsreligion formu-
lirte, Ludwig Feuerbach in Deutſchland lehrte, daß die wahre
Religion in der Liebe des Menſchen zum Menſchen zu ſuchen.
„Die Liebe, welche keine geiſtliche oder ſpiritualiſtiſche
Phraſe, kein mit dem actus purus, dem reinen Denkakt der
mittelalterlichen und modernen Scholaſtiker identiſche, eben
deswegen nur Gedankenliebe iſt, die wirkliche, wahre,
menſchliche Liebe iſt weſentlich pathologiſche, d. h. von den
materiellen, wirklichen Leiden der Menſchheit ergriffene Liebe,
und dieſe Liebe iſt der Gott, der die Welt in Wahrheit
regiert.“ *) Und in den „Grundſätzen einer Philoſophie der
Zukunft“ leſen wir: „Das Sein iſt ein Geheimniß der An-
ſchauung, der Empfindung, der Liebe. Nur in der Empfin-
dung, nur in der Liebe habe „Dieſes“, dieſe Perſon, dieſes
Ding, d. h. das Einzelne abſoluten Werth, iſt das
Endliche das Unendliche, darin und nur darin — beſteht
die unendliche Tiefe, Göttlichkeit und Wahrheit der Liebe.
Jn der Liebe allein iſt der Gott, der die Haare auf dem
Haupte zählt, Wahrheit und Realität.“
Wir wieſen ſchon früher auf den Unterſchied hin, der
zwiſchen Comte’s Menſchheits- und Feuerbach’s Liebes-
religion beſteht: bei Comte das durch Reflektion geweckte
und verſtärkte Wohlwollen, bei Feuerbach der unmittelbar
aus dem Herzen kommende Affekt. Jedoch harmoniren beide
Denker darin, daß beide im Altruismus das Weſen der Re-
ligion erblicken.
Auch in anderer Hinſicht zeigen ſich Uebereinſtimmungen
in den Anſchauungen beider Denker. So hat gleichzeitig mit
*) W. X. p. 118.
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