Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868.Aus der Selbstgewissheit unseres sittlichen Seins ergiebt sich zu §. 87. Was den Thieren, den Pflanzen ihr Gattungsbegriff -- denn die Gat- Die Ethik ist die Lehre von den sittlichen Mächten, nicht bloss §. 88. Die Geschichte ist Bewusstwerden und Bewusstsein der Menschheit Die Epochen der Geschichte sind nicht die Lebensalter dieses Ich §. 89. Nach dem Maasse dieser durchmessenen Stadien wächst der mensch- Dass mit jedem Stadium der Ausdruck sich vertieft, erweitert, stei- §. 90. Dem endlichen Auge ist Anfang und Ende verhüllt. Aber for- Es sieht, was es sieht, erfüllt von dem Licht, in dem und aus dem Es ertrüge dessen Glanz nicht; aber an den durchleuchteten Sphä- Aus der Selbstgewissheit unseres sittlichen Seins ergiebt sich zu §. 87. Was den Thieren, den Pflanzen ihr Gattungsbegriff — denn die Gat- Die Ethik ist die Lehre von den sittlichen Mächten, nicht bloss §. 88. Die Geschichte ist Bewusstwerden und Bewusstsein der Menschheit Die Epochen der Geschichte sind nicht die Lebensalter dieses Ich §. 89. Nach dem Maasse dieser durchmessenen Stadien wächst der mensch- Dass mit jedem Stadium der Ausdruck sich vertieft, erweitert, stei- §. 90. Dem endlichen Auge ist Anfang und Ende verhüllt. Aber for- Es sieht, was es sieht, erfüllt von dem Licht, in dem und aus dem Es ertrüge dessen Glanz nicht; aber an den durchleuchteten Sphä- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0046" n="37"/> <p>Aus der Selbstgewissheit unseres sittlichen Seins ergiebt sich zu<lb/> den andern „Beweisen“ vom Dasein Gottes der für uns beweisendste.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 87.</head><lb/> <p>Was den Thieren, den Pflanzen ihr Gattungsbegriff — denn die Gat-<lb/> tung ist, ἵνα τοῦ ἀεὶ καὶ τοῦ ϑείου μετέχωσιν — das ist dem Menschen<lb/> die Geschichte.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Ethik</hi> ist die Lehre von den sittlichen Mächten, nicht bloss<lb/> von dem persönlichen Verhalten zu ihnen und in ihnen. Die Ethik<lb/> fordert die Historik.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 88.</head><lb/> <p>Die Geschichte ist Bewusstwerden und Bewusstsein der Menschheit<lb/> über sich selbst.</p><lb/> <p>Die Epochen der Geschichte sind nicht die Lebensalter dieses Ich<lb/> der Menschheit, — es altert nicht, es bleibt auch nicht was es war oder<lb/> ist —; sondern Stadien seiner Selbsterkenntniss, Welterkenntniss, Gott-<lb/> erkenntniss.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 89.</head><lb/> <p>Nach dem Maasse dieser durchmessenen Stadien wächst der mensch-<lb/> liche Ausdruck für den Zweck der Zwecke, für die Sehnsucht nach<lb/> ihm, für den Weg zu ihm.</p><lb/> <p>Dass mit jedem Stadium der Ausdruck sich vertieft, erweitert, stei-<lb/> gert, das und nur das ist das <hi rendition="#g">Fortschreiten der Menschheit</hi>.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 90.</head><lb/> <p>Dem endlichen Auge ist Anfang und Ende verhüllt. Aber for-<lb/> schend kann es die Richtung der strömenden Bewegung erkennen.<lb/> In die enge Schranke des Hier und Jetzt gebannt, erschaut es das<lb/> Woher, Wohin.</p><lb/> <p>Es sieht, was es sieht, erfüllt von dem Licht, in dem und aus dem<lb/> Alles ist; und sein Sehen ist ein ferner Widerschein jenes Lichts.</p><lb/> <p>Es ertrüge dessen Glanz nicht; aber an den durchleuchteten Sphä-<lb/> ren, die sich ihm erschliessen, den Blick übend und entflammend, ahnt<lb/> es immer grössere Weiten, immer umfassendere Empyreen.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0046]
Aus der Selbstgewissheit unseres sittlichen Seins ergiebt sich zu
den andern „Beweisen“ vom Dasein Gottes der für uns beweisendste.
§. 87.
Was den Thieren, den Pflanzen ihr Gattungsbegriff — denn die Gat-
tung ist, ἵνα τοῦ ἀεὶ καὶ τοῦ ϑείου μετέχωσιν — das ist dem Menschen
die Geschichte.
Die Ethik ist die Lehre von den sittlichen Mächten, nicht bloss
von dem persönlichen Verhalten zu ihnen und in ihnen. Die Ethik
fordert die Historik.
§. 88.
Die Geschichte ist Bewusstwerden und Bewusstsein der Menschheit
über sich selbst.
Die Epochen der Geschichte sind nicht die Lebensalter dieses Ich
der Menschheit, — es altert nicht, es bleibt auch nicht was es war oder
ist —; sondern Stadien seiner Selbsterkenntniss, Welterkenntniss, Gott-
erkenntniss.
§. 89.
Nach dem Maasse dieser durchmessenen Stadien wächst der mensch-
liche Ausdruck für den Zweck der Zwecke, für die Sehnsucht nach
ihm, für den Weg zu ihm.
Dass mit jedem Stadium der Ausdruck sich vertieft, erweitert, stei-
gert, das und nur das ist das Fortschreiten der Menschheit.
§. 90.
Dem endlichen Auge ist Anfang und Ende verhüllt. Aber for-
schend kann es die Richtung der strömenden Bewegung erkennen.
In die enge Schranke des Hier und Jetzt gebannt, erschaut es das
Woher, Wohin.
Es sieht, was es sieht, erfüllt von dem Licht, in dem und aus dem
Alles ist; und sein Sehen ist ein ferner Widerschein jenes Lichts.
Es ertrüge dessen Glanz nicht; aber an den durchleuchteten Sphä-
ren, die sich ihm erschliessen, den Blick übend und entflammend, ahnt
es immer grössere Weiten, immer umfassendere Empyreen.
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