tionen los, rücken aber ebenso häufig mit einzelnen Gras- büscheln und Rosettenstauden in das Feld oder lassen immergrüne Halbsträuchlein einzeln im Geröll und in den Felsspalten spriessen.
Anstatt bekannte Beispiele, deren sich viele in den höchsten Regionen der deutschen Alpen oder an den hocharktischen Ge- staden finden, zu wiederholen, sei auf die Schilderung Kerners aus den Oetzthaleralpen von 2500 m Höhe an im "Pflanzenleben der Donauländer" S. 274 u. folgd. verwiesen; ferner auf Warmings Schilderung der hierher gehörigen "Fjeldformation" Grönlands in Englers botan. Jahrbüchern Bd. X, S. 377, aus der folgendes her- vorzuheben ist: "Die Sträucher sind nicht mehr dominierend, sind sogar meistens stark zurückgedrängt, so dass man nur hier und da ein Exemplar findet. Die vorkommenden Pflanzen sind daher vor- zugsweise Stauden, Moose und Flechten. Sie bilden aber keine geschlossene Decke; die Pflanzen stehen in grossen Zwischenräumen, an den ärmsten Stellen sogar sehr zerstreut da, wo sie in Fels- rissen, zwischen Schutt und Kies ein wenig Erde finden können."
Auch in sehr winterkalten Ländern kann auf Ge- röllfeldern schon die sommerliche Dürre als Hindernis der Vegetation zu der Kälte hinzutreten; in wärmeren Klimaten, überall also im Bereich der klimatisch gebote- nen Möglichkeit für das Baumleben, schliesst die Dürre allein von gewissen Standorten eine zusammenhängende Pflanzendecke aus, und diese Standorte sind entweder harter Fels und Geröll, oder unfruchtbarer Kies, Salz und Sand. Wo sich dieselben Bedingungen der Dürre auf weiten Flächen ausgedehnt finden, herrscht die Steppe ("Wüstensteppe" im Gegensatz zu der Grassteppe) in vol- lem Glanz; zu ihr sind aber als verwandte Anklänge die Besiedelungen trockener Felsgehänge da, wo nicht ein- mal mehr eine zusammenhängende Moos- und Flechten- decke das Gestein überziehen kann, anzusehen. Die Steilgehänge in den Hochgebirgen lassen also in der Tiefe Steppenpflanzen, in der Höhe Glacialpflanzen sich ansiedeln, und die Demarkationslinie wird von der Tem- peratur- und Feuchtigkeitsperiode bestimmt; sie ist aber nicht so scharf, dass nicht ganze Uebergangsabteilungen sich erkennen liessen, und so ist für den praktischen Gebrauch von Vegetationsskizzen kleiner Gebiete das Ver- fahren von Günther Beck in der "Flora von Hernstein"
Hochalpine und Fjeldformationen.
tionen los, rücken aber ebenso häufig mit einzelnen Gras- büscheln und Rosettenstauden in das Feld oder lassen immergrüne Halbsträuchlein einzeln im Geröll und in den Felsspalten spriessen.
Anstatt bekannte Beispiele, deren sich viele in den höchsten Regionen der deutschen Alpen oder an den hocharktischen Ge- staden finden, zu wiederholen, sei auf die Schilderung Kerners aus den Oetzthaleralpen von 2500 m Höhe an im „Pflanzenleben der Donauländer“ S. 274 u. folgd. verwiesen; ferner auf Warmings Schilderung der hierher gehörigen „Fjeldformation“ Grönlands in Englers botan. Jahrbüchern Bd. X, S. 377, aus der folgendes her- vorzuheben ist: „Die Sträucher sind nicht mehr dominierend, sind sogar meistens stark zurückgedrängt, so dass man nur hier und da ein Exemplar findet. Die vorkommenden Pflanzen sind daher vor- zugsweise Stauden, Moose und Flechten. Sie bilden aber keine geschlossene Decke; die Pflanzen stehen in grossen Zwischenräumen, an den ärmsten Stellen sogar sehr zerstreut da, wo sie in Fels- rissen, zwischen Schutt und Kies ein wenig Erde finden können.“
Auch in sehr winterkalten Ländern kann auf Ge- röllfeldern schon die sommerliche Dürre als Hindernis der Vegetation zu der Kälte hinzutreten; in wärmeren Klimaten, überall also im Bereich der klimatisch gebote- nen Möglichkeit für das Baumleben, schliesst die Dürre allein von gewissen Standorten eine zusammenhängende Pflanzendecke aus, und diese Standorte sind entweder harter Fels und Geröll, oder unfruchtbarer Kies, Salz und Sand. Wo sich dieselben Bedingungen der Dürre auf weiten Flächen ausgedehnt finden, herrscht die Steppe („Wüstensteppe“ im Gegensatz zu der Grassteppe) in vol- lem Glanz; zu ihr sind aber als verwandte Anklänge die Besiedelungen trockener Felsgehänge da, wo nicht ein- mal mehr eine zusammenhängende Moos- und Flechten- decke das Gestein überziehen kann, anzusehen. Die Steilgehänge in den Hochgebirgen lassen also in der Tiefe Steppenpflanzen, in der Höhe Glacialpflanzen sich ansiedeln, und die Demarkationslinie wird von der Tem- peratur- und Feuchtigkeitsperiode bestimmt; sie ist aber nicht so scharf, dass nicht ganze Uebergangsabteilungen sich erkennen liessen, und so ist für den praktischen Gebrauch von Vegetationsskizzen kleiner Gebiete das Ver- fahren von Günther Beck in der „Flora von Hernstein“
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Hochalpine und Fjeldformationen.
tionen los, rücken aber ebenso häufig mit einzelnen Gras-
büscheln und Rosettenstauden in das Feld oder lassen
immergrüne Halbsträuchlein einzeln im Geröll und in
den Felsspalten spriessen.
Anstatt bekannte Beispiele, deren sich viele in den höchsten
Regionen der deutschen Alpen oder an den hocharktischen Ge-
staden finden, zu wiederholen, sei auf die Schilderung Kerners aus
den Oetzthaleralpen von 2500 m Höhe an im „Pflanzenleben der
Donauländer“ S. 274 u. folgd. verwiesen; ferner auf Warmings
Schilderung der hierher gehörigen „Fjeldformation“ Grönlands in
Englers botan. Jahrbüchern Bd. X, S. 377, aus der folgendes her-
vorzuheben ist: „Die Sträucher sind nicht mehr dominierend, sind
sogar meistens stark zurückgedrängt, so dass man nur hier und da
ein Exemplar findet. Die vorkommenden Pflanzen sind daher vor-
zugsweise Stauden, Moose und Flechten. Sie bilden aber keine
geschlossene Decke; die Pflanzen stehen in grossen Zwischenräumen,
an den ärmsten Stellen sogar sehr zerstreut da, wo sie in Fels-
rissen, zwischen Schutt und Kies ein wenig Erde finden können.“
Auch in sehr winterkalten Ländern kann auf Ge-
röllfeldern schon die sommerliche Dürre als Hindernis
der Vegetation zu der Kälte hinzutreten; in wärmeren
Klimaten, überall also im Bereich der klimatisch gebote-
nen Möglichkeit für das Baumleben, schliesst die Dürre
allein von gewissen Standorten eine zusammenhängende
Pflanzendecke aus, und diese Standorte sind entweder
harter Fels und Geröll, oder unfruchtbarer Kies, Salz
und Sand. Wo sich dieselben Bedingungen der Dürre
auf weiten Flächen ausgedehnt finden, herrscht die Steppe
(„Wüstensteppe“ im Gegensatz zu der Grassteppe) in vol-
lem Glanz; zu ihr sind aber als verwandte Anklänge die
Besiedelungen trockener Felsgehänge da, wo nicht ein-
mal mehr eine zusammenhängende Moos- und Flechten-
decke das Gestein überziehen kann, anzusehen. Die
Steilgehänge in den Hochgebirgen lassen also in der
Tiefe Steppenpflanzen, in der Höhe Glacialpflanzen sich
ansiedeln, und die Demarkationslinie wird von der Tem-
peratur- und Feuchtigkeitsperiode bestimmt; sie ist aber
nicht so scharf, dass nicht ganze Uebergangsabteilungen
sich erkennen liessen, und so ist für den praktischen
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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