Sie können sich sehr wohl mit einzelnen Gräsern verge- sellschaften, aber diese erweisen sich dann in der Regel als andere Arten, wie die den Wiesenrasen bildenden. Zahlreiche Uebergänge verbinden die genannten Gruppen, und sehr häufig treten Arten der Hochstauden als reich- liche Beimischungen in die Grasfluren ein, wie beispiels- weise in Deutschland die hohen Doldengewächse (He- racleum, Angelica) in die fruchtbaren Thalwiesen.
Wie man sieht, ist kein prinzipieller Unterschied im bio- logischen Verhalten zwischen Gräsern und den oberirdisch mit Resten von Blättern und zwischen ihnen eingeschlossenen Trieb- knospen überwinternden Stauden. Da aber die Gräser und die ihnen nahestehenden Cyperaceen einen sehr ausgeprägt-eigenartigen Habitus haben, so wird der Unterschied im Landschaftsbilde stärker. So wie sich Stauden von niederem und hohem Wuchs in die Grasrasen eindrängen, so fehlen auch die Gräser nicht zwischen den Staudenbeständen, und sehr häufig ist eine so innige Mischung beider, dass die Entscheidung schwer fällt, welche Bestandesabtei- lung überwiegt. -- Die in Neumayers Anleitung (Bd. II, S. 174) gemachte Einteilung der Staudenformationen nach ihren Bei- mischungen von Halbsträuchern, Gräsern und Moosen, oder als Flech- tengemische, erscheint mir bei weiterer Prüfung nicht sehr glück- lich gewählt zu sein, weil Beimischungen zwar stets den Charakter der Bestände verändern, aber nur dann als deren Merkmal gelten dürfen, wenn verschiedene Lebensbedingungen des Hauptbestandes auch die Ursache verschiedenartiger Beimengungen sind. Da nun z. B. die Alpenmatten alle drei Beimengungen in sich vereinigen, so scheint die gemachte Einteilung nicht zuzutreffen. Dagegen zeigt die Bodenbedeckung von filzig sich zu einer festen Decke von niederem Wuchse verwebenden Stauden und üppig wie Busch- werk in die Höhe schiessenden Hochstauden tiefere Verschieden- heiten. Kerner nennt die erstere Abteilung "Filzpflanzen", ein Gefilz; die zweite entspricht dem Vulgärbegriff der Stauden, wor- unter der Deutsche hoch emporschiessende Triebe zu verstehen pflegt und sogar Sträucher ("Haselstaude") fälschlich ab und zu so benennt; diese bilden ein "Gestäude".
Grasflur-Formationen. Für die überwiegend aus geselligen Gräsern und in bestimmten Abteilungen aus geselligen Riedgräsern (Cyperaceen) gebildeten Be- stände, zu welchen ausser allen möglichen Stauden noch Halbsträucher und Sträucher, ja sogar lichte Bäume als charakteristische Nebenbestandteile treten können, mag folgendes Einteilungsschema die Hauptabteilungen aus- einanderhalten.
Drude, Pflanzengeographie. 19
Die Grasfluren.
Sie können sich sehr wohl mit einzelnen Gräsern verge- sellschaften, aber diese erweisen sich dann in der Regel als andere Arten, wie die den Wiesenrasen bildenden. Zahlreiche Uebergänge verbinden die genannten Gruppen, und sehr häufig treten Arten der Hochstauden als reich- liche Beimischungen in die Grasfluren ein, wie beispiels- weise in Deutschland die hohen Doldengewächse (He- racleum, Angelica) in die fruchtbaren Thalwiesen.
Wie man sieht, ist kein prinzipieller Unterschied im bio- logischen Verhalten zwischen Gräsern und den oberirdisch mit Resten von Blättern und zwischen ihnen eingeschlossenen Trieb- knospen überwinternden Stauden. Da aber die Gräser und die ihnen nahestehenden Cyperaceen einen sehr ausgeprägt-eigenartigen Habitus haben, so wird der Unterschied im Landschaftsbilde stärker. So wie sich Stauden von niederem und hohem Wuchs in die Grasrasen eindrängen, so fehlen auch die Gräser nicht zwischen den Staudenbeständen, und sehr häufig ist eine so innige Mischung beider, dass die Entscheidung schwer fällt, welche Bestandesabtei- lung überwiegt. — Die in Neumayers Anleitung (Bd. II, S. 174) gemachte Einteilung der Staudenformationen nach ihren Bei- mischungen von Halbsträuchern, Gräsern und Moosen, oder als Flech- tengemische, erscheint mir bei weiterer Prüfung nicht sehr glück- lich gewählt zu sein, weil Beimischungen zwar stets den Charakter der Bestände verändern, aber nur dann als deren Merkmal gelten dürfen, wenn verschiedene Lebensbedingungen des Hauptbestandes auch die Ursache verschiedenartiger Beimengungen sind. Da nun z. B. die Alpenmatten alle drei Beimengungen in sich vereinigen, so scheint die gemachte Einteilung nicht zuzutreffen. Dagegen zeigt die Bodenbedeckung von filzig sich zu einer festen Decke von niederem Wuchse verwebenden Stauden und üppig wie Busch- werk in die Höhe schiessenden Hochstauden tiefere Verschieden- heiten. Kerner nennt die erstere Abteilung „Filzpflanzen“, ein Gefilz; die zweite entspricht dem Vulgärbegriff der Stauden, wor- unter der Deutsche hoch emporschiessende Triebe zu verstehen pflegt und sogar Sträucher („Haselstaude“) fälschlich ab und zu so benennt; diese bilden ein „Gestäude“.
Grasflur-Formationen. Für die überwiegend aus geselligen Gräsern und in bestimmten Abteilungen aus geselligen Riedgräsern (Cyperaceen) gebildeten Be- stände, zu welchen ausser allen möglichen Stauden noch Halbsträucher und Sträucher, ja sogar lichte Bäume als charakteristische Nebenbestandteile treten können, mag folgendes Einteilungsschema die Hauptabteilungen aus- einanderhalten.
Drude, Pflanzengeographie. 19
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0319"n="289"/><fwplace="top"type="header">Die Grasfluren.</fw><lb/>
Sie können sich sehr wohl mit einzelnen Gräsern verge-<lb/>
sellschaften, aber diese erweisen sich dann in der Regel<lb/>
als andere Arten, wie die den Wiesenrasen bildenden.<lb/>
Zahlreiche Uebergänge verbinden die genannten Gruppen,<lb/>
und sehr häufig treten Arten der Hochstauden als reich-<lb/>
liche Beimischungen in die Grasfluren ein, wie beispiels-<lb/>
weise in Deutschland die hohen Doldengewächse (<hirendition="#i">He-<lb/>
racleum, Angelica</hi>) in die fruchtbaren Thalwiesen.</p><lb/><p>Wie man sieht, ist kein prinzipieller Unterschied im bio-<lb/>
logischen Verhalten zwischen Gräsern und den oberirdisch mit<lb/>
Resten von Blättern und zwischen ihnen eingeschlossenen Trieb-<lb/>
knospen überwinternden Stauden. Da aber die Gräser und die<lb/>
ihnen nahestehenden Cyperaceen einen sehr ausgeprägt-eigenartigen<lb/>
Habitus haben, so wird der Unterschied im Landschaftsbilde stärker.<lb/>
So wie sich Stauden von niederem und hohem Wuchs in die<lb/>
Grasrasen eindrängen, so fehlen auch die Gräser nicht zwischen<lb/>
den Staudenbeständen, und sehr häufig ist eine so innige Mischung<lb/>
beider, dass die Entscheidung schwer fällt, welche Bestandesabtei-<lb/>
lung überwiegt. — Die in Neumayers Anleitung (Bd. II, S. 174)<lb/>
gemachte Einteilung der Staudenformationen nach ihren Bei-<lb/>
mischungen von Halbsträuchern, Gräsern und Moosen, oder als Flech-<lb/>
tengemische, erscheint mir bei weiterer Prüfung nicht sehr glück-<lb/>
lich gewählt zu sein, weil Beimischungen zwar stets den Charakter<lb/>
der Bestände verändern, aber nur dann als deren Merkmal gelten<lb/>
dürfen, wenn verschiedene Lebensbedingungen des Hauptbestandes<lb/>
auch die Ursache verschiedenartiger Beimengungen sind. Da nun<lb/>
z. B. die Alpenmatten alle drei Beimengungen in sich vereinigen,<lb/>
so scheint die gemachte Einteilung nicht zuzutreffen. Dagegen<lb/>
zeigt die Bodenbedeckung von filzig sich zu einer festen Decke<lb/>
von niederem Wuchse verwebenden Stauden und üppig wie Busch-<lb/>
werk in die Höhe schiessenden Hochstauden tiefere Verschieden-<lb/>
heiten. Kerner nennt die erstere Abteilung „Filzpflanzen“, ein<lb/>
Gefilz; die zweite entspricht dem Vulgärbegriff der Stauden, wor-<lb/>
unter der Deutsche hoch emporschiessende Triebe zu verstehen<lb/>
pflegt und sogar Sträucher („Haselstaude“) fälschlich ab und zu<lb/>
so benennt; diese bilden ein „Gestäude“.</p><lb/><p><hirendition="#g">Grasflur-Formationen</hi>. Für die überwiegend<lb/>
aus geselligen Gräsern und in bestimmten Abteilungen<lb/>
aus geselligen Riedgräsern (Cyperaceen) gebildeten Be-<lb/>
stände, zu welchen ausser allen möglichen Stauden noch<lb/>
Halbsträucher und Sträucher, ja sogar lichte Bäume als<lb/>
charakteristische Nebenbestandteile treten können, mag<lb/>
folgendes Einteilungsschema die Hauptabteilungen aus-<lb/>
einanderhalten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Drude</hi>, Pflanzengeographie. 19</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[289/0319]
Die Grasfluren.
Sie können sich sehr wohl mit einzelnen Gräsern verge-
sellschaften, aber diese erweisen sich dann in der Regel
als andere Arten, wie die den Wiesenrasen bildenden.
Zahlreiche Uebergänge verbinden die genannten Gruppen,
und sehr häufig treten Arten der Hochstauden als reich-
liche Beimischungen in die Grasfluren ein, wie beispiels-
weise in Deutschland die hohen Doldengewächse (He-
racleum, Angelica) in die fruchtbaren Thalwiesen.
Wie man sieht, ist kein prinzipieller Unterschied im bio-
logischen Verhalten zwischen Gräsern und den oberirdisch mit
Resten von Blättern und zwischen ihnen eingeschlossenen Trieb-
knospen überwinternden Stauden. Da aber die Gräser und die
ihnen nahestehenden Cyperaceen einen sehr ausgeprägt-eigenartigen
Habitus haben, so wird der Unterschied im Landschaftsbilde stärker.
So wie sich Stauden von niederem und hohem Wuchs in die
Grasrasen eindrängen, so fehlen auch die Gräser nicht zwischen
den Staudenbeständen, und sehr häufig ist eine so innige Mischung
beider, dass die Entscheidung schwer fällt, welche Bestandesabtei-
lung überwiegt. — Die in Neumayers Anleitung (Bd. II, S. 174)
gemachte Einteilung der Staudenformationen nach ihren Bei-
mischungen von Halbsträuchern, Gräsern und Moosen, oder als Flech-
tengemische, erscheint mir bei weiterer Prüfung nicht sehr glück-
lich gewählt zu sein, weil Beimischungen zwar stets den Charakter
der Bestände verändern, aber nur dann als deren Merkmal gelten
dürfen, wenn verschiedene Lebensbedingungen des Hauptbestandes
auch die Ursache verschiedenartiger Beimengungen sind. Da nun
z. B. die Alpenmatten alle drei Beimengungen in sich vereinigen,
so scheint die gemachte Einteilung nicht zuzutreffen. Dagegen
zeigt die Bodenbedeckung von filzig sich zu einer festen Decke
von niederem Wuchse verwebenden Stauden und üppig wie Busch-
werk in die Höhe schiessenden Hochstauden tiefere Verschieden-
heiten. Kerner nennt die erstere Abteilung „Filzpflanzen“, ein
Gefilz; die zweite entspricht dem Vulgärbegriff der Stauden, wor-
unter der Deutsche hoch emporschiessende Triebe zu verstehen
pflegt und sogar Sträucher („Haselstaude“) fälschlich ab und zu
so benennt; diese bilden ein „Gestäude“.
Grasflur-Formationen. Für die überwiegend
aus geselligen Gräsern und in bestimmten Abteilungen
aus geselligen Riedgräsern (Cyperaceen) gebildeten Be-
stände, zu welchen ausser allen möglichen Stauden noch
Halbsträucher und Sträucher, ja sogar lichte Bäume als
charakteristische Nebenbestandteile treten können, mag
folgendes Einteilungsschema die Hauptabteilungen aus-
einanderhalten.
Drude, Pflanzengeographie. 19
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/319>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.