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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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den Charakter von heiligen Theoren angenommen hatten, als
solche vor dem Könige erschienen und anbetend nach Hellenischem
Brauch die goldenen Kränze weihten, mit denen die Staaten der
Heimath den Gott König zu ehren wetteiferten. Dann kehrten
auch des Königs Theoren aus dem Ammonium zurück, die an-
gefragt hatten, wie der Gott gebiete, daß Hephästion geehrt
werde; sie brachten die Antwort, man solle ihm wie einem der
Heroen opfern.40) Nach Empfang dieser Botschaft befahl der
König, die Todtenfeier und die ersten Opfer für den Heros He-
phästion zu begehen40a).

Es war ein Theil der Mauern Babylons abgetragen, dort
erhob sich in fünf Absätzen, bis zu einer Höhe von zweihundert Fuß
emporgethürmt, das Prachtgebäude des Scheiterhaufens, zu dem
der König zehntausend Talente bestimmt, die Freunde, die Großen,
die Gesandten, die Babylonier zweitausend Talente hinzugefügt hat-
ten; das Ganze leuchtete von Gold und Purpur, von Gemäl-
den und Bildhauerwerken, auf der Höhe des Gebäudes standen
Sirenenbilder, aus denen herab die Trauerchöre für den Todten
erklangen. Unter Todtenopfern, Trauerzügen und Klagegesängen
ward der Scheiterhaufen den Flammen übergeben; Alexander
war zugegen, vor seinen Augen sank das wundervolle Werk in
Flammen lodernd zusammen, und ließ nichts zurück als Zerstö-
rung und Oede und Trauer um den Verlornen. -- Dann folg-
ten die Opfer zu Ehren des Heros Hephästion; Alexander selbst
weihte dem erhöhten Freunde die ersten Spenden, zehntausend
Opferstiere wurden zu seinem Gedächtniß geopfert und an
das gesammte Heer, das der König zum Festmahl geladen,
vertheilt.

40) Die Schilderung des Scheiterhaufens, wie sie sich bei Dio-
dor findet, ist zu wenig technisch, um danach eine Zeichnung
des Gebäudes mit einiger Sicherheit entwerfen zu können; die
berühmten Entwürfe von Quatremere de Quincy sind alles, nur
nicht im Geist der Hellenischen Architektar.
40a) So nach
Arrian VII. 23. 8; dagegen sagt Diod. XVII. 115, daß das Ammo-
nium göttliche Ehre zu weihen und ihn als paredros (emendirt aus
Lucian. de cal. non cred. 17) anzuflehen geboten habe; für das

den Charakter von heiligen Theoren angenommen hatten, als
ſolche vor dem Koͤnige erſchienen und anbetend nach Helleniſchem
Brauch die goldenen Kraͤnze weihten, mit denen die Staaten der
Heimath den Gott Koͤnig zu ehren wetteiferten. Dann kehrten
auch des Koͤnigs Theoren aus dem Ammonium zuruͤck, die an-
gefragt hatten, wie der Gott gebiete, daß Hephaͤſtion geehrt
werde; ſie brachten die Antwort, man ſolle ihm wie einem der
Heroen opfern.40) Nach Empfang dieſer Botſchaft befahl der
Koͤnig, die Todtenfeier und die erſten Opfer fuͤr den Heros He-
phaͤſtion zu begehen40a).

Es war ein Theil der Mauern Babylons abgetragen, dort
erhob ſich in fuͤnf Abſaͤtzen, bis zu einer Hoͤhe von zweihundert Fuß
emporgethuͤrmt, das Prachtgebaͤude des Scheiterhaufens, zu dem
der Koͤnig zehntauſend Talente beſtimmt, die Freunde, die Großen,
die Geſandten, die Babylonier zweitauſend Talente hinzugefuͤgt hat-
ten; das Ganze leuchtete von Gold und Purpur, von Gemaͤl-
den und Bildhauerwerken, auf der Hoͤhe des Gebaͤudes ſtanden
Sirenenbilder, aus denen herab die Trauerchoͤre fuͤr den Todten
erklangen. Unter Todtenopfern, Trauerzuͤgen und Klagegeſaͤngen
ward der Scheiterhaufen den Flammen uͤbergeben; Alexander
war zugegen, vor ſeinen Augen ſank das wundervolle Werk in
Flammen lodernd zuſammen, und ließ nichts zuruͤck als Zerſtoͤ-
rung und Oede und Trauer um den Verlornen. — Dann folg-
ten die Opfer zu Ehren des Heros Hephaͤſtion; Alexander ſelbſt
weihte dem erhoͤhten Freunde die erſten Spenden, zehntauſend
Opferſtiere wurden zu ſeinem Gedaͤchtniß geopfert und an
das geſammte Heer, das der Koͤnig zum Feſtmahl geladen,
vertheilt.

40) Die Schilderung des Scheiterhaufens, wie ſie ſich bei Dio-
dor findet, iſt zu wenig techniſch, um danach eine Zeichnung
des Gebaͤudes mit einiger Sicherheit entwerfen zu koͤnnen; die
beruͤhmten Entwuͤrfe von Quatremère de Quincy ſind alles, nur
nicht im Geiſt der Helleniſchen Architektar.
40a) So nach
Arrian VII. 23. 8; dagegen ſagt Diod. XVII. 115, daß das Ammo-
nium goͤttliche Ehre zu weihen und ihn als πάϱεδϱος (emendirt aus
Lucian. de cal. non cred. 17) anzuflehen geboten habe; fuͤr das
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[580/0594] den Charakter von heiligen Theoren angenommen hatten, als ſolche vor dem Koͤnige erſchienen und anbetend nach Helleniſchem Brauch die goldenen Kraͤnze weihten, mit denen die Staaten der Heimath den Gott Koͤnig zu ehren wetteiferten. Dann kehrten auch des Koͤnigs Theoren aus dem Ammonium zuruͤck, die an- gefragt hatten, wie der Gott gebiete, daß Hephaͤſtion geehrt werde; ſie brachten die Antwort, man ſolle ihm wie einem der Heroen opfern. 40) Nach Empfang dieſer Botſchaft befahl der Koͤnig, die Todtenfeier und die erſten Opfer fuͤr den Heros He- phaͤſtion zu begehen 40a). Es war ein Theil der Mauern Babylons abgetragen, dort erhob ſich in fuͤnf Abſaͤtzen, bis zu einer Hoͤhe von zweihundert Fuß emporgethuͤrmt, das Prachtgebaͤude des Scheiterhaufens, zu dem der Koͤnig zehntauſend Talente beſtimmt, die Freunde, die Großen, die Geſandten, die Babylonier zweitauſend Talente hinzugefuͤgt hat- ten; das Ganze leuchtete von Gold und Purpur, von Gemaͤl- den und Bildhauerwerken, auf der Hoͤhe des Gebaͤudes ſtanden Sirenenbilder, aus denen herab die Trauerchoͤre fuͤr den Todten erklangen. Unter Todtenopfern, Trauerzuͤgen und Klagegeſaͤngen ward der Scheiterhaufen den Flammen uͤbergeben; Alexander war zugegen, vor ſeinen Augen ſank das wundervolle Werk in Flammen lodernd zuſammen, und ließ nichts zuruͤck als Zerſtoͤ- rung und Oede und Trauer um den Verlornen. — Dann folg- ten die Opfer zu Ehren des Heros Hephaͤſtion; Alexander ſelbſt weihte dem erhoͤhten Freunde die erſten Spenden, zehntauſend Opferſtiere wurden zu ſeinem Gedaͤchtniß geopfert und an das geſammte Heer, das der Koͤnig zum Feſtmahl geladen, vertheilt. 40) Die Schilderung des Scheiterhaufens, wie ſie ſich bei Dio- dor findet, iſt zu wenig techniſch, um danach eine Zeichnung des Gebaͤudes mit einiger Sicherheit entwerfen zu koͤnnen; die beruͤhmten Entwuͤrfe von Quatremère de Quincy ſind alles, nur nicht im Geiſt der Helleniſchen Architektar. 40a) So nach Arrian VII. 23. 8; dagegen ſagt Diod. XVII. 115, daß das Ammo- nium goͤttliche Ehre zu weihen und ihn als πάϱεδϱος (emendirt aus Lucian. de cal. non cred. 17) anzuflehen geboten habe; fuͤr das

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/594>, abgerufen am 22.11.2024.