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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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So erreichte das Heer endlich das Ziel seines Weges, aber
in welchem Zustande! Der Marsch von der Oriten Grenze durch
die Wüste hatte sechzig Tage gewährt 10), aber die Leiden und
Verluste auf diesem Marsche waren größer als alles Frühere zu-
sammen genommen. Das Heer, das so stolz und reich aus In-
dien ausgezogen, war auf ein Viertel zusammengeschmolzen, und
dieser traurige Ueberrest des welterobernden Heeres war abgezehrt
und entstellt, in zerlumpten Kleidern, fast ohne Waffen, die weni-
gen Pferde abgemagert und elend, das Ganze ein Aufzug des
tiefsten Elends, der Auflösung und Niedergeschlagenheit. So kam
der König gen Pura. Hier ließ er rasten, damit sich die erschöpf-
ten Truppen erholten und die auf dem Wege Verirrten sich sam-
melten. Der Satrap über Oritis und Gedrosien, der den Befehl
erhalten, die Wege der Wüste mit Vorräthen versorgen zu lassen,
und durch dessen Fahrlässigkeit dem Heere selbst noch die Erleich-
terung, welche die Wüste gestattet hätte, entzogen worden war,
erhielt von hier aus seine Entlassung; Thoas wurde zu seinem
Nachfolger in der Satrapie bestimmt 11).

Dann brach Alexander nach Karamanien auf, wo er den
Kraterus mit seinem Heere und mehrere Befehlshaber der oberen

und Bunpur, fast 30 Meilen landein, für die der alten Landesre-
sidenz zu halten sein, da sie in dem fruchtbaren Theil Gedrosiens
und auf dem Wege von der Küste zum oberen Karamanien belegen
war; cf. Vincent p. 303. Der Weg Alexanders dürfte dann ziemlich
der des Capitain Grant, der von Bunpur und Geh bis zur Küste
hinab ging, sein. Alexander durfte sie hier verlassen, ohne für seine
Flotte im Weiteren sorgen zu brauchen, da demnächst die wirth-
barere Küste von Karamanien beginnt.
10) Diese sechzig Tage
scheinen im Widerspruch mit der Angabe von den ungeheueren Ta-
gemärschen von vierhundert, ja sechshundert Stadien, die Alexan-
der gemacht haben soll. Die gerade Distanz von der Oriter Gränze
bis Bunpur sind fast hundert Meilen, dazu die Verirrungen, das
Hinabgehen zur Küste und die Rückkehr ins Innere, möchten den
Weg um die Hälfte vergrößert haben; das gäbe durchschnittlich
auf den Tag zwei und eine halbe Meile, was schon hinreichend in
solchem Terrain.
11) Arrian. VI. 22. 1. Apollophanes war
während der Zeit im Kampfe gegen die Oriten gefallen. (s. u.)

So erreichte das Heer endlich das Ziel ſeines Weges, aber
in welchem Zuſtande! Der Marſch von der Oriten Grenze durch
die Wuͤſte hatte ſechzig Tage gewaͤhrt 10), aber die Leiden und
Verluſte auf dieſem Marſche waren groͤßer als alles Fruͤhere zu-
ſammen genommen. Das Heer, das ſo ſtolz und reich aus In-
dien ausgezogen, war auf ein Viertel zuſammengeſchmolzen, und
dieſer traurige Ueberreſt des welterobernden Heeres war abgezehrt
und entſtellt, in zerlumpten Kleidern, faſt ohne Waffen, die weni-
gen Pferde abgemagert und elend, das Ganze ein Aufzug des
tiefſten Elends, der Aufloͤſung und Niedergeſchlagenheit. So kam
der Koͤnig gen Pura. Hier ließ er raſten, damit ſich die erſchoͤpf-
ten Truppen erholten und die auf dem Wege Verirrten ſich ſam-
melten. Der Satrap uͤber Oritis und Gedroſien, der den Befehl
erhalten, die Wege der Wuͤſte mit Vorraͤthen verſorgen zu laſſen,
und durch deſſen Fahrlaͤſſigkeit dem Heere ſelbſt noch die Erleich-
terung, welche die Wuͤſte geſtattet haͤtte, entzogen worden war,
erhielt von hier aus ſeine Entlaſſung; Thoas wurde zu ſeinem
Nachfolger in der Satrapie beſtimmt 11).

Dann brach Alexander nach Karamanien auf, wo er den
Kraterus mit ſeinem Heere und mehrere Befehlshaber der oberen

und Bunpur, faſt 30 Meilen landein, fuͤr die der alten Landesre-
ſidenz zu halten ſein, da ſie in dem fruchtbaren Theil Gedroſiens
und auf dem Wege von der Kuͤſte zum oberen Karamanien belegen
war; cf. Vincent p. 303. Der Weg Alexanders duͤrfte dann ziemlich
der des Capitain Grant, der von Bunpur und Geh bis zur Kuͤſte
hinab ging, ſein. Alexander durfte ſie hier verlaſſen, ohne fuͤr ſeine
Flotte im Weiteren ſorgen zu brauchen, da demnaͤchſt die wirth-
barere Kuͤſte von Karamanien beginnt.
10) Dieſe ſechzig Tage
ſcheinen im Widerſpruch mit der Angabe von den ungeheueren Ta-
gemaͤrſchen von vierhundert, ja ſechshundert Stadien, die Alexan-
der gemacht haben ſoll. Die gerade Diſtanz von der Oriter Graͤnze
bis Bunpur ſind faſt hundert Meilen, dazu die Verirrungen, das
Hinabgehen zur Kuͤſte und die Ruͤckkehr ins Innere, moͤchten den
Weg um die Haͤlfte vergroͤßert haben; das gaͤbe durchſchnittlich
auf den Tag zwei und eine halbe Meile, was ſchon hinreichend in
ſolchem Terrain.
11) Arrian. VI. 22. 1. Apollophanes war
waͤhrend der Zeit im Kampfe gegen die Oriten gefallen. (ſ. u.)
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[476/0490] So erreichte das Heer endlich das Ziel ſeines Weges, aber in welchem Zuſtande! Der Marſch von der Oriten Grenze durch die Wuͤſte hatte ſechzig Tage gewaͤhrt 10), aber die Leiden und Verluſte auf dieſem Marſche waren groͤßer als alles Fruͤhere zu- ſammen genommen. Das Heer, das ſo ſtolz und reich aus In- dien ausgezogen, war auf ein Viertel zuſammengeſchmolzen, und dieſer traurige Ueberreſt des welterobernden Heeres war abgezehrt und entſtellt, in zerlumpten Kleidern, faſt ohne Waffen, die weni- gen Pferde abgemagert und elend, das Ganze ein Aufzug des tiefſten Elends, der Aufloͤſung und Niedergeſchlagenheit. So kam der Koͤnig gen Pura. Hier ließ er raſten, damit ſich die erſchoͤpf- ten Truppen erholten und die auf dem Wege Verirrten ſich ſam- melten. Der Satrap uͤber Oritis und Gedroſien, der den Befehl erhalten, die Wege der Wuͤſte mit Vorraͤthen verſorgen zu laſſen, und durch deſſen Fahrlaͤſſigkeit dem Heere ſelbſt noch die Erleich- terung, welche die Wuͤſte geſtattet haͤtte, entzogen worden war, erhielt von hier aus ſeine Entlaſſung; Thoas wurde zu ſeinem Nachfolger in der Satrapie beſtimmt 11). Dann brach Alexander nach Karamanien auf, wo er den Kraterus mit ſeinem Heere und mehrere Befehlshaber der oberen 9) 10) Dieſe ſechzig Tage ſcheinen im Widerſpruch mit der Angabe von den ungeheueren Ta- gemaͤrſchen von vierhundert, ja ſechshundert Stadien, die Alexan- der gemacht haben ſoll. Die gerade Diſtanz von der Oriter Graͤnze bis Bunpur ſind faſt hundert Meilen, dazu die Verirrungen, das Hinabgehen zur Kuͤſte und die Ruͤckkehr ins Innere, moͤchten den Weg um die Haͤlfte vergroͤßert haben; das gaͤbe durchſchnittlich auf den Tag zwei und eine halbe Meile, was ſchon hinreichend in ſolchem Terrain. 11) Arrian. VI. 22. 1. Apollophanes war waͤhrend der Zeit im Kampfe gegen die Oriten gefallen. (ſ. u.) 9) und Bunpur, faſt 30 Meilen landein, fuͤr die der alten Landesre- ſidenz zu halten ſein, da ſie in dem fruchtbaren Theil Gedroſiens und auf dem Wege von der Kuͤſte zum oberen Karamanien belegen war; cf. Vincent p. 303. Der Weg Alexanders duͤrfte dann ziemlich der des Capitain Grant, der von Bunpur und Geh bis zur Kuͤſte hinab ging, ſein. Alexander durfte ſie hier verlaſſen, ohne fuͤr ſeine Flotte im Weiteren ſorgen zu brauchen, da demnaͤchſt die wirth- barere Kuͤſte von Karamanien beginnt.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/490>, abgerufen am 22.11.2024.