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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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theilte Alexander an die durch Tapferkeit, durchkämpfte Gefahr
oder treuen Dienst um seine Person Ausgezeichneten wahrhaft
königliche Geschenke; er kränzte mit goldenen Kränzen den Leib-
wächter Peucestas, den Satrapen in Persis, der ihn in der Mallier-
stadt mit dem Schilde gedeckt, den Leibwächter Leonnat, den Befehls-
haber im Oriterlande, der bei eben jenem gefährlichen Sturm an
seiner Seite gekämpft, am Flusse Tomerus die Barbaren besiegt
und mit glücklichem Eifer die Angelegenheiten in Ora geordnet
hatte, ferner den Leibwächter und Admiral Nearch, der das kühne
Unternehmen einer Seefahrt vom Indus zum Euphrat so ruhm-
voll durchgeführt, den Onesikrit, den Führer des königlichen Schif-
fes auf dem Indus und vom Indus gen Susa, ingleichen den
treuen Hephästion und die übrigen Leibwächter, namentlich
den Pelläer Lysimachus, den Aristonus, des Pisäus Sohn, den
Hipparchen Perdikkas, den Lagiden Ptolemäus und Pithon von
Eeordäa 39).

Allen diesen großen und prächtigen Festen, mit denen das
große Beilager von Susa verherrlicht wurde, sollte sich noch un-
erwartet eine Feierlichkeit von seltener und ergreifender Art zuge-
sellen. Aus Indien her war einer jener Büßer auf dem Felde
von Taxila, auf Alexanders Einladung, dessen Macht und dessen
Liebe zur Weisheit er bewunderte, trotz seines Meisters Unwillen
und seiner Mitbüßer Spott dem Macedonischen Heere gefolgt;
sein hoher Ernst, seine Weisheit und Frömmigkeit hatte ihm die
Hochachtung des Königs und allgemeine Verehrung im Heere er-
worben, und viele edle Macedonier, namentlich der Lagide Ptole-
mäus und Lysimachus der Leibwächter, suchten seinen belehrenden
Umgang; sie nannten ihn Kalanus, denn mit diesem Worte
pflegte er zu begrüßen; sein einheimischer Name soll Sphines ge-
wesen sein; er war ein Greis von mehr denn siebzig Jahren; er
hatte nie gekrankt, es war im Persischen Lande, wo er zum ersten
Male in seinem Leben sich krank fühlte. Da sprach er zum Kö-
nige, er wolle nicht ein Leben des Siechthums führen, es sei

de fort. Alex. 2. war es Tarras, offenbar derselbe Atarras, der
p. 294. erwähnt ist.
39) Arrian. l. c. cf. VI. 28.

theilte Alexander an die durch Tapferkeit, durchkaͤmpfte Gefahr
oder treuen Dienſt um ſeine Perſon Ausgezeichneten wahrhaft
koͤnigliche Geſchenke; er kraͤnzte mit goldenen Kraͤnzen den Leib-
waͤchter Peuceſtas, den Satrapen in Perſis, der ihn in der Mallier-
ſtadt mit dem Schilde gedeckt, den Leibwaͤchter Leonnat, den Befehls-
haber im Oriterlande, der bei eben jenem gefaͤhrlichen Sturm an
ſeiner Seite gekaͤmpft, am Fluſſe Tomerus die Barbaren beſiegt
und mit gluͤcklichem Eifer die Angelegenheiten in Ora geordnet
hatte, ferner den Leibwaͤchter und Admiral Nearch, der das kuͤhne
Unternehmen einer Seefahrt vom Indus zum Euphrat ſo ruhm-
voll durchgefuͤhrt, den Oneſikrit, den Fuͤhrer des koͤniglichen Schif-
fes auf dem Indus und vom Indus gen Suſa, ingleichen den
treuen Hephaͤſtion und die uͤbrigen Leibwaͤchter, namentlich
den Pellaͤer Lyſimachus, den Ariſtonus, des Piſaͤus Sohn, den
Hipparchen Perdikkas, den Lagiden Ptolemaͤus und Pithon von
Eeordaͤa 39).

Allen dieſen großen und praͤchtigen Feſten, mit denen das
große Beilager von Suſa verherrlicht wurde, ſollte ſich noch un-
erwartet eine Feierlichkeit von ſeltener und ergreifender Art zuge-
ſellen. Aus Indien her war einer jener Buͤßer auf dem Felde
von Taxila, auf Alexanders Einladung, deſſen Macht und deſſen
Liebe zur Weisheit er bewunderte, trotz ſeines Meiſters Unwillen
und ſeiner Mitbuͤßer Spott dem Macedoniſchen Heere gefolgt;
ſein hoher Ernſt, ſeine Weisheit und Froͤmmigkeit hatte ihm die
Hochachtung des Koͤnigs und allgemeine Verehrung im Heere er-
worben, und viele edle Macedonier, namentlich der Lagide Ptole-
maͤus und Lyſimachus der Leibwaͤchter, ſuchten ſeinen belehrenden
Umgang; ſie nannten ihn Kalanus, denn mit dieſem Worte
pflegte er zu begruͤßen; ſein einheimiſcher Name ſoll Sphines ge-
weſen ſein; er war ein Greis von mehr denn ſiebzig Jahren; er
hatte nie gekrankt, es war im Perſiſchen Lande, wo er zum erſten
Male in ſeinem Leben ſich krank fuͤhlte. Da ſprach er zum Koͤ-
nige, er wolle nicht ein Leben des Siechthums fuͤhren, es ſei

de fort. Alex. 2. war es Tarras, offenbar derſelbe Atarras, der
p. 294. erwaͤhnt iſt.
39) Arrian. l. c. cf. VI. 28.
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[501/0515] theilte Alexander an die durch Tapferkeit, durchkaͤmpfte Gefahr oder treuen Dienſt um ſeine Perſon Ausgezeichneten wahrhaft koͤnigliche Geſchenke; er kraͤnzte mit goldenen Kraͤnzen den Leib- waͤchter Peuceſtas, den Satrapen in Perſis, der ihn in der Mallier- ſtadt mit dem Schilde gedeckt, den Leibwaͤchter Leonnat, den Befehls- haber im Oriterlande, der bei eben jenem gefaͤhrlichen Sturm an ſeiner Seite gekaͤmpft, am Fluſſe Tomerus die Barbaren beſiegt und mit gluͤcklichem Eifer die Angelegenheiten in Ora geordnet hatte, ferner den Leibwaͤchter und Admiral Nearch, der das kuͤhne Unternehmen einer Seefahrt vom Indus zum Euphrat ſo ruhm- voll durchgefuͤhrt, den Oneſikrit, den Fuͤhrer des koͤniglichen Schif- fes auf dem Indus und vom Indus gen Suſa, ingleichen den treuen Hephaͤſtion und die uͤbrigen Leibwaͤchter, namentlich den Pellaͤer Lyſimachus, den Ariſtonus, des Piſaͤus Sohn, den Hipparchen Perdikkas, den Lagiden Ptolemaͤus und Pithon von Eeordaͤa 39). Allen dieſen großen und praͤchtigen Feſten, mit denen das große Beilager von Suſa verherrlicht wurde, ſollte ſich noch un- erwartet eine Feierlichkeit von ſeltener und ergreifender Art zuge- ſellen. Aus Indien her war einer jener Buͤßer auf dem Felde von Taxila, auf Alexanders Einladung, deſſen Macht und deſſen Liebe zur Weisheit er bewunderte, trotz ſeines Meiſters Unwillen und ſeiner Mitbuͤßer Spott dem Macedoniſchen Heere gefolgt; ſein hoher Ernſt, ſeine Weisheit und Froͤmmigkeit hatte ihm die Hochachtung des Koͤnigs und allgemeine Verehrung im Heere er- worben, und viele edle Macedonier, namentlich der Lagide Ptole- maͤus und Lyſimachus der Leibwaͤchter, ſuchten ſeinen belehrenden Umgang; ſie nannten ihn Kalanus, denn mit dieſem Worte pflegte er zu begruͤßen; ſein einheimiſcher Name ſoll Sphines ge- weſen ſein; er war ein Greis von mehr denn ſiebzig Jahren; er hatte nie gekrankt, es war im Perſiſchen Lande, wo er zum erſten Male in ſeinem Leben ſich krank fuͤhlte. Da ſprach er zum Koͤ- nige, er wolle nicht ein Leben des Siechthums fuͤhren, es ſei 38) 39) Arrian. l. c. cf. VI. 28. 38) de fort. Alex. 2. war es Tarras, offenbar derſelbe Atarras, der p. 294. erwaͤhnt iſt.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/515>, abgerufen am 22.11.2024.