die Proteaceen von den als Vergleich hingestellten Pal- men ab; denn diese verteilen sich gleichmäßiger zwischen Indien und Amerika, ohne dass ein Florenreich mit allen Hauptgruppen des Palmensystems genannt werden könnte.
Diese jetzige Verteilungsweise und kontinentale Ab- geschlossenheit bestimmter Gruppen muss man erwägen, um das Befremdende der Annahme, dass in geologischer Vergangenheit auch Europa Proteaceen besessen habe, zu würdigen. Dryandra- und Banksia-Arten sollen in den Tertiärschichten Europas, zumal Oesterreichs, fossil er- halten geblieben sein, und als Beweis dafür werden ausser schlecht erhaltenen Früchten einzelne Blattabdrücke von gewiss den Proteaceen entsprechender Form und Nervation, doch nicht unumstösslich zwingend wegen der Aehnlich- keit weit im System abstehender Pflanzengruppen, vor- gebracht. Ettingshausen ist der hauptsächliche Verteidiger der "tertiären Mischlingsflora" australischer Typen in den borealen Floren und umgekehrt, so dass nach dieser An- schauung erst durch Aussterben verschiedener Sippen in verschiedenen Gebieten die gegenwärtige Arealabsonde- rung der meisten herrschenden Systemgruppen entstanden wäre. Dieser Meinung gegenüber steht die andere von dem allmählichen Herausbilden dieser Verteilung durch abgesonderte Entwickelung auch schon in der Tertiär- periode; denn es ist thatsächlich auch bei den Proteaceen nicht zu verstehen, warum sie alle im Mediterranfloren- reich spurlos hätten verschwinden müssen, wo doch in Abessinien wenigstens Arten der südafrikanischen Gruppe vorhanden sind, welche man ebensowohl als Resterschei- nungen, wie als montane Verbreitungssiedler deuten kann. Wäre z. B. an Stelle des abessynischen Leucospermum Rochetianum dort eine Dryandra, welche Gattung jetzt ja nur in Westaustralien artenreich lebt, so lägen die Verhältnisse schon in etwas anders. Da aber die Be- stimmung fossiler Blattabdrücke höchstens für Gattungen, streng genommen nur für Artgruppen, zwingenden Wert hat, so kann man sich auch nicht damit trösten, dass die europäischen Tertiärproteaceen vielleicht Protea-Tribusge- nossen gewesen seien.
Problem der tertiären Proteaceen in Europa.
die Proteaceen von den als Vergleich hingestellten Pal- men ab; denn diese verteilen sich gleichmäßiger zwischen Indien und Amerika, ohne dass ein Florenreich mit allen Hauptgruppen des Palmensystems genannt werden könnte.
Diese jetzige Verteilungsweise und kontinentale Ab- geschlossenheit bestimmter Gruppen muss man erwägen, um das Befremdende der Annahme, dass in geologischer Vergangenheit auch Europa Proteaceen besessen habe, zu würdigen. Dryandra- und Banksia-Arten sollen in den Tertiärschichten Europas, zumal Oesterreichs, fossil er- halten geblieben sein, und als Beweis dafür werden ausser schlecht erhaltenen Früchten einzelne Blattabdrücke von gewiss den Proteaceen entsprechender Form und Nervation, doch nicht unumstösslich zwingend wegen der Aehnlich- keit weit im System abstehender Pflanzengruppen, vor- gebracht. Ettingshausen ist der hauptsächliche Verteidiger der „tertiären Mischlingsflora“ australischer Typen in den borealen Floren und umgekehrt, so dass nach dieser An- schauung erst durch Aussterben verschiedener Sippen in verschiedenen Gebieten die gegenwärtige Arealabsonde- rung der meisten herrschenden Systemgruppen entstanden wäre. Dieser Meinung gegenüber steht die andere von dem allmählichen Herausbilden dieser Verteilung durch abgesonderte Entwickelung auch schon in der Tertiär- periode; denn es ist thatsächlich auch bei den Proteaceen nicht zu verstehen, warum sie alle im Mediterranfloren- reich spurlos hätten verschwinden müssen, wo doch in Abessinien wenigstens Arten der südafrikanischen Gruppe vorhanden sind, welche man ebensowohl als Resterschei- nungen, wie als montane Verbreitungssiedler deuten kann. Wäre z. B. an Stelle des abessynischen Leucospermum Rochetianum dort eine Dryandra, welche Gattung jetzt ja nur in Westaustralien artenreich lebt, so lägen die Verhältnisse schon in etwas anders. Da aber die Be- stimmung fossiler Blattabdrücke höchstens für Gattungen, streng genommen nur für Artgruppen, zwingenden Wert hat, so kann man sich auch nicht damit trösten, dass die europäischen Tertiärproteaceen vielleicht Protea-Tribusge- nossen gewesen seien.
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Problem der tertiären Proteaceen in Europa.
die Proteaceen von den als Vergleich hingestellten Pal-
men ab; denn diese verteilen sich gleichmäßiger zwischen
Indien und Amerika, ohne dass ein Florenreich mit allen
Hauptgruppen des Palmensystems genannt werden könnte.
Diese jetzige Verteilungsweise und kontinentale Ab-
geschlossenheit bestimmter Gruppen muss man erwägen,
um das Befremdende der Annahme, dass in geologischer
Vergangenheit auch Europa Proteaceen besessen habe, zu
würdigen. Dryandra- und Banksia-Arten sollen in den
Tertiärschichten Europas, zumal Oesterreichs, fossil er-
halten geblieben sein, und als Beweis dafür werden ausser
schlecht erhaltenen Früchten einzelne Blattabdrücke von
gewiss den Proteaceen entsprechender Form und Nervation,
doch nicht unumstösslich zwingend wegen der Aehnlich-
keit weit im System abstehender Pflanzengruppen, vor-
gebracht. Ettingshausen ist der hauptsächliche Verteidiger
der „tertiären Mischlingsflora“ australischer Typen in den
borealen Floren und umgekehrt, so dass nach dieser An-
schauung erst durch Aussterben verschiedener Sippen in
verschiedenen Gebieten die gegenwärtige Arealabsonde-
rung der meisten herrschenden Systemgruppen entstanden
wäre. Dieser Meinung gegenüber steht die andere von
dem allmählichen Herausbilden dieser Verteilung durch
abgesonderte Entwickelung auch schon in der Tertiär-
periode; denn es ist thatsächlich auch bei den Proteaceen
nicht zu verstehen, warum sie alle im Mediterranfloren-
reich spurlos hätten verschwinden müssen, wo doch in
Abessinien wenigstens Arten der südafrikanischen Gruppe
vorhanden sind, welche man ebensowohl als Resterschei-
nungen, wie als montane Verbreitungssiedler deuten kann.
Wäre z. B. an Stelle des abessynischen Leucospermum
Rochetianum dort eine Dryandra, welche Gattung jetzt
ja nur in Westaustralien artenreich lebt, so lägen die
Verhältnisse schon in etwas anders. Da aber die Be-
stimmung fossiler Blattabdrücke höchstens für Gattungen,
streng genommen nur für Artgruppen, zwingenden Wert
hat, so kann man sich auch nicht damit trösten, dass die
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/235>, abgerufen am 24.11.2024.
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