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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Eigenschaften des Bodens.
den maßgebenden Einfluss auf die Vegetation zuschrieb. Das
schwer verwitternde ("dysgeogene") Kalkgestein zerfällt in fein-
pulverigen ("pelischen") Detritus, ist für Wasser sehr permeabel
oder lässt dasselbe rasch abfliessen, und schafft daher einen rasch
trocknenden, für xerophile Bestände gut geeigneten flachgründigen
Boden. Die kalkfreien Gebirgsarten, welche leicht verwittern und
"eugeogen" zu sandigem oder sandig-lehmigem (psammitischem"
oder "pelopsammitischem") Detritus zerfallen, erhalten wegen ge-
ringerer Permeabilität für das Wasser ihre tiefe Erdkrume feuchter,
lassen dieselbe daher für solche Gewächse besser geeignet erschei-
nen, welche an stete Befeuchtung ihrer Wurzeln höheren Anspruch
erheben. In sehr lehrreicher Weise hat Thurmann gezeigt, dass
die Wurzelbildung der meisten Kalkpflanzen einer schwach ent-
wickelten und periodischer Dürre unterworfenen Erdkrume ent-
spricht: annuelle Arten sind selten; von den perennen haben viele
kriechende oder auf dem Boden hingestreckte Rhizome; die niederen
Stengel entwickeln mehr Grundblätter in Rosetten als Verzwei-
gungen; ausserdem sind wirklich weithingehende soziale Arten
viel seltener, das Vegetationsgemisch viel bunter und auf stete
Erneuerung an günstigen Plätzen hingewiesen.

Mir selbst ist es durchaus nicht zweifelhaft, dass diese von
Thurmann hervorgehobenen Eigenschaften des Bodens, welche
nicht durchaus an den Kalkgehalt oder Kalkmangel geknüpft sind,
Veranlassung bieten, dass gar nicht so selten "Kalkpflanzen" auf
trockenem Silikatfelsgeröll vorkommen und umgekehrt "Kiesel-
pflanzen" im Kalk aushalten. In oben genannter Abhandlung habe
ich gezeigt, dass in Sachsen Carex humilis und andere "kalkstete"
Felspflanzen in granitischem Geröll von weniger als 2 % Kalk-
gehalt vorkommen; sie teilen dort den Platz mit der als "kiesel-
stet" geltenden Viscaria vulgaris, welche ich aber wiederum an
anderen Stellen Sachsens direkt in Plänerkalk-Felsspalten wachsend
beobachtet habe. Cytisus nigricans, den andere Floren als kalk-
hold anführen, meidet in Sachsen die Plänerhügel und bewohnt
dicht daneben den Syenit, Granit und Gneiss. Vallot gibt in
seinem ausgezeichneten Werke Artemisia campestris und Eryngium
campestre
als Kalkpflanzen an, und ich selbst habe sie zumal im süd-
lichen Frankreich so gesehen; in Sachsen stehen sie auf Böden, deren
schwacher Kalkgehalt mir aus Analysen verbürgt ist, und so scheint
es mit der Hauptmasse ihrer norddeutschen Standorte zu sein.

Es ist also unmöglich, die Ersatzfähigkeit chemischer Boden-
eigenschaften durch physikalische zu leugnen; jede einseitige
Erklärung der Bodenwirkung muss zu Fehlschlüssen führen. In
welcher Weise die Substratverteilung in jeder Flora wirke, ist un-
befangen zuvörderst festzustellen; Planchon erklärt z. B. die Wir-
kung des Kalkes in der Flora von Montpellier für von geringerer
Bedeutung als in vielen nördlicheren Floren, hat aber ebenda eine
eigenartige Dolomitvegetation, besonders durch Armeria juncea aus-
gezeichnet, vor den anderen Gesteinsklassen wohl charakterisiert
beschrieben.

Eigenschaften des Bodens.
den maßgebenden Einfluss auf die Vegetation zuschrieb. Das
schwer verwitternde („dysgeogene“) Kalkgestein zerfällt in fein-
pulverigen („pelischen“) Detritus, ist für Wasser sehr permeabel
oder lässt dasselbe rasch abfliessen, und schafft daher einen rasch
trocknenden, für xerophile Bestände gut geeigneten flachgründigen
Boden. Die kalkfreien Gebirgsarten, welche leicht verwittern und
„eugeogen“ zu sandigem oder sandig-lehmigem (psammitischem“
oder „pelopsammitischem“) Detritus zerfallen, erhalten wegen ge-
ringerer Permeabilität für das Wasser ihre tiefe Erdkrume feuchter,
lassen dieselbe daher für solche Gewächse besser geeignet erschei-
nen, welche an stete Befeuchtung ihrer Wurzeln höheren Anspruch
erheben. In sehr lehrreicher Weise hat Thurmann gezeigt, dass
die Wurzelbildung der meisten Kalkpflanzen einer schwach ent-
wickelten und periodischer Dürre unterworfenen Erdkrume ent-
spricht: annuelle Arten sind selten; von den perennen haben viele
kriechende oder auf dem Boden hingestreckte Rhizome; die niederen
Stengel entwickeln mehr Grundblätter in Rosetten als Verzwei-
gungen; ausserdem sind wirklich weithingehende soziale Arten
viel seltener, das Vegetationsgemisch viel bunter und auf stete
Erneuerung an günstigen Plätzen hingewiesen.

Mir selbst ist es durchaus nicht zweifelhaft, dass diese von
Thurmann hervorgehobenen Eigenschaften des Bodens, welche
nicht durchaus an den Kalkgehalt oder Kalkmangel geknüpft sind,
Veranlassung bieten, dass gar nicht so selten „Kalkpflanzen“ auf
trockenem Silikatfelsgeröll vorkommen und umgekehrt „Kiesel-
pflanzen“ im Kalk aushalten. In oben genannter Abhandlung habe
ich gezeigt, dass in Sachsen Carex humilis und andere „kalkstete“
Felspflanzen in granitischem Geröll von weniger als 2 % Kalk-
gehalt vorkommen; sie teilen dort den Platz mit der als „kiesel-
stet“ geltenden Viscaria vulgaris, welche ich aber wiederum an
anderen Stellen Sachsens direkt in Plänerkalk-Felsspalten wachsend
beobachtet habe. Cytisus nigricans, den andere Floren als kalk-
hold anführen, meidet in Sachsen die Plänerhügel und bewohnt
dicht daneben den Syenit, Granit und Gneiss. Vallot gibt in
seinem ausgezeichneten Werke Artemisia campestris und Eryngium
campestre
als Kalkpflanzen an, und ich selbst habe sie zumal im süd-
lichen Frankreich so gesehen; in Sachsen stehen sie auf Böden, deren
schwacher Kalkgehalt mir aus Analysen verbürgt ist, und so scheint
es mit der Hauptmasse ihrer norddeutschen Standorte zu sein.

Es ist also unmöglich, die Ersatzfähigkeit chemischer Boden-
eigenschaften durch physikalische zu leugnen; jede einseitige
Erklärung der Bodenwirkung muss zu Fehlschlüssen führen. In
welcher Weise die Substratverteilung in jeder Flora wirke, ist un-
befangen zuvörderst festzustellen; Planchon erklärt z. B. die Wir-
kung des Kalkes in der Flora von Montpellier für von geringerer
Bedeutung als in vielen nördlicheren Floren, hat aber ebenda eine
eigenartige Dolomitvegetation, besonders durch Armeria juncea aus-
gezeichnet, vor den anderen Gesteinsklassen wohl charakterisiert
beschrieben.

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[57/0079] Eigenschaften des Bodens. den maßgebenden Einfluss auf die Vegetation zuschrieb. Das schwer verwitternde („dysgeogene“) Kalkgestein zerfällt in fein- pulverigen („pelischen“) Detritus, ist für Wasser sehr permeabel oder lässt dasselbe rasch abfliessen, und schafft daher einen rasch trocknenden, für xerophile Bestände gut geeigneten flachgründigen Boden. Die kalkfreien Gebirgsarten, welche leicht verwittern und „eugeogen“ zu sandigem oder sandig-lehmigem (psammitischem“ oder „pelopsammitischem“) Detritus zerfallen, erhalten wegen ge- ringerer Permeabilität für das Wasser ihre tiefe Erdkrume feuchter, lassen dieselbe daher für solche Gewächse besser geeignet erschei- nen, welche an stete Befeuchtung ihrer Wurzeln höheren Anspruch erheben. In sehr lehrreicher Weise hat Thurmann gezeigt, dass die Wurzelbildung der meisten Kalkpflanzen einer schwach ent- wickelten und periodischer Dürre unterworfenen Erdkrume ent- spricht: annuelle Arten sind selten; von den perennen haben viele kriechende oder auf dem Boden hingestreckte Rhizome; die niederen Stengel entwickeln mehr Grundblätter in Rosetten als Verzwei- gungen; ausserdem sind wirklich weithingehende soziale Arten viel seltener, das Vegetationsgemisch viel bunter und auf stete Erneuerung an günstigen Plätzen hingewiesen. Mir selbst ist es durchaus nicht zweifelhaft, dass diese von Thurmann hervorgehobenen Eigenschaften des Bodens, welche nicht durchaus an den Kalkgehalt oder Kalkmangel geknüpft sind, Veranlassung bieten, dass gar nicht so selten „Kalkpflanzen“ auf trockenem Silikatfelsgeröll vorkommen und umgekehrt „Kiesel- pflanzen“ im Kalk aushalten. In oben genannter Abhandlung habe ich gezeigt, dass in Sachsen Carex humilis und andere „kalkstete“ Felspflanzen in granitischem Geröll von weniger als 2 % Kalk- gehalt vorkommen; sie teilen dort den Platz mit der als „kiesel- stet“ geltenden Viscaria vulgaris, welche ich aber wiederum an anderen Stellen Sachsens direkt in Plänerkalk-Felsspalten wachsend beobachtet habe. Cytisus nigricans, den andere Floren als kalk- hold anführen, meidet in Sachsen die Plänerhügel und bewohnt dicht daneben den Syenit, Granit und Gneiss. Vallot gibt in seinem ausgezeichneten Werke Artemisia campestris und Eryngium campestre als Kalkpflanzen an, und ich selbst habe sie zumal im süd- lichen Frankreich so gesehen; in Sachsen stehen sie auf Böden, deren schwacher Kalkgehalt mir aus Analysen verbürgt ist, und so scheint es mit der Hauptmasse ihrer norddeutschen Standorte zu sein. Es ist also unmöglich, die Ersatzfähigkeit chemischer Boden- eigenschaften durch physikalische zu leugnen; jede einseitige Erklärung der Bodenwirkung muss zu Fehlschlüssen führen. In welcher Weise die Substratverteilung in jeder Flora wirke, ist un- befangen zuvörderst festzustellen; Planchon erklärt z. B. die Wir- kung des Kalkes in der Flora von Montpellier für von geringerer Bedeutung als in vielen nördlicheren Floren, hat aber ebenda eine eigenartige Dolomitvegetation, besonders durch Armeria juncea aus- gezeichnet, vor den anderen Gesteinsklassen wohl charakterisiert beschrieben.

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/79>, abgerufen am 22.11.2024.