Königthume den Sieg gegeben; und dieses Königthum eines freien und kräftigen Volkes, diese Monarchie im edelsten Sinne des Wortes gab jetzt dem Leben des Volks die Form, Kraft und Rich- tung, welche die Demokratien von Hellas wohl als wesentlich er- kannt, aber vergebens erstrebt hatten.
Dagegen mußte die Hellenische Bildung, das schöne Resultat jenes vergeblichen Strebens, ganz und vollkommen dem Macedoni- schen Volksleben gegeben, und so das schon von früheren Fürsten mit Erfolg begonnene Streben mit Sorgfalt und Nachdruck fort- gesetzt werden. Das Vorbild des Königs und seines Hofes war hier von der größten Wichtigkeit, und der Adel des Landes trat bald in die eben so natürliche wie ehrenvolle Stellung, den gebilde- ten Theil der Nation auszumachen; ein Unterschied, der sich in kei- nem der Griechischen Hauptstaaten zu entwickeln vermocht hatte, indem die Spartaner alle roh und nur Herren den unfreien La- konen gegenüber waren, die freien Athener aber sich wenigstens selbst ohne Ausnahme für höchst gebildet hielten. Schon Philipp sorgte, so scheint es, durch Einrichtung von Lehrvorträgen aller Art, die zunächst für die Edelknaben in seiner Umgebung bestimmt wa- ren, für die Hellenische Bildung des jungen Adels, den er so viel als möglich an den Hof zu ziehen, an seine Person zu fesseln, und für den unmittelbaren Dienst des Königthums zu gewinnen suchte; als Edelknaben, und bei reiferer Jugend in den Leibschaaren und als Leibwächter (Somatophylakes) des Königs, als Commandi- rende bei den verschiedenen Abtheilungen des Heeres, in Gesandt- schaften an Hellenische Staaten, wie sie so häufig vorkamen, hatte der Adel Gelegenheit genug sich auszuzeichnen oder den Lohn für aus- gezeichnete Dienste zu empfangen; überall aber bedurfte er jener Bil- dung und feinen Attischen Sitte, wie sie der König wünschte und selbst besaß. Sein eifrigster Gegner mußte gestehen, daß Athen kaum einen an feiner Geselligkeit ihm Aehnlichen aufzuweisen habe 13); und wenn der König im häuslichen Kreise Macedonisch und einfach lebte, so waren die Hoffeste, der Empfang fremder Gesandten, die Feier der großen Spiele desto glänzender und Beweis genug, daß das Macedonische Königthum in Bildung und Geschmack nicht mehr
13)Demosthen. de fal. log. p. 575.
Königthume den Sieg gegeben; und dieſes Königthum eines freien und kräftigen Volkes, dieſe Monarchie im edelſten Sinne des Wortes gab jetzt dem Leben des Volks die Form, Kraft und Rich- tung, welche die Demokratien von Hellas wohl als weſentlich er- kannt, aber vergebens erſtrebt hatten.
Dagegen mußte die Helleniſche Bildung, das ſchöne Reſultat jenes vergeblichen Strebens, ganz und vollkommen dem Macedoni- ſchen Volksleben gegeben, und ſo das ſchon von früheren Fürſten mit Erfolg begonnene Streben mit Sorgfalt und Nachdruck fort- geſetzt werden. Das Vorbild des Königs und ſeines Hofes war hier von der größten Wichtigkeit, und der Adel des Landes trat bald in die eben ſo natürliche wie ehrenvolle Stellung, den gebilde- ten Theil der Nation auszumachen; ein Unterſchied, der ſich in kei- nem der Griechiſchen Hauptſtaaten zu entwickeln vermocht hatte, indem die Spartaner alle roh und nur Herren den unfreien La- konen gegenüber waren, die freien Athener aber ſich wenigſtens ſelbſt ohne Ausnahme für höchſt gebildet hielten. Schon Philipp ſorgte, ſo ſcheint es, durch Einrichtung von Lehrvorträgen aller Art, die zunächſt für die Edelknaben in ſeiner Umgebung beſtimmt wa- ren, für die Helleniſche Bildung des jungen Adels, den er ſo viel als möglich an den Hof zu ziehen, an ſeine Perſon zu feſſeln, und für den unmittelbaren Dienſt des Königthums zu gewinnen ſuchte; als Edelknaben, und bei reiferer Jugend in den Leibſchaaren und als Leibwächter (Somatophylakes) des Königs, als Commandi- rende bei den verſchiedenen Abtheilungen des Heeres, in Geſandt- ſchaften an Helleniſche Staaten, wie ſie ſo häufig vorkamen, hatte der Adel Gelegenheit genug ſich auszuzeichnen oder den Lohn für aus- gezeichnete Dienſte zu empfangen; überall aber bedurfte er jener Bil- dung und feinen Attiſchen Sitte, wie ſie der König wünſchte und ſelbſt beſaß. Sein eifrigſter Gegner mußte geſtehen, daß Athen kaum einen an feiner Geſelligkeit ihm Aehnlichen aufzuweiſen habe 13); und wenn der König im häuslichen Kreiſe Macedoniſch und einfach lebte, ſo waren die Hoffeſte, der Empfang fremder Geſandten, die Feier der großen Spiele deſto glänzender und Beweis genug, daß das Macedoniſche Königthum in Bildung und Geſchmack nicht mehr
13)Demosthen. de fal. log. p. 575.
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Königthume den Sieg gegeben; und dieſes Königthum eines freien
und kräftigen Volkes, dieſe Monarchie im edelſten Sinne des
Wortes gab jetzt dem Leben des Volks die Form, Kraft und Rich-
tung, welche die Demokratien von Hellas wohl als weſentlich er-
kannt, aber vergebens erſtrebt hatten.
Dagegen mußte die Helleniſche Bildung, das ſchöne Reſultat
jenes vergeblichen Strebens, ganz und vollkommen dem Macedoni-
ſchen Volksleben gegeben, und ſo das ſchon von früheren Fürſten
mit Erfolg begonnene Streben mit Sorgfalt und Nachdruck fort-
geſetzt werden. Das Vorbild des Königs und ſeines Hofes war
hier von der größten Wichtigkeit, und der Adel des Landes trat
bald in die eben ſo natürliche wie ehrenvolle Stellung, den gebilde-
ten Theil der Nation auszumachen; ein Unterſchied, der ſich in kei-
nem der Griechiſchen Hauptſtaaten zu entwickeln vermocht hatte,
indem die Spartaner alle roh und nur Herren den unfreien La-
konen gegenüber waren, die freien Athener aber ſich wenigſtens
ſelbſt ohne Ausnahme für höchſt gebildet hielten. Schon Philipp
ſorgte, ſo ſcheint es, durch Einrichtung von Lehrvorträgen aller Art,
die zunächſt für die Edelknaben in ſeiner Umgebung beſtimmt wa-
ren, für die Helleniſche Bildung des jungen Adels, den er ſo viel
als möglich an den Hof zu ziehen, an ſeine Perſon zu feſſeln, und
für den unmittelbaren Dienſt des Königthums zu gewinnen ſuchte;
als Edelknaben, und bei reiferer Jugend in den Leibſchaaren
und als Leibwächter (Somatophylakes) des Königs, als Commandi-
rende bei den verſchiedenen Abtheilungen des Heeres, in Geſandt-
ſchaften an Helleniſche Staaten, wie ſie ſo häufig vorkamen, hatte
der Adel Gelegenheit genug ſich auszuzeichnen oder den Lohn für aus-
gezeichnete Dienſte zu empfangen; überall aber bedurfte er jener Bil-
dung und feinen Attiſchen Sitte, wie ſie der König wünſchte und ſelbſt
beſaß. Sein eifrigſter Gegner mußte geſtehen, daß Athen kaum
einen an feiner Geſelligkeit ihm Aehnlichen aufzuweiſen habe 13);
und wenn der König im häuslichen Kreiſe Macedoniſch und einfach
lebte, ſo waren die Hoffeſte, der Empfang fremder Geſandten, die
Feier der großen Spiele deſto glänzender und Beweis genug, daß
das Macedoniſche Königthum in Bildung und Geſchmack nicht mehr
13) Demosthen. de fal. log. p. 575.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/56>, abgerufen am 23.11.2024.
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