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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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machte bei deren Hauptstadt 102) Halt; sie wurde unter dem
Namen des Sogdischen Alexandrien zu einer Hellenischen Kolonie
gemacht, bedeutend befestigt, mit Hafen und Schiffswerften verse-
hen und dem Satrapen des unteren Indus, dessen Gebiet sich
von der Punjundmündung bis zum Meere erstrecken sollte, als
Residenz angewiesen, Pithon aber mit einem Heere von zehntau-
send Mann zum Satrapen bestellt 102b).

Die Stelle des Sogdischen Alexandrien ist für den unteren
Lauf des Indus eine der wichtigsten; hier beginnt sich der Cha-
rakter des Stromes, der Landschaft, der Bevölkerung entschieden
zu ändern. Die Wüsten, die oberhalb noch an die beiden Ufer
herantreten, weichen zurück, der Indus theilt sich in mehrere Ar-
me, fruchtreiches, dichtbevölkertes Marschland dehnt sich längs den
Ufern aus, bald wird die Nähe Oceanischer Einflüsse merkbar.
Hierzu kommt ein zweites, nicht minder merkwürdiges Verhältniß;
101)

102) Vincent p. 119 sq. und Pottinger p. 382. finden, gewiß
mit Recht, die Lage dieser Stadt in dem heutigen Bhukor wieder;
den Namen Alexandrien führte sie nach dem ausdrücklichen Zeug-
niß des Curtius IX. 8. 8. und nach Steph. Byz., der sie nach
dem Namen des umwohnenden Volkes bezeichnet. Die zehntausend
Mann, die hier zurück blieben, giebt Diodor an. Pithon oder Peithon,
nicht Python scheint der Name des Satrapen, der sowohl von Pithon,
Krateas Sohn aus Eordäa, als auch von Python von Catana
oder Byzanz (Athenäus), dem angeblichen Dichter des Satyrspiels
Agen, zu unterscheiden ist.
102b) "Pithon und Oxyartes" sagt
Arrian. Näheres darüber unten Note 112 c. -- Die Sogdi hält
Tod I. p. 92. für Soda's, die zu den Pramara's gehören.
101) den Handel gelegen war, hat Vincent p. 136. ausführlicher ge-
zeigt. Es darf nicht auffallen, daß ihrer in späterer Zeit nicht
mehr erwähnt wird. Die Berichte aus der Zeit des Baktrianischen,
des Indoscythischen Reiches sind zu ärmlich, als daß man dasjenige,
was sie nicht nennen, für nicht mehr vorhanden halten müßte.
Daß Alexander die Wüstenstrecke gen Osten nicht unberücksichtigt
ließ, scheinen die Traditionen jener Gegend zu bestätigen. Unter
den Johyas hat sich das Andenken an Secander Rumi erhalten,
und die Ruinen von Rung-mahl bei Dandusir sollen die Haupt-
stadt eines Fürsten gewesen und von Alexander zerstört worden
sein. Asiatic Journal. 1832. Mai p. 60. Tod II. p. 214.

machte bei deren Hauptſtadt 102) Halt; ſie wurde unter dem
Namen des Sogdiſchen Alexandrien zu einer Helleniſchen Kolonie
gemacht, bedeutend befeſtigt, mit Hafen und Schiffswerften verſe-
hen und dem Satrapen des unteren Indus, deſſen Gebiet ſich
von der Punjundmuͤndung bis zum Meere erſtrecken ſollte, als
Reſidenz angewieſen, Pithon aber mit einem Heere von zehntau-
ſend Mann zum Satrapen beſtellt 102b).

Die Stelle des Sogdiſchen Alexandrien iſt fuͤr den unteren
Lauf des Indus eine der wichtigſten; hier beginnt ſich der Cha-
rakter des Stromes, der Landſchaft, der Bevoͤlkerung entſchieden
zu aͤndern. Die Wuͤſten, die oberhalb noch an die beiden Ufer
herantreten, weichen zuruͤck, der Indus theilt ſich in mehrere Ar-
me, fruchtreiches, dichtbevoͤlkertes Marſchland dehnt ſich laͤngs den
Ufern aus, bald wird die Naͤhe Oceaniſcher Einfluͤſſe merkbar.
Hierzu kommt ein zweites, nicht minder merkwuͤrdiges Verhaͤltniß;
101)

102) Vincent p. 119 sq. und Pottinger p. 382. finden, gewiß
mit Recht, die Lage dieſer Stadt in dem heutigen Bhukor wieder;
den Namen Alexandrien fuͤhrte ſie nach dem ausdruͤcklichen Zeug-
niß des Curtius IX. 8. 8. und nach Steph. Byz., der ſie nach
dem Namen des umwohnenden Volkes bezeichnet. Die zehntauſend
Mann, die hier zuruͤck blieben, giebt Diodor an. Pithon oder Peithon,
nicht Python ſcheint der Name des Satrapen, der ſowohl von Pithon,
Krateas Sohn aus Eordaͤa, als auch von Python von Catana
oder Byzanz (Athenäus), dem angeblichen Dichter des Satyrſpiels
Agen, zu unterſcheiden iſt.
102b) „Pithon und Oxyartes“ ſagt
Arrian. Naͤheres daruͤber unten Note 112 c. — Die Sogdi haͤlt
Tod I. p. 92. fuͤr Soda’s, die zu den Pramara’s gehoͤren.
101) den Handel gelegen war, hat Vincent p. 136. ausfuͤhrlicher ge-
zeigt. Es darf nicht auffallen, daß ihrer in ſpaͤterer Zeit nicht
mehr erwaͤhnt wird. Die Berichte aus der Zeit des Baktrianiſchen,
des Indoſcythiſchen Reiches ſind zu aͤrmlich, als daß man dasjenige,
was ſie nicht nennen, fuͤr nicht mehr vorhanden halten muͤßte.
Daß Alexander die Wuͤſtenſtrecke gen Oſten nicht unberuͤckſichtigt
ließ, ſcheinen die Traditionen jener Gegend zu beſtaͤtigen. Unter
den Johyas hat ſich das Andenken an Secander Rumi erhalten,
und die Ruinen von Rung-mahl bei Danduſir ſollen die Haupt-
ſtadt eines Fuͤrſten geweſen und von Alexander zerſtoͤrt worden
ſein. Asiatic Journal. 1832. Mai p. 60. Tod II. p. 214.
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[446/0460] machte bei deren Hauptſtadt 102) Halt; ſie wurde unter dem Namen des Sogdiſchen Alexandrien zu einer Helleniſchen Kolonie gemacht, bedeutend befeſtigt, mit Hafen und Schiffswerften verſe- hen und dem Satrapen des unteren Indus, deſſen Gebiet ſich von der Punjundmuͤndung bis zum Meere erſtrecken ſollte, als Reſidenz angewieſen, Pithon aber mit einem Heere von zehntau- ſend Mann zum Satrapen beſtellt 102b). Die Stelle des Sogdiſchen Alexandrien iſt fuͤr den unteren Lauf des Indus eine der wichtigſten; hier beginnt ſich der Cha- rakter des Stromes, der Landſchaft, der Bevoͤlkerung entſchieden zu aͤndern. Die Wuͤſten, die oberhalb noch an die beiden Ufer herantreten, weichen zuruͤck, der Indus theilt ſich in mehrere Ar- me, fruchtreiches, dichtbevoͤlkertes Marſchland dehnt ſich laͤngs den Ufern aus, bald wird die Naͤhe Oceaniſcher Einfluͤſſe merkbar. Hierzu kommt ein zweites, nicht minder merkwuͤrdiges Verhaͤltniß; 101) 102) Vincent p. 119 sq. und Pottinger p. 382. finden, gewiß mit Recht, die Lage dieſer Stadt in dem heutigen Bhukor wieder; den Namen Alexandrien fuͤhrte ſie nach dem ausdruͤcklichen Zeug- niß des Curtius IX. 8. 8. und nach Steph. Byz., der ſie nach dem Namen des umwohnenden Volkes bezeichnet. Die zehntauſend Mann, die hier zuruͤck blieben, giebt Diodor an. Pithon oder Peithon, nicht Python ſcheint der Name des Satrapen, der ſowohl von Pithon, Krateas Sohn aus Eordaͤa, als auch von Python von Catana oder Byzanz (Athenäus), dem angeblichen Dichter des Satyrſpiels Agen, zu unterſcheiden iſt. 102b) „Pithon und Oxyartes“ ſagt Arrian. Naͤheres daruͤber unten Note 112 c. — Die Sogdi haͤlt Tod I. p. 92. fuͤr Soda’s, die zu den Pramara’s gehoͤren. 101) den Handel gelegen war, hat Vincent p. 136. ausfuͤhrlicher ge- zeigt. Es darf nicht auffallen, daß ihrer in ſpaͤterer Zeit nicht mehr erwaͤhnt wird. Die Berichte aus der Zeit des Baktrianiſchen, des Indoſcythiſchen Reiches ſind zu aͤrmlich, als daß man dasjenige, was ſie nicht nennen, fuͤr nicht mehr vorhanden halten muͤßte. Daß Alexander die Wuͤſtenſtrecke gen Oſten nicht unberuͤckſichtigt ließ, ſcheinen die Traditionen jener Gegend zu beſtaͤtigen. Unter den Johyas hat ſich das Andenken an Secander Rumi erhalten, und die Ruinen von Rung-mahl bei Danduſir ſollen die Haupt- ſtadt eines Fuͤrſten geweſen und von Alexander zerſtoͤrt worden ſein. Asiatic Journal. 1832. Mai p. 60. Tod II. p. 214.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/460>, abgerufen am 22.11.2024.