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Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868.

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nur bei einem Gegenstand erwarten lässt, dessen Gesetze unbekannt
sind, ja dessen Grund noch nicht gelegt ist."

Er gedenkt die Geschichte dadurch zu einer Wissenschaft zu er-
heben, dass er die historischen Thatsachen aus allgemeinen Gesetzen
zu beweisen lehrt. Er bahnt sich den Weg dazu, indem er darlegt,
dass die frühsten und rohsten Vorstellungen über den Verlauf der mensch-
lichen Geschicke sich in den Begriffen Zufall und Nothwendigkeit zu-
sammengefasst hätten, dass "höchst wahrscheinlich" aus diesen später
die Dogmen vom freien Willen und von der Vorherbestimmung gewor-
den seien, dass beide in nicht geringem Maase "Irrthümer" seien oder,
so fügt er hinzu, "dass wir wenigstens keinen ausreichenden Beweis
für ihre Wahrheit haben." Er findet, dass "alle Veränderungen, von
denen die Geschichte voll ist, alle Wechselfälle, die das Menschenge-
schlecht betroffen, sein Fortschritt und sein Verfall, sein Glück und
Elend die Frucht einer doppelten Wirksamkeit sein müsse, der Ein-
wirkung äusserer Erscheinung auf unser Inneres und der Einwirkungen
unseres Innern auf die äussern Erscheinungen." Er hat die Zuversicht
die "Gesetze" dieser doppelten Einwirkung entdeckt, damit die Ge-
schichte der Menschen zu einer Wissenschaft erhoben zu haben.

Buckle sieht den eigentlichen geschichtlichen Inhalt des Lebens
der Menschheit in dem, was er Civilisation nennt. Er hat die Ge-
schichte der Civilisation des Englischen, Französischen, Spanischen,
Schottischen Volkes entwickelt, um an diesen Beispielen die Anwendung
seiner Methode, die Richtigkeit der von ihm gefundenen Gesetze zu
zeigen. Er findet diese Gesetze, wie er sagt, auf den zwei einzig mög-
lichen Wegen, dem der Deduction und dem der Induction; auf jenem
Wege, indem er nachweist, wie sich aus diesen Gesetzen die geschicht-
liche Entwickelung der Civilisation bei den genannten Völkern erklärt;
auf diesem, indem er aus der Fülle von Thatsachen, die er in seinen
Studien gesammelt hat, die massgebenden und entscheidenden zusam-
menfast und den sie vereinigenden höheren Ausdruck findet.

Ich gehe nicht darauf ein, seine Induction und Deduction nach
dem zu ihrer Bewährung verwandten historischen Material zu unter
suchen. Es könnte in seiner Art der Quellenbenutzung, in der Aus-
wahl seiner Angaben, in der Angemessenheit seiner Zusammenstellun-
gen immerhin Irriges, Willkührliches, Unzulängliches in Fülle vorhan-

nur bei einem Gegenstand erwarten lässt, dessen Gesetze unbekannt
sind, ja dessen Grund noch nicht gelegt ist.“

Er gedenkt die Geschichte dadurch zu einer Wissenschaft zu er-
heben, dass er die historischen Thatsachen aus allgemeinen Gesetzen
zu beweisen lehrt. Er bahnt sich den Weg dazu, indem er darlegt,
dass die frühsten und rohsten Vorstellungen über den Verlauf der mensch-
lichen Geschicke sich in den Begriffen Zufall und Nothwendigkeit zu-
sammengefasst hätten, dass „höchst wahrscheinlich“ aus diesen später
die Dogmen vom freien Willen und von der Vorherbestimmung gewor-
den seien, dass beide in nicht geringem Maase „Irrthümer“ seien oder,
so fügt er hinzu, „dass wir wenigstens keinen ausreichenden Beweis
für ihre Wahrheit haben.“ Er findet, dass „alle Veränderungen, von
denen die Geschichte voll ist, alle Wechselfälle, die das Menschenge-
schlecht betroffen, sein Fortschritt und sein Verfall, sein Glück und
Elend die Frucht einer doppelten Wirksamkeit sein müsse, der Ein-
wirkung äusserer Erscheinung auf unser Inneres und der Einwirkungen
unseres Innern auf die äussern Erscheinungen.“ Er hat die Zuversicht
die „Gesetze“ dieser doppelten Einwirkung entdeckt, damit die Ge-
schichte der Menschen zu einer Wissenschaft erhoben zu haben.

Buckle sieht den eigentlichen geschichtlichen Inhalt des Lebens
der Menschheit in dem, was er Civilisation nennt. Er hat die Ge-
schichte der Civilisation des Englischen, Französischen, Spanischen,
Schottischen Volkes entwickelt, um an diesen Beispielen die Anwendung
seiner Methode, die Richtigkeit der von ihm gefundenen Gesetze zu
zeigen. Er findet diese Gesetze, wie er sagt, auf den zwei einzig mög-
lichen Wegen, dem der Deduction und dem der Induction; auf jenem
Wege, indem er nachweist, wie sich aus diesen Gesetzen die geschicht-
liche Entwickelung der Civilisation bei den genannten Völkern erklärt;
auf diesem, indem er aus der Fülle von Thatsachen, die er in seinen
Studien gesammelt hat, die massgebenden und entscheidenden zusam-
menfast und den sie vereinigenden höheren Ausdruck findet.

Ich gehe nicht darauf ein, seine Induction und Deduction nach
dem zu ihrer Bewährung verwandten historischen Material zu unter
suchen. Es könnte in seiner Art der Quellenbenutzung, in der Aus-
wahl seiner Angaben, in der Angemessenheit seiner Zusammenstellun-
gen immerhin Irriges, Willkührliches, Unzulängliches in Fülle vorhan-

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[43/0052] nur bei einem Gegenstand erwarten lässt, dessen Gesetze unbekannt sind, ja dessen Grund noch nicht gelegt ist.“ Er gedenkt die Geschichte dadurch zu einer Wissenschaft zu er- heben, dass er die historischen Thatsachen aus allgemeinen Gesetzen zu beweisen lehrt. Er bahnt sich den Weg dazu, indem er darlegt, dass die frühsten und rohsten Vorstellungen über den Verlauf der mensch- lichen Geschicke sich in den Begriffen Zufall und Nothwendigkeit zu- sammengefasst hätten, dass „höchst wahrscheinlich“ aus diesen später die Dogmen vom freien Willen und von der Vorherbestimmung gewor- den seien, dass beide in nicht geringem Maase „Irrthümer“ seien oder, so fügt er hinzu, „dass wir wenigstens keinen ausreichenden Beweis für ihre Wahrheit haben.“ Er findet, dass „alle Veränderungen, von denen die Geschichte voll ist, alle Wechselfälle, die das Menschenge- schlecht betroffen, sein Fortschritt und sein Verfall, sein Glück und Elend die Frucht einer doppelten Wirksamkeit sein müsse, der Ein- wirkung äusserer Erscheinung auf unser Inneres und der Einwirkungen unseres Innern auf die äussern Erscheinungen.“ Er hat die Zuversicht die „Gesetze“ dieser doppelten Einwirkung entdeckt, damit die Ge- schichte der Menschen zu einer Wissenschaft erhoben zu haben. Buckle sieht den eigentlichen geschichtlichen Inhalt des Lebens der Menschheit in dem, was er Civilisation nennt. Er hat die Ge- schichte der Civilisation des Englischen, Französischen, Spanischen, Schottischen Volkes entwickelt, um an diesen Beispielen die Anwendung seiner Methode, die Richtigkeit der von ihm gefundenen Gesetze zu zeigen. Er findet diese Gesetze, wie er sagt, auf den zwei einzig mög- lichen Wegen, dem der Deduction und dem der Induction; auf jenem Wege, indem er nachweist, wie sich aus diesen Gesetzen die geschicht- liche Entwickelung der Civilisation bei den genannten Völkern erklärt; auf diesem, indem er aus der Fülle von Thatsachen, die er in seinen Studien gesammelt hat, die massgebenden und entscheidenden zusam- menfast und den sie vereinigenden höheren Ausdruck findet. Ich gehe nicht darauf ein, seine Induction und Deduction nach dem zu ihrer Bewährung verwandten historischen Material zu unter suchen. Es könnte in seiner Art der Quellenbenutzung, in der Aus- wahl seiner Angaben, in der Angemessenheit seiner Zusammenstellun- gen immerhin Irriges, Willkührliches, Unzulängliches in Fülle vorhan-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_historik_1868/52>, abgerufen am 25.11.2024.