gegen Kälte oder platzbehauptend gegenüber subtropi- schen Formationen sind, eine Temperaturgrenze zwischen beiden Florenreichen, dem nordischen und dem mittel- nordamerikanischen, angedeutet werden: die Grenze kann nur in dem Gürtel mit heissem, bezw. in dem mit ge- mäßigtem Sommer liegen und mag etwa dem von Köp- pen gezeichneten Verlaufe dieser Grenze südlich des Seen- gebietes entsprechen, jedenfalls aber nicht in dem kühle- ren und dennoch subtropisch ausgestatteten Kalifornien. Genauer lässt sich die Grenze aus einer Kombination von Januar- und Julimitteln ableiten: die 20°C. Juliisotherme, besonders in ihrer nördlichen Ausbuchtung im Kontinent bis gegen 54° N. und in ihrem südlichen Steilabfall nach Kalifornien einerseits, und die 0°C. Januarisotherme in ihrem Verlauf durch die atlantischen Staaten andererseits in der von Hann im physikalischen Atlas gegebenen Darstellung scheinen die wesentlichsten Bedingungen die- ser Scheide, welche aus einer Unzahl sehr verschieden- artig verlaufender Vegetationslinien besteht, zu enthalten. Im einzelnen stimmen öfters Temperaturlinien gut mit Vegetationslinien, z. B. die Jahresisotherme von 15 1/2°C. und die Isochimene von 7°C. und die Isothere von 25°C. mit der Palmengrenze in den südatlantischen Staaten (G. J., VII, 237).
Die phänologischen Erscheinungen sind in Amerika erst wenig beobachtet; das jedoch geht mit Sicherheit hervor, dass die harten Winter im Vergleich mit dem Frühlingseinzuge in Europa erhebliche Verspätungen ver- anlassen. Aus Wisconsin (Milwaukee, 43° N.) stammen Bruhins sechsjährige Beobachtungen: hier geht der Schnee durchschnittlich nicht vor der zweiten Märzhälfte fort, Ende Mai ist der Busch belaubt, Mitte Juni reift Fragaria vir- ginica, Mitte Juli der Roggen. Blumen des Frühlings (Caltha, Anemone nemorosa, Prunus Cerasus) zeigen 1 Monat Verspätung gegenüber Belgien und Frankreich, noch 1 bis 2 Wochen gegenüber dem nordöstlichen Deutschland, und blühen nur einige Tage früher als in Petersburg und Moskau. So kennzeichnet sich in Amerika die Südgrenze des nordi- schen Florenreiches gegenüber der Missouri-Prairienregion.
Klimatische Gliederung. Phänologie.
gegen Kälte oder platzbehauptend gegenüber subtropi- schen Formationen sind, eine Temperaturgrenze zwischen beiden Florenreichen, dem nordischen und dem mittel- nordamerikanischen, angedeutet werden: die Grenze kann nur in dem Gürtel mit heissem, bezw. in dem mit ge- mäßigtem Sommer liegen und mag etwa dem von Köp- pen gezeichneten Verlaufe dieser Grenze südlich des Seen- gebietes entsprechen, jedenfalls aber nicht in dem kühle- ren und dennoch subtropisch ausgestatteten Kalifornien. Genauer lässt sich die Grenze aus einer Kombination von Januar- und Julimitteln ableiten: die 20°C. Juliisotherme, besonders in ihrer nördlichen Ausbuchtung im Kontinent bis gegen 54° N. und in ihrem südlichen Steilabfall nach Kalifornien einerseits, und die 0°C. Januarisotherme in ihrem Verlauf durch die atlantischen Staaten andererseits in der von Hann im physikalischen Atlas gegebenen Darstellung scheinen die wesentlichsten Bedingungen die- ser Scheide, welche aus einer Unzahl sehr verschieden- artig verlaufender Vegetationslinien besteht, zu enthalten. Im einzelnen stimmen öfters Temperaturlinien gut mit Vegetationslinien, z. B. die Jahresisotherme von 15 ½°C. und die Isochimene von 7°C. und die Isothere von 25°C. mit der Palmengrenze in den südatlantischen Staaten (G. J., VII, 237).
Die phänologischen Erscheinungen sind in Amerika erst wenig beobachtet; das jedoch geht mit Sicherheit hervor, dass die harten Winter im Vergleich mit dem Frühlingseinzuge in Europa erhebliche Verspätungen ver- anlassen. Aus Wisconsin (Milwaukee, 43° N.) stammen Bruhins sechsjährige Beobachtungen: hier geht der Schnee durchschnittlich nicht vor der zweiten Märzhälfte fort, Ende Mai ist der Busch belaubt, Mitte Juni reift Fragaria vir- ginica, Mitte Juli der Roggen. Blumen des Frühlings (Caltha, Anemone nemorosa, Prunus Cerasus) zeigen 1 Monat Verspätung gegenüber Belgien und Frankreich, noch 1 bis 2 Wochen gegenüber dem nordöstlichen Deutschland, und blühen nur einige Tage früher als in Petersburg und Moskau. So kennzeichnet sich in Amerika die Südgrenze des nordi- schen Florenreiches gegenüber der Missouri-Prairienregion.
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Klimatische Gliederung. Phänologie.
gegen Kälte oder platzbehauptend gegenüber subtropi-
schen Formationen sind, eine Temperaturgrenze zwischen
beiden Florenreichen, dem nordischen und dem mittel-
nordamerikanischen, angedeutet werden: die Grenze kann
nur in dem Gürtel mit heissem, bezw. in dem mit ge-
mäßigtem Sommer liegen und mag etwa dem von Köp-
pen gezeichneten Verlaufe dieser Grenze südlich des Seen-
gebietes entsprechen, jedenfalls aber nicht in dem kühle-
ren und dennoch subtropisch ausgestatteten Kalifornien.
Genauer lässt sich die Grenze aus einer Kombination von
Januar- und Julimitteln ableiten: die 20°C. Juliisotherme,
besonders in ihrer nördlichen Ausbuchtung im Kontinent
bis gegen 54° N. und in ihrem südlichen Steilabfall nach
Kalifornien einerseits, und die 0°C. Januarisotherme in
ihrem Verlauf durch die atlantischen Staaten andererseits
in der von Hann im physikalischen Atlas gegebenen
Darstellung scheinen die wesentlichsten Bedingungen die-
ser Scheide, welche aus einer Unzahl sehr verschieden-
artig verlaufender Vegetationslinien besteht, zu enthalten.
Im einzelnen stimmen öfters Temperaturlinien gut mit
Vegetationslinien, z. B. die Jahresisotherme von 15 ½°C.
und die Isochimene von 7°C. und die Isothere von
25°C. mit der Palmengrenze in den südatlantischen
Staaten (G. J., VII, 237).
Die phänologischen Erscheinungen sind in Amerika
erst wenig beobachtet; das jedoch geht mit Sicherheit
hervor, dass die harten Winter im Vergleich mit dem
Frühlingseinzuge in Europa erhebliche Verspätungen ver-
anlassen. Aus Wisconsin (Milwaukee, 43° N.) stammen
Bruhins sechsjährige Beobachtungen: hier geht der Schnee
durchschnittlich nicht vor der zweiten Märzhälfte fort, Ende
Mai ist der Busch belaubt, Mitte Juni reift Fragaria vir-
ginica, Mitte Juli der Roggen. Blumen des Frühlings
(Caltha, Anemone nemorosa, Prunus Cerasus) zeigen 1 Monat
Verspätung gegenüber Belgien und Frankreich, noch 1 bis
2 Wochen gegenüber dem nordöstlichen Deutschland, und
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So kennzeichnet sich in Amerika die Südgrenze des nordi-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/461>, abgerufen am 31.07.2024.
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