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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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der geographischen Botanik.
(S. 150) über die Florenreiche Gesagten zu fordern war.
Zugleich aber treten Verschiedenheiten hervor, welche
verstehen lassen, dass die Florenreichsabsonderungen
keine vollendeten sind. Je nachdem man diese oder jene
Systemareale hauptsächlich berücksichtigt, gelangt man
zu etwas verschiedenen Bildern; man vergleiche in dieser
Beziehung unter den tropischen Ordnungen die Palmen
mit den Myrtaceen, ebenso die Coniferen mit den Erica-
ceen. Die Ericaceen zeigen z. B. einen verwandtschaft-
lichen Zug in der ganzen Andenkette vom Kap Horn
bis Mexiko, dann erst werden sie nordwärts durch neue
Gruppen abgelöst. Die antarktisch-amerikanischen Coni-
feren sind bis auf Libocedrus ganz andere als die mexi-
kanischen, diesmal der borealen Gattungsgruppe zuge-
hörigen Formen.

Der zusammenhängende Zug gleichartiger Areale von
Europa, dem kalten und warm-gemäßigten Asien und
Nordamerika hat im vorhergehenden viele deutliche Be-
lege gefunden; aber auch die Gleichartigkeit in den süd-
lichen Florenreichen, nur mit leichterem Maß gemessen.
Denn immer Verwandtes, höchst selten etwas Gleiches,
zeigt sich am Kap, im extratropischen Australien, Neu-
seeland und Südamerika, und im letzteren Kontinent
immer nur auf der pazifischen Seite, was übrigens in
der geologischen Landesgeschichte des südlichen Argen-
tiniens seinen Grund hat. Und neben diesem gemeinsam
Verwandten hat jeder südliche Kontinent selbst viel
Eigenartiges für sich; am eigensinnigsten verhält sich
in dieser Beziehung das australe Afrika gegenüber
Australasien.

Von besonderem Interesse ist noch die Frage (s. S. 111),
ob wohl auch die grossen Ordnungen eine bestimmt-
erkennbare klimatische Verbreitungssphäre besitzen. Selbst
von den Palmen kann man dies ja nicht ohne weiteres
zugeben, wenn man die Standorte der mediterranen
Zwergpalme mit denen der Amazonenstrom-Stachel-
dickichte oder der andinen Wachspalme vergleicht. Fol-
gendes aber scheint dennoch als richtig anzuerkennen zu
sein: Irgend eine klimatische Hauptneigung scheint zu

der geographischen Botanik.
(S. 150) über die Florenreiche Gesagten zu fordern war.
Zugleich aber treten Verschiedenheiten hervor, welche
verstehen lassen, dass die Florenreichsabsonderungen
keine vollendeten sind. Je nachdem man diese oder jene
Systemareale hauptsächlich berücksichtigt, gelangt man
zu etwas verschiedenen Bildern; man vergleiche in dieser
Beziehung unter den tropischen Ordnungen die Palmen
mit den Myrtaceen, ebenso die Coniferen mit den Erica-
ceen. Die Ericaceen zeigen z. B. einen verwandtschaft-
lichen Zug in der ganzen Andenkette vom Kap Horn
bis Mexiko, dann erst werden sie nordwärts durch neue
Gruppen abgelöst. Die antarktisch-amerikanischen Coni-
feren sind bis auf Libocedrus ganz andere als die mexi-
kanischen, diesmal der borealen Gattungsgruppe zuge-
hörigen Formen.

Der zusammenhängende Zug gleichartiger Areale von
Europa, dem kalten und warm-gemäßigten Asien und
Nordamerika hat im vorhergehenden viele deutliche Be-
lege gefunden; aber auch die Gleichartigkeit in den süd-
lichen Florenreichen, nur mit leichterem Maß gemessen.
Denn immer Verwandtes, höchst selten etwas Gleiches,
zeigt sich am Kap, im extratropischen Australien, Neu-
seeland und Südamerika, und im letzteren Kontinent
immer nur auf der pazifischen Seite, was übrigens in
der geologischen Landesgeschichte des südlichen Argen-
tiniens seinen Grund hat. Und neben diesem gemeinsam
Verwandten hat jeder südliche Kontinent selbst viel
Eigenartiges für sich; am eigensinnigsten verhält sich
in dieser Beziehung das australe Afrika gegenüber
Australasien.

Von besonderem Interesse ist noch die Frage (s. S. 111),
ob wohl auch die grossen Ordnungen eine bestimmt-
erkennbare klimatische Verbreitungssphäre besitzen. Selbst
von den Palmen kann man dies ja nicht ohne weiteres
zugeben, wenn man die Standorte der mediterranen
Zwergpalme mit denen der Amazonenstrom-Stachel-
dickichte oder der andinen Wachspalme vergleicht. Fol-
gendes aber scheint dennoch als richtig anzuerkennen zu
sein: Irgend eine klimatische Hauptneigung scheint zu

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[213/0243] der geographischen Botanik. (S. 150) über die Florenreiche Gesagten zu fordern war. Zugleich aber treten Verschiedenheiten hervor, welche verstehen lassen, dass die Florenreichsabsonderungen keine vollendeten sind. Je nachdem man diese oder jene Systemareale hauptsächlich berücksichtigt, gelangt man zu etwas verschiedenen Bildern; man vergleiche in dieser Beziehung unter den tropischen Ordnungen die Palmen mit den Myrtaceen, ebenso die Coniferen mit den Erica- ceen. Die Ericaceen zeigen z. B. einen verwandtschaft- lichen Zug in der ganzen Andenkette vom Kap Horn bis Mexiko, dann erst werden sie nordwärts durch neue Gruppen abgelöst. Die antarktisch-amerikanischen Coni- feren sind bis auf Libocedrus ganz andere als die mexi- kanischen, diesmal der borealen Gattungsgruppe zuge- hörigen Formen. Der zusammenhängende Zug gleichartiger Areale von Europa, dem kalten und warm-gemäßigten Asien und Nordamerika hat im vorhergehenden viele deutliche Be- lege gefunden; aber auch die Gleichartigkeit in den süd- lichen Florenreichen, nur mit leichterem Maß gemessen. Denn immer Verwandtes, höchst selten etwas Gleiches, zeigt sich am Kap, im extratropischen Australien, Neu- seeland und Südamerika, und im letzteren Kontinent immer nur auf der pazifischen Seite, was übrigens in der geologischen Landesgeschichte des südlichen Argen- tiniens seinen Grund hat. Und neben diesem gemeinsam Verwandten hat jeder südliche Kontinent selbst viel Eigenartiges für sich; am eigensinnigsten verhält sich in dieser Beziehung das australe Afrika gegenüber Australasien. Von besonderem Interesse ist noch die Frage (s. S. 111), ob wohl auch die grossen Ordnungen eine bestimmt- erkennbare klimatische Verbreitungssphäre besitzen. Selbst von den Palmen kann man dies ja nicht ohne weiteres zugeben, wenn man die Standorte der mediterranen Zwergpalme mit denen der Amazonenstrom-Stachel- dickichte oder der andinen Wachspalme vergleicht. Fol- gendes aber scheint dennoch als richtig anzuerkennen zu sein: Irgend eine klimatische Hauptneigung scheint zu

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/243>, abgerufen am 24.11.2024.