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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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gegeben hatte 46b), steuerte er in den Tigris hinein und den Fluß
stromauf; bald traf er die übrigen Schiffe und nach einiger Fahrt
das Landheer unter Hephästion, das an den Ufern des Stromes
lagerte. Bei der weiteren Fahrt stieß die Flotte mehr als einmal
auf mächtige Flußdämme, welche von den Persern errichtet wor-
den waren, angeblich um jeden feindlichen Einfall vom Meere
her unmöglich zu machen; Alexander ließ, nicht bloß weil er An-
griffe von der See her nicht weiter fürchtete, sondern besonders,
um den Strom für Handel und Schifffahrt zu öffnen, diese
Dämme, wo er sie fand, einreißen; zu gleicher Zeit traf er die
nöthigen Einrichtungen, um die Kanäle, die theils verstopft wa-
ren, theils ihre Deiche durchbrochen hatten, theils ganz versandet
waren, wieder zu reinigen und mit den nöthigen Schleusen und
Deichen zu versehen 47).

Es mochte im Monat Juli sein, als Heer und Flotte in
Opis anlangten 48); man lagerte in der Umgegend der reichen

46b) cf. Plinius VI. 26., cf. Mannert p. 421.; die Stadt
wurde auf einer Erdaufschüttung zehn Stadien vom Meere ent-
fernt erbaut und theils mit Macedoniern, theils mit der Einwoh-
nerschaft der früher königlichen Stadt Durine bevölkert.
47) Arrian. VII. 7. Ueber diese höchst wichtigen Wasserbauten im
Tigris s. Strabo XVI. p. 338. Die Flußdämme heißen bei den
Alten Katarakten, und in Beziehung auf sie ist der Feldzug des
Kaiser Julian in diesen Gegenden höchst belehrend; auch er mußte
avellere cataractas, wie Ammian Marcell. XXIV. c. 6. sagt,
um den Königs-Kanal (Naarmalcha bei Ammian und in
neuerer Zeit) befahren zu können. Einen Flußdamm dieser Art
glaube ich in den Ruinen zu erkennen, die Mignan p. 30.
als die einer Brücke beschrieben und aufgezeichnet hat; es stehen
noch drei Pfeiler in Mitten des Stromes, mit einander durch
Mauern verbunden, ohne daß irgend eine Oeffnung zum Durch-
strömen des Wassers zu finden ist; das Material ist dasselbe, wie
in den Ruinen von Babylon; auch Kinneir travels in Asia mi-
nor etc. p.
501. erwähnt dieses Gebäudes; ein Aehnliches be-
schreibt Niebuhr II. 243.
48) Die Lage von Opis nehme ich
mit Rennel bei Al Howasch an. Die Zeit der Ankunft läßt sich
nicht genauer bestimmen. Von Basra bis Bagdad ist zu Wasser

gegeben hatte 46b), ſteuerte er in den Tigris hinein und den Fluß
ſtromauf; bald traf er die uͤbrigen Schiffe und nach einiger Fahrt
das Landheer unter Hephaͤſtion, das an den Ufern des Stromes
lagerte. Bei der weiteren Fahrt ſtieß die Flotte mehr als einmal
auf maͤchtige Flußdaͤmme, welche von den Perſern errichtet wor-
den waren, angeblich um jeden feindlichen Einfall vom Meere
her unmoͤglich zu machen; Alexander ließ, nicht bloß weil er An-
griffe von der See her nicht weiter fuͤrchtete, ſondern beſonders,
um den Strom fuͤr Handel und Schifffahrt zu oͤffnen, dieſe
Daͤmme, wo er ſie fand, einreißen; zu gleicher Zeit traf er die
noͤthigen Einrichtungen, um die Kanaͤle, die theils verſtopft wa-
ren, theils ihre Deiche durchbrochen hatten, theils ganz verſandet
waren, wieder zu reinigen und mit den noͤthigen Schleuſen und
Deichen zu verſehen 47).

Es mochte im Monat Juli ſein, als Heer und Flotte in
Opis anlangten 48); man lagerte in der Umgegend der reichen

46b) cf. Plinius VI. 26., cf. Mannert p. 421.; die Stadt
wurde auf einer Erdaufſchuͤttung zehn Stadien vom Meere ent-
fernt erbaut und theils mit Macedoniern, theils mit der Einwoh-
nerſchaft der fruͤher koͤniglichen Stadt Durine bevoͤlkert.
47) Arrian. VII. 7. Ueber dieſe hoͤchſt wichtigen Waſſerbauten im
Tigris ſ. Strabo XVI. p. 338. Die Flußdaͤmme heißen bei den
Alten Katarakten, und in Beziehung auf ſie iſt der Feldzug des
Kaiſer Julian in dieſen Gegenden hoͤchſt belehrend; auch er mußte
avellere cataractas, wie Ammian Marcell. XXIV. c. 6. ſagt,
um den Koͤnigs-Kanal (Naarmalcha bei Ammian und in
neuerer Zeit) befahren zu koͤnnen. Einen Flußdamm dieſer Art
glaube ich in den Ruinen zu erkennen, die Mignan p. 30.
als die einer Bruͤcke beſchrieben und aufgezeichnet hat; es ſtehen
noch drei Pfeiler in Mitten des Stromes, mit einander durch
Mauern verbunden, ohne daß irgend eine Oeffnung zum Durch-
ſtroͤmen des Waſſers zu finden iſt; das Material iſt daſſelbe, wie
in den Ruinen von Babylon; auch Kinneir travels in Asia mi-
nor etc. p.
501. erwaͤhnt dieſes Gebaͤudes; ein Aehnliches be-
ſchreibt Niebuhr II. 243.
48) Die Lage von Opis nehme ich
mit Rennel bei Al Howaſch an. Die Zeit der Ankunft laͤßt ſich
nicht genauer beſtimmen. Von Baſra bis Bagdad iſt zu Waſſer
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[509/0523] gegeben hatte 46b), ſteuerte er in den Tigris hinein und den Fluß ſtromauf; bald traf er die uͤbrigen Schiffe und nach einiger Fahrt das Landheer unter Hephaͤſtion, das an den Ufern des Stromes lagerte. Bei der weiteren Fahrt ſtieß die Flotte mehr als einmal auf maͤchtige Flußdaͤmme, welche von den Perſern errichtet wor- den waren, angeblich um jeden feindlichen Einfall vom Meere her unmoͤglich zu machen; Alexander ließ, nicht bloß weil er An- griffe von der See her nicht weiter fuͤrchtete, ſondern beſonders, um den Strom fuͤr Handel und Schifffahrt zu oͤffnen, dieſe Daͤmme, wo er ſie fand, einreißen; zu gleicher Zeit traf er die noͤthigen Einrichtungen, um die Kanaͤle, die theils verſtopft wa- ren, theils ihre Deiche durchbrochen hatten, theils ganz verſandet waren, wieder zu reinigen und mit den noͤthigen Schleuſen und Deichen zu verſehen 47). Es mochte im Monat Juli ſein, als Heer und Flotte in Opis anlangten 48); man lagerte in der Umgegend der reichen 46b) cf. Plinius VI. 26., cf. Mannert p. 421.; die Stadt wurde auf einer Erdaufſchuͤttung zehn Stadien vom Meere ent- fernt erbaut und theils mit Macedoniern, theils mit der Einwoh- nerſchaft der fruͤher koͤniglichen Stadt Durine bevoͤlkert. 47) Arrian. VII. 7. Ueber dieſe hoͤchſt wichtigen Waſſerbauten im Tigris ſ. Strabo XVI. p. 338. Die Flußdaͤmme heißen bei den Alten Katarakten, und in Beziehung auf ſie iſt der Feldzug des Kaiſer Julian in dieſen Gegenden hoͤchſt belehrend; auch er mußte avellere cataractas, wie Ammian Marcell. XXIV. c. 6. ſagt, um den Koͤnigs-Kanal (Naarmalcha bei Ammian und in neuerer Zeit) befahren zu koͤnnen. Einen Flußdamm dieſer Art glaube ich in den Ruinen zu erkennen, die Mignan p. 30. als die einer Bruͤcke beſchrieben und aufgezeichnet hat; es ſtehen noch drei Pfeiler in Mitten des Stromes, mit einander durch Mauern verbunden, ohne daß irgend eine Oeffnung zum Durch- ſtroͤmen des Waſſers zu finden iſt; das Material iſt daſſelbe, wie in den Ruinen von Babylon; auch Kinneir travels in Asia mi- nor etc. p. 501. erwaͤhnt dieſes Gebaͤudes; ein Aehnliches be- ſchreibt Niebuhr II. 243. 48) Die Lage von Opis nehme ich mit Rennel bei Al Howaſch an. Die Zeit der Ankunft laͤßt ſich nicht genauer beſtimmen. Von Baſra bis Bagdad iſt zu Waſſer

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/523>, abgerufen am 22.11.2024.