Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].jagt, in Aetolien waren Unruhen ausgebrochen, die Arkadier bereit 92) Dinarch. p. 152. 93) Nach Aeschines Darstellung in einer et- wa fünf Jahre später gehaltenen Rede erscheint Demosthenes Benehmen in dieser Zeit ganz anders; die Arkadier, behauptet er, hätten das An- geld zum Kriegsdienste aus den Persischen Subsidien verlangt, aber da Demosthenes in seinem Geize nichts habe zahlen, sondern alles für sich behalten wollen, seien sie heimgegangen; auch die Macedonische Besatzung habe man mit einigen Talenten zum Abzuge bewegen kön- nen, aber Demosthenes habe nichts herausrücken wollen. Weit ent- fernt Demosthenes Integrität behaupten zu wollen, gegen welche die Papiere, die Alexander später in der Burg zu Sardes fand, nur zu deutlich zeugen, haben wir dennoch nicht Vorwürfen glauben mögen, deren Unhaltbarkeit der Zusammenhang der Verhältnisse beweiset. Oder verstand Demosthenes seinen Vortheil so schlecht, daß er, um ei- nige Talente für sich behalten zu können, das Glück einer Un- ternehmung aufs Spiel setzte, deren Mislingen ihm nicht bloß seine Popularität, sondern sein Vermögen und sein Leben kosten konnte? Und wenn wirklich die Besatzung der Kadmea zu bestechen möglich war, konnten die Thebaner nicht mehr fünf Talente aufbringen? Daß Dinarch in seiner Rede gegen Demosthenes ungefähr dasselbe mit Aeschines berichtet, hebt den apokryphischen Charakter dieser Angaben nicht auf; cf. Decret. I. apud Plut. 6
jagt, in Aetolien waren Unruhen ausgebrochen, die Arkadier bereit 92) Dinarch. p. 152. 93) Nach Aeſchines Darſtellung in einer et- wa fünf Jahre ſpäter gehaltenen Rede erſcheint Demoſthenes Benehmen in dieſer Zeit ganz anders; die Arkadier, behauptet er, hätten das An- geld zum Kriegsdienſte aus den Perſiſchen Subſidien verlangt, aber da Demoſthenes in ſeinem Geize nichts habe zahlen, ſondern alles für ſich behalten wollen, ſeien ſie heimgegangen; auch die Macedoniſche Beſatzung habe man mit einigen Talenten zum Abzuge bewegen kön- nen, aber Demoſthenes habe nichts herausrücken wollen. Weit ent- fernt Demoſthenes Integrität behaupten zu wollen, gegen welche die Papiere, die Alexander ſpäter in der Burg zu Sardes fand, nur zu deutlich zeugen, haben wir dennoch nicht Vorwürfen glauben mögen, deren Unhaltbarkeit der Zuſammenhang der Verhältniſſe beweiſet. Oder verſtand Demoſthenes ſeinen Vortheil ſo ſchlecht, daß er, um ei- nige Talente für ſich behalten zu können, das Glück einer Un- ternehmung aufs Spiel ſetzte, deren Mislingen ihm nicht bloß ſeine Popularität, ſondern ſein Vermögen und ſein Leben koſten konnte? Und wenn wirklich die Beſatzung der Kadmea zu beſtechen möglich war, konnten die Thebaner nicht mehr fünf Talente aufbringen? Daß Dinarch in ſeiner Rede gegen Demoſthenes ungefähr daſſelbe mit Aeſchines berichtet, hebt den apokryphiſchen Charakter dieſer Angaben nicht auf; cf. Decret. I. apud Plut. 6
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jagt, in Aetolien waren Unruhen ausgebrochen, die Arkadier bereit
gegen Macedonien zu kämpfen, auf Argos konnte man rechnen;
Athen dekretirte ſeine Sympathie für Theben und verſprach Bei-
ſtand. Und als die Geſandten des Macedoniſchen Reichsverweſers
Antipater nach dem Iſthmus kamen, an die Verträge über Zurück-
führung der Verbannten und an das den Macedoniern garantirte
Beſatzungsrecht in Theben zu erinnern, da hörte man nicht auf ſie,
ſondern auf die flehende Bitte der Thebaniſchen Geſandten, die
mit wollenumwundenen Oelzweigen in den Händen, zum Schutz
der heiligen Sache aufriefen 92). Schon ſtand ein Arkadiſches
Söldnerheer am Iſthmus bereit, nach Böotien zu rücken, die Kad-
mea war mit Wällen und anderen Werken eingeſchloſſen, ſo
daß den Macedoniern in ihr weder Hülfe, noch Lebensmittel zu-
kommen konnten; die Thebaner hatten ihre Sclaven freigegeben, ſie
und die Metöken zum Kriege gerüſtet; ſie waren mit allen Vorrä-
then und einer Menge Waffen verſehen, die namentlich Demoſthe-
nes ihnen zugeſandt hatte 93); bald mußte die Kadmea fallen,
92) Dinarch. p. 152.
93) Nach Aeſchines Darſtellung in einer et-
wa fünf Jahre ſpäter gehaltenen Rede erſcheint Demoſthenes Benehmen
in dieſer Zeit ganz anders; die Arkadier, behauptet er, hätten das An-
geld zum Kriegsdienſte aus den Perſiſchen Subſidien verlangt, aber
da Demoſthenes in ſeinem Geize nichts habe zahlen, ſondern alles für
ſich behalten wollen, ſeien ſie heimgegangen; auch die Macedoniſche
Beſatzung habe man mit einigen Talenten zum Abzuge bewegen kön-
nen, aber Demoſthenes habe nichts herausrücken wollen. Weit ent-
fernt Demoſthenes Integrität behaupten zu wollen, gegen welche die
Papiere, die Alexander ſpäter in der Burg zu Sardes fand, nur zu
deutlich zeugen, haben wir dennoch nicht Vorwürfen glauben mögen,
deren Unhaltbarkeit der Zuſammenhang der Verhältniſſe beweiſet.
Oder verſtand Demoſthenes ſeinen Vortheil ſo ſchlecht, daß er, um ei-
nige Talente für ſich behalten zu können, das Glück einer Un-
ternehmung aufs Spiel ſetzte, deren Mislingen ihm nicht bloß ſeine
Popularität, ſondern ſein Vermögen und ſein Leben koſten konnte?
Und wenn wirklich die Beſatzung der Kadmea zu beſtechen möglich
war, konnten die Thebaner nicht mehr fünf Talente aufbringen? Daß
Dinarch in ſeiner Rede gegen Demoſthenes ungefähr daſſelbe mit
Aeſchines berichtet, hebt den apokryphiſchen Charakter dieſer Angaben
nicht auf; cf. Decret. I. apud Plut.
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