niedergehauen, was fliehen konnte, rettete sich in die Stadt, die Alexander sofort von seiner Reuterei einschließen ließ, bis das Fuß- volk nachkäme, um den Sturm zu beginnen. Sobald dieses heran war, entsandte der König schleunigst den Perdikkas mit zwei Geschwadern und den Agrianern zu einer benachbarten Stadt93b), in die sich viele Indier geflüchtet hatten, mit der Weisung, dieselbe auf das Sorgfältigste zu beobachten, selbst jedoch nichts gegen die Stadt zu unternehmen, bevor das Heer von Agalassa nachrückte, damit nicht die Flüchtlinge zugleich die Nachricht von der Nähe der Macedonier weiter landein verbreiteten. Indeß begann Alex- ander den Sturm; die Indier, die schon bei dem ersten Ueberfall hart mitgenommen waren, verzweifelten die Mauern behaupten zu können; von den Thoren und Thürmen zurückfliehend, wurden sie von den nachdringenden Macedoniern größtentheils erschlagen, nur einige Tausend flüchteten sich in die Burg und wehrten sich von dort herab mit dem Muthe der Verzweiflung; mehr als ein An- griff der Macedonier wurde zurückgeschlagen, die immer steigende Erbitterung, das Beispiel und der Zuruf Alexanders, die Erschö- pfung der Gegner ließ die Macedonier endlich den Sieg errin- gen, für dessen Mühe sie sich mit einem gräßlichen Gemetzel unter den Indiern rächten; von den Zweitausend, welche die Burg ver- theidigt hatten, entkam keiner 94).
Indessen hatte Perdikkas die Stadt, gegen die er gesandt war, bereits von den Einwohnern verlassen gefunden; er beeilte sich den Fliehenden nachzusetzen, er holte sie in der That noch ein, und die sich nicht über den Strom oder in das Sumpfland an dessen Ufer gerettet hatten, wurden erschlagen. Alexander seiner- seits hatte nach Erstürmung der Burg von Agalassa den Seini- gen wenige Stunden Ruhe gegönnt; mit Einbruch der Nacht ließ er, nachdem eine kleine Besatzung in die Burg gelegt war, auf- brechen und dem Hyarotis zu marschiren, um den Malliern der Umgegend die Flucht auf das jenseitige Ufer abzuschneiden. Ge- gen Morgen erreichte er die Furth des Flusses, die meisten der Feinde waren schon hinüber geflüchtet; die noch zurück geblieben,
93b) Dieß könnte etwa Moree unfern des Stromes sein.
94)Arrian. VI. 6.
28 *
niedergehauen, was fliehen konnte, rettete ſich in die Stadt, die Alexander ſofort von ſeiner Reuterei einſchließen ließ, bis das Fuß- volk nachkaͤme, um den Sturm zu beginnen. Sobald dieſes heran war, entſandte der Koͤnig ſchleunigſt den Perdikkas mit zwei Geſchwadern und den Agrianern zu einer benachbarten Stadt93b), in die ſich viele Indier gefluͤchtet hatten, mit der Weiſung, dieſelbe auf das Sorgfaͤltigſte zu beobachten, ſelbſt jedoch nichts gegen die Stadt zu unternehmen, bevor das Heer von Agalaſſa nachruͤckte, damit nicht die Fluͤchtlinge zugleich die Nachricht von der Naͤhe der Macedonier weiter landein verbreiteten. Indeß begann Alex- ander den Sturm; die Indier, die ſchon bei dem erſten Ueberfall hart mitgenommen waren, verzweifelten die Mauern behaupten zu koͤnnen; von den Thoren und Thuͤrmen zuruͤckfliehend, wurden ſie von den nachdringenden Macedoniern groͤßtentheils erſchlagen, nur einige Tauſend fluͤchteten ſich in die Burg und wehrten ſich von dort herab mit dem Muthe der Verzweiflung; mehr als ein An- griff der Macedonier wurde zuruͤckgeſchlagen, die immer ſteigende Erbitterung, das Beiſpiel und der Zuruf Alexanders, die Erſchoͤ- pfung der Gegner ließ die Macedonier endlich den Sieg errin- gen, fuͤr deſſen Muͤhe ſie ſich mit einem graͤßlichen Gemetzel unter den Indiern raͤchten; von den Zweitauſend, welche die Burg ver- theidigt hatten, entkam keiner 94).
Indeſſen hatte Perdikkas die Stadt, gegen die er geſandt war, bereits von den Einwohnern verlaſſen gefunden; er beeilte ſich den Fliehenden nachzuſetzen, er holte ſie in der That noch ein, und die ſich nicht uͤber den Strom oder in das Sumpfland an deſſen Ufer gerettet hatten, wurden erſchlagen. Alexander ſeiner- ſeits hatte nach Erſtuͤrmung der Burg von Agalaſſa den Seini- gen wenige Stunden Ruhe gegoͤnnt; mit Einbruch der Nacht ließ er, nachdem eine kleine Beſatzung in die Burg gelegt war, auf- brechen und dem Hyarotis zu marſchiren, um den Malliern der Umgegend die Flucht auf das jenſeitige Ufer abzuſchneiden. Ge- gen Morgen erreichte er die Furth des Fluſſes, die meiſten der Feinde waren ſchon hinuͤber gefluͤchtet; die noch zuruͤck geblieben,
93b) Dieß koͤnnte etwa Moree unfern des Stromes ſein.
94)Arrian. VI. 6.
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niedergehauen, was fliehen konnte, rettete ſich in die Stadt, die
Alexander ſofort von ſeiner Reuterei einſchließen ließ, bis das Fuß-
volk nachkaͤme, um den Sturm zu beginnen. Sobald dieſes heran
war, entſandte der Koͤnig ſchleunigſt den Perdikkas mit zwei
Geſchwadern und den Agrianern zu einer benachbarten Stadt 93b), in
die ſich viele Indier gefluͤchtet hatten, mit der Weiſung, dieſelbe
auf das Sorgfaͤltigſte zu beobachten, ſelbſt jedoch nichts gegen die
Stadt zu unternehmen, bevor das Heer von Agalaſſa nachruͤckte,
damit nicht die Fluͤchtlinge zugleich die Nachricht von der Naͤhe
der Macedonier weiter landein verbreiteten. Indeß begann Alex-
ander den Sturm; die Indier, die ſchon bei dem erſten Ueberfall
hart mitgenommen waren, verzweifelten die Mauern behaupten zu
koͤnnen; von den Thoren und Thuͤrmen zuruͤckfliehend, wurden ſie
von den nachdringenden Macedoniern groͤßtentheils erſchlagen, nur
einige Tauſend fluͤchteten ſich in die Burg und wehrten ſich von
dort herab mit dem Muthe der Verzweiflung; mehr als ein An-
griff der Macedonier wurde zuruͤckgeſchlagen, die immer ſteigende
Erbitterung, das Beiſpiel und der Zuruf Alexanders, die Erſchoͤ-
pfung der Gegner ließ die Macedonier endlich den Sieg errin-
gen, fuͤr deſſen Muͤhe ſie ſich mit einem graͤßlichen Gemetzel unter
den Indiern raͤchten; von den Zweitauſend, welche die Burg ver-
theidigt hatten, entkam keiner 94).
Indeſſen hatte Perdikkas die Stadt, gegen die er geſandt
war, bereits von den Einwohnern verlaſſen gefunden; er beeilte
ſich den Fliehenden nachzuſetzen, er holte ſie in der That noch ein,
und die ſich nicht uͤber den Strom oder in das Sumpfland an
deſſen Ufer gerettet hatten, wurden erſchlagen. Alexander ſeiner-
ſeits hatte nach Erſtuͤrmung der Burg von Agalaſſa den Seini-
gen wenige Stunden Ruhe gegoͤnnt; mit Einbruch der Nacht ließ
er, nachdem eine kleine Beſatzung in die Burg gelegt war, auf-
brechen und dem Hyarotis zu marſchiren, um den Malliern der
Umgegend die Flucht auf das jenſeitige Ufer abzuſchneiden. Ge-
gen Morgen erreichte er die Furth des Fluſſes, die meiſten der
Feinde waren ſchon hinuͤber gefluͤchtet; die noch zuruͤck geblieben,
93b) Dieß koͤnnte etwa Moree unfern des Stromes ſein.
94) Arrian. VI. 6.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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