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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Zuwachs und Wasserversorgung der Moose.
die Flechten, mit Hilfe der Gonidien verbreitet, weite
Strecken an kalten, windigen, trockenen Stellen in der
Polarzone bedecken, so wurzeln die Moose auf feuchtem
Boden und bekleiden ihn mit einem breiten, vermittelst
des Wurzelfilzes zusammenhängenden Rasen, in welchem
die Samen höherer Pflanzen keimen können. Diese bei-
den Pflanzengruppen nehmen deshalb nicht nur unter den
Kryptogamen, sondern auch von der ganzen Vegetation
den ersten Raum in der höheren Polarzone ein."

Die Moosstengel, selbst bei denjenigen Arten, welche nor-
malerweise auf dem Boden kriechende Stengel haben, stehen in
den spitzbergenschen Formationen aufrecht und dichtgedrängt,
erheben sich bei ihrem überhaupt langsamen Zuwachs aber nur
wenig über den Boden, oder sie bilden in den Boden eingesenkte
Rasen. Die Torfmoore Spitzbergens haben des langsamen Zu-
wachses der Moose wegen nur eine geringe Tiefe. Ihre unteren
Stengelteile vermodern zugleich sehr langsam. Demzufolge findet
man bisweilen Moospflanzen, die bis 20 Jahrestriebe übereinander
zählen, wie z. B. bei Cinclidium arcticum, wo sie regelmäßige
Bänder darstellen. Auch bei den Seitenästchen zeigt sich die Nei-
gung, aufrecht und dichtgedrängt zu stehen.

Die Wasserversorgung, welche auch im arktischen
Sommer nicht immer ohne jede Schwierigkeit sich er-
halten lässt, ist nach Oltmanns Untersuchungen (G. J.,
XI, 103) an den Laubmoosen viel mehr auf Fortleitung
in kapillaren Räumen zwischen dem Stengel und Blät-
tern, also auf äusserliche Benetzung, angewiesen, als auf
das Aufsaugen durch den Wurzelfilz und Fortleitung im
Innern des Stämmchens. Es hat sich daher auch zwi-
schen toten und lebenden Moospflanzen in der Leitungs-
und Verdunstungsfähigkeit kein grosser Unterschied her-
ausgestellt; lebende und abgestorbene Moosrasen ver-
schluckten und verdunsteten gleichviel Wasser.

Es sei hinzugefügt, dass die Rasen der Sumpfmoose. Sphagnum,
bei 84 % relativer Luftfeuchtigkeit das Fünffache eines freien,
gleiche Oberfläche einnehmenden Wasserraums zur Verdunstung
brachten; daher deren starke Wirkung auf Nebelbildung und Nieder-
schläge über den Mooren!

Dies ist zu wissen notwendig, um die Beschränkung
grosser selbständiger Moosbestände auf die kalten, einer
warmen Trockenperiode entbehrenden Klimate, und die

Zuwachs und Wasserversorgung der Moose.
die Flechten, mit Hilfe der Gonidien verbreitet, weite
Strecken an kalten, windigen, trockenen Stellen in der
Polarzone bedecken, so wurzeln die Moose auf feuchtem
Boden und bekleiden ihn mit einem breiten, vermittelst
des Wurzelfilzes zusammenhängenden Rasen, in welchem
die Samen höherer Pflanzen keimen können. Diese bei-
den Pflanzengruppen nehmen deshalb nicht nur unter den
Kryptogamen, sondern auch von der ganzen Vegetation
den ersten Raum in der höheren Polarzone ein.“

Die Moosstengel, selbst bei denjenigen Arten, welche nor-
malerweise auf dem Boden kriechende Stengel haben, stehen in
den spitzbergenschen Formationen aufrecht und dichtgedrängt,
erheben sich bei ihrem überhaupt langsamen Zuwachs aber nur
wenig über den Boden, oder sie bilden in den Boden eingesenkte
Rasen. Die Torfmoore Spitzbergens haben des langsamen Zu-
wachses der Moose wegen nur eine geringe Tiefe. Ihre unteren
Stengelteile vermodern zugleich sehr langsam. Demzufolge findet
man bisweilen Moospflanzen, die bis 20 Jahrestriebe übereinander
zählen, wie z. B. bei Cinclidium arcticum, wo sie regelmäßige
Bänder darstellen. Auch bei den Seitenästchen zeigt sich die Nei-
gung, aufrecht und dichtgedrängt zu stehen.

Die Wasserversorgung, welche auch im arktischen
Sommer nicht immer ohne jede Schwierigkeit sich er-
halten lässt, ist nach Oltmanns Untersuchungen (G. J.,
XI, 103) an den Laubmoosen viel mehr auf Fortleitung
in kapillaren Räumen zwischen dem Stengel und Blät-
tern, also auf äusserliche Benetzung, angewiesen, als auf
das Aufsaugen durch den Wurzelfilz und Fortleitung im
Innern des Stämmchens. Es hat sich daher auch zwi-
schen toten und lebenden Moospflanzen in der Leitungs-
und Verdunstungsfähigkeit kein grosser Unterschied her-
ausgestellt; lebende und abgestorbene Moosrasen ver-
schluckten und verdunsteten gleichviel Wasser.

Es sei hinzugefügt, dass die Rasen der Sumpfmoose. Sphagnum,
bei 84 % relativer Luftfeuchtigkeit das Fünffache eines freien,
gleiche Oberfläche einnehmenden Wasserraums zur Verdunstung
brachten; daher deren starke Wirkung auf Nebelbildung und Nieder-
schläge über den Mooren!

Dies ist zu wissen notwendig, um die Beschränkung
grosser selbständiger Moosbestände auf die kalten, einer
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[307/0337] Zuwachs und Wasserversorgung der Moose. die Flechten, mit Hilfe der Gonidien verbreitet, weite Strecken an kalten, windigen, trockenen Stellen in der Polarzone bedecken, so wurzeln die Moose auf feuchtem Boden und bekleiden ihn mit einem breiten, vermittelst des Wurzelfilzes zusammenhängenden Rasen, in welchem die Samen höherer Pflanzen keimen können. Diese bei- den Pflanzengruppen nehmen deshalb nicht nur unter den Kryptogamen, sondern auch von der ganzen Vegetation den ersten Raum in der höheren Polarzone ein.“ Die Moosstengel, selbst bei denjenigen Arten, welche nor- malerweise auf dem Boden kriechende Stengel haben, stehen in den spitzbergenschen Formationen aufrecht und dichtgedrängt, erheben sich bei ihrem überhaupt langsamen Zuwachs aber nur wenig über den Boden, oder sie bilden in den Boden eingesenkte Rasen. Die Torfmoore Spitzbergens haben des langsamen Zu- wachses der Moose wegen nur eine geringe Tiefe. Ihre unteren Stengelteile vermodern zugleich sehr langsam. Demzufolge findet man bisweilen Moospflanzen, die bis 20 Jahrestriebe übereinander zählen, wie z. B. bei Cinclidium arcticum, wo sie regelmäßige Bänder darstellen. Auch bei den Seitenästchen zeigt sich die Nei- gung, aufrecht und dichtgedrängt zu stehen. Die Wasserversorgung, welche auch im arktischen Sommer nicht immer ohne jede Schwierigkeit sich er- halten lässt, ist nach Oltmanns Untersuchungen (G. J., XI, 103) an den Laubmoosen viel mehr auf Fortleitung in kapillaren Räumen zwischen dem Stengel und Blät- tern, also auf äusserliche Benetzung, angewiesen, als auf das Aufsaugen durch den Wurzelfilz und Fortleitung im Innern des Stämmchens. Es hat sich daher auch zwi- schen toten und lebenden Moospflanzen in der Leitungs- und Verdunstungsfähigkeit kein grosser Unterschied her- ausgestellt; lebende und abgestorbene Moosrasen ver- schluckten und verdunsteten gleichviel Wasser. Es sei hinzugefügt, dass die Rasen der Sumpfmoose. Sphagnum, bei 84 % relativer Luftfeuchtigkeit das Fünffache eines freien, gleiche Oberfläche einnehmenden Wasserraums zur Verdunstung brachten; daher deren starke Wirkung auf Nebelbildung und Nieder- schläge über den Mooren! Dies ist zu wissen notwendig, um die Beschränkung grosser selbständiger Moosbestände auf die kalten, einer warmen Trockenperiode entbehrenden Klimate, und die

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/337>, abgerufen am 25.11.2024.