oberhalb welcher die Temperaturen erst mit verschie- dener Kraft zu wirken beginnen, nicht durch ein physio- logisches Experiment gefunden, sondern durch Berech- nungen selbst abgeleitet werden sollen, so leidet seine ganze Methode an Unklarheit, da wir ja mit ihr in ein Raten und Probieren verfallen, wo wir messen und be- obachten sollten.
Hoffmann dagegen (G. J., Bd. VII, S. 180; XIII, S. 309) summiert vom 1. Januar an bis zum Eintritt der betreffenden Phase die an einem Insolationsthermometer ab- gelesenen höchsten Tagestemperaturen mit Hinweglassung der etwa unter Null liegenden und findet bei wiederholten Nachrechnungen, dass sich dabei für einen und denselben Ort (Giessen) gute Resultate ergeben, während seine Be- rechnungen nach Oettingens Methode nicht überein- stimmende Werte ergaben, ein Urteil, welches auch noch durch Staub an ungarischen phänologischen Be- obachtungen bestätigt wurde (Englers botan. Jahrbücher, Band III, Seite 431). Aber Schaffer, welcher nach schweizerischen Beobachtungen Summenwerte auf dem von Hoffmann vorgeschriebenen Wege berechnete, fand auch diesen letzteren zu keinem Resultate führend, da die Temperatursummen, welche annähernd gleich sein sollten, je nach dem früheren oder späteren Eintritt der Vegetationsphasen erhebliche Schwankungen zeigten, z. B. für die Blütenentfaltung des Berg-Ahorns zwischen 863 und 1801 Graden C. bei 13 Tagen gegen das Mittel ver- frühter oder bei 10 Tagen verspäteter Blütezeit (siehe G. J., Bd. VIII, S. 230).
Nirgends aber wird in einer Methode die Schwie- rigkeit überwunden, einen natürlichen Anfangspunkt der Zählungen zu finden. Während dieser Anfangspunkt bei einjährigen Pflanzen (Getreidesorten) sich von selbst er- gibt, entweder der Tag der Saat eines gleichmässig vor- bereiteten Samens oder der Tag des ersten Keimstadiums für die Temperatursummen der Weiterentwickelung ist, liegen bei den perennierenden Kräutern (Stauden) und allen Holzgewächsen ganz andere Verhältnisse vor, welche man nur im allgemeinen physiologisch versteht und nach
Schwelltemperaturen.
oberhalb welcher die Temperaturen erst mit verschie- dener Kraft zu wirken beginnen, nicht durch ein physio- logisches Experiment gefunden, sondern durch Berech- nungen selbst abgeleitet werden sollen, so leidet seine ganze Methode an Unklarheit, da wir ja mit ihr in ein Raten und Probieren verfallen, wo wir messen und be- obachten sollten.
Hoffmann dagegen (G. J., Bd. VII, S. 180; XIII, S. 309) summiert vom 1. Januar an bis zum Eintritt der betreffenden Phase die an einem Insolationsthermometer ab- gelesenen höchsten Tagestemperaturen mit Hinweglassung der etwa unter Null liegenden und findet bei wiederholten Nachrechnungen, dass sich dabei für einen und denselben Ort (Giessen) gute Resultate ergeben, während seine Be- rechnungen nach Oettingens Methode nicht überein- stimmende Werte ergaben, ein Urteil, welches auch noch durch Staub an ungarischen phänologischen Be- obachtungen bestätigt wurde (Englers botan. Jahrbücher, Band III, Seite 431). Aber Schaffer, welcher nach schweizerischen Beobachtungen Summenwerte auf dem von Hoffmann vorgeschriebenen Wege berechnete, fand auch diesen letzteren zu keinem Resultate führend, da die Temperatursummen, welche annähernd gleich sein sollten, je nach dem früheren oder späteren Eintritt der Vegetationsphasen erhebliche Schwankungen zeigten, z. B. für die Blütenentfaltung des Berg-Ahorns zwischen 863 und 1801 Graden C. bei 13 Tagen gegen das Mittel ver- frühter oder bei 10 Tagen verspäteter Blütezeit (siehe G. J., Bd. VIII, S. 230).
Nirgends aber wird in einer Methode die Schwie- rigkeit überwunden, einen natürlichen Anfangspunkt der Zählungen zu finden. Während dieser Anfangspunkt bei einjährigen Pflanzen (Getreidesorten) sich von selbst er- gibt, entweder der Tag der Saat eines gleichmässig vor- bereiteten Samens oder der Tag des ersten Keimstadiums für die Temperatursummen der Weiterentwickelung ist, liegen bei den perennierenden Kräutern (Stauden) und allen Holzgewächsen ganz andere Verhältnisse vor, welche man nur im allgemeinen physiologisch versteht und nach
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0063"n="41"/><fwplace="top"type="header">Schwelltemperaturen.</fw><lb/>
oberhalb welcher die Temperaturen erst mit verschie-<lb/>
dener Kraft zu wirken beginnen, nicht durch ein physio-<lb/>
logisches Experiment gefunden, sondern durch Berech-<lb/>
nungen selbst abgeleitet werden sollen, so leidet seine<lb/>
ganze Methode an Unklarheit, da wir ja mit ihr in ein<lb/>
Raten und Probieren verfallen, wo wir messen und be-<lb/>
obachten sollten.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hoffmann</hi> dagegen (<hirendition="#i">G. J.</hi>, Bd. VII, S. 180; XIII,<lb/>
S. 309) summiert vom 1. Januar an bis zum Eintritt der<lb/>
betreffenden Phase die an einem Insolationsthermometer ab-<lb/>
gelesenen höchsten Tagestemperaturen mit Hinweglassung<lb/>
der etwa unter Null liegenden und findet bei wiederholten<lb/>
Nachrechnungen, dass sich dabei für einen und denselben<lb/>
Ort (Giessen) gute Resultate ergeben, während seine Be-<lb/>
rechnungen nach Oettingens Methode nicht überein-<lb/>
stimmende Werte ergaben, ein Urteil, welches auch<lb/>
noch durch Staub an ungarischen phänologischen Be-<lb/>
obachtungen bestätigt wurde (Englers <hirendition="#i">botan. Jahrbücher</hi>,<lb/>
Band III, Seite 431). Aber Schaffer, welcher nach<lb/>
schweizerischen Beobachtungen Summenwerte auf dem<lb/>
von Hoffmann vorgeschriebenen Wege berechnete,<lb/>
fand auch diesen letzteren zu keinem Resultate führend,<lb/>
da die Temperatursummen, welche annähernd gleich sein<lb/>
sollten, je nach dem früheren oder späteren Eintritt der<lb/>
Vegetationsphasen erhebliche Schwankungen zeigten, z. B.<lb/>
für die Blütenentfaltung des Berg-Ahorns zwischen 863<lb/>
und 1801 Graden C. bei 13 Tagen gegen das Mittel ver-<lb/>
frühter oder bei 10 Tagen verspäteter Blütezeit (siehe<lb/><hirendition="#i">G. J.</hi>, Bd. VIII, S. 230).</p><lb/><p>Nirgends aber wird in einer Methode die Schwie-<lb/>
rigkeit überwunden, einen natürlichen Anfangspunkt der<lb/>
Zählungen zu finden. Während dieser Anfangspunkt bei<lb/>
einjährigen Pflanzen (Getreidesorten) sich von selbst er-<lb/>
gibt, entweder der Tag der Saat eines gleichmässig vor-<lb/>
bereiteten Samens oder der Tag des ersten Keimstadiums<lb/>
für die Temperatursummen der Weiterentwickelung ist,<lb/>
liegen bei den perennierenden Kräutern (Stauden) und<lb/>
allen Holzgewächsen ganz andere Verhältnisse vor, welche<lb/>
man nur im allgemeinen physiologisch versteht und nach<lb/></p></div></body></text></TEI>
[41/0063]
Schwelltemperaturen.
oberhalb welcher die Temperaturen erst mit verschie-
dener Kraft zu wirken beginnen, nicht durch ein physio-
logisches Experiment gefunden, sondern durch Berech-
nungen selbst abgeleitet werden sollen, so leidet seine
ganze Methode an Unklarheit, da wir ja mit ihr in ein
Raten und Probieren verfallen, wo wir messen und be-
obachten sollten.
Hoffmann dagegen (G. J., Bd. VII, S. 180; XIII,
S. 309) summiert vom 1. Januar an bis zum Eintritt der
betreffenden Phase die an einem Insolationsthermometer ab-
gelesenen höchsten Tagestemperaturen mit Hinweglassung
der etwa unter Null liegenden und findet bei wiederholten
Nachrechnungen, dass sich dabei für einen und denselben
Ort (Giessen) gute Resultate ergeben, während seine Be-
rechnungen nach Oettingens Methode nicht überein-
stimmende Werte ergaben, ein Urteil, welches auch
noch durch Staub an ungarischen phänologischen Be-
obachtungen bestätigt wurde (Englers botan. Jahrbücher,
Band III, Seite 431). Aber Schaffer, welcher nach
schweizerischen Beobachtungen Summenwerte auf dem
von Hoffmann vorgeschriebenen Wege berechnete,
fand auch diesen letzteren zu keinem Resultate führend,
da die Temperatursummen, welche annähernd gleich sein
sollten, je nach dem früheren oder späteren Eintritt der
Vegetationsphasen erhebliche Schwankungen zeigten, z. B.
für die Blütenentfaltung des Berg-Ahorns zwischen 863
und 1801 Graden C. bei 13 Tagen gegen das Mittel ver-
frühter oder bei 10 Tagen verspäteter Blütezeit (siehe
G. J., Bd. VIII, S. 230).
Nirgends aber wird in einer Methode die Schwie-
rigkeit überwunden, einen natürlichen Anfangspunkt der
Zählungen zu finden. Während dieser Anfangspunkt bei
einjährigen Pflanzen (Getreidesorten) sich von selbst er-
gibt, entweder der Tag der Saat eines gleichmässig vor-
bereiteten Samens oder der Tag des ersten Keimstadiums
für die Temperatursummen der Weiterentwickelung ist,
liegen bei den perennierenden Kräutern (Stauden) und
allen Holzgewächsen ganz andere Verhältnisse vor, welche
man nur im allgemeinen physiologisch versteht und nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/63>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.