Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

Landschaft Gandaritis an die Ufer des Acesines; hier an der Pas-
sage des Stroms stand bereits die Stadt, mit deren Bau Hephä-
stion beauftragt worden war, fertig 78). Alexander ließ hier kurze
Zeit rasten, um theils für die Hinabfahrt zum Indus einige Ein-
richtungen zu treffen, theils die neue Stadt zu colonisiren, zu wel-
chem Ende die Indier der Umgegend zur Ansiedelung aufgefordert
und zugleich die kampfunfähigen Söldner aus dem Heere hieselbst
ansäßig gemacht wurden; der Tod des Generals Könus und die
Feierlichkeiten bei seiner Bestattung mochten weitere Verzögerun-
gen veranlassen. Während dieser Rastzeit kam der Bruder des
Fürsten Abisares von Kaschmir und andere kleine Fürsten der obe-
ren Gegenden, alle mit vielen, kostbaren Geschenken, dem großen
Könige ihre Huldigungen darzubringen; namentlich sandte Abisares
dreißig Elephanten und ließ in Antwort auf den Befehl, den
Alexander ihm hatte zukommen lassen, in Person zu erscheinen,
seine vollkommenste Ergebenheit versichern und eine Krankheit, die
ihn darnieder geworfen, als Entschuldigung für sein Nichterscheinen
angeben. Da die von Alexander mit gen Kaschmir gesandten
Macedonier diese Angaben bestätigten, und das jetzige Benehmen
des Fürsten für seine weitere Ergebenheit zu bürgen schien, so
wurde ihm sein Fürstenthum als Satrapie übergeben, und der
Tribut bestimmt, den er hinfort zu entrichten habe, auch das Für-
stenthum des Arsaces in den Bereich seiner Macht gegeben 79).
Nach feierlichen Opfern zur Weihe der neuen Stadt ging Alexan-
der über den Acesines, gegen Mitte Septembers trafen die ver-
schiedenen Heeresabtheilungen in Bucephala und Nicäa am Hy-
daspes zusammen.

Es war ein großer und glücklicher Gedanke Alexanders,
aus dem Gebiet des Indusstromes, das er jetzt nach Osten

78) Diese Stadt Alexandria am Acesines, auf der großen
Straße, die Plinius zu bezeichnen scheint, dürfte etwa dem heuti-
gen Wuzirabad entsprechen; welches Alexandrien im Katalog des
Stephanus hieher gehört, behalte ich mir vor, in einer Abhandlung
über diesen Katalog zu erörtern.
79) Ich bin nicht im Stande,
den Namen dieses Fürsten zu erklären, noch die Lage seines Für-
stenthums zu entdecken.

Landſchaft Gandaritis an die Ufer des Aceſines; hier an der Paſ-
ſage des Stroms ſtand bereits die Stadt, mit deren Bau Hephaͤ-
ſtion beauftragt worden war, fertig 78). Alexander ließ hier kurze
Zeit raſten, um theils fuͤr die Hinabfahrt zum Indus einige Ein-
richtungen zu treffen, theils die neue Stadt zu coloniſiren, zu wel-
chem Ende die Indier der Umgegend zur Anſiedelung aufgefordert
und zugleich die kampfunfaͤhigen Soͤldner aus dem Heere hieſelbſt
anſaͤßig gemacht wurden; der Tod des Generals Koͤnus und die
Feierlichkeiten bei ſeiner Beſtattung mochten weitere Verzoͤgerun-
gen veranlaſſen. Waͤhrend dieſer Raſtzeit kam der Bruder des
Fuͤrſten Abiſares von Kaſchmir und andere kleine Fuͤrſten der obe-
ren Gegenden, alle mit vielen, koſtbaren Geſchenken, dem großen
Koͤnige ihre Huldigungen darzubringen; namentlich ſandte Abiſares
dreißig Elephanten und ließ in Antwort auf den Befehl, den
Alexander ihm hatte zukommen laſſen, in Perſon zu erſcheinen,
ſeine vollkommenſte Ergebenheit verſichern und eine Krankheit, die
ihn darnieder geworfen, als Entſchuldigung fuͤr ſein Nichterſcheinen
angeben. Da die von Alexander mit gen Kaſchmir geſandten
Macedonier dieſe Angaben beſtaͤtigten, und das jetzige Benehmen
des Fuͤrſten fuͤr ſeine weitere Ergebenheit zu buͤrgen ſchien, ſo
wurde ihm ſein Fuͤrſtenthum als Satrapie uͤbergeben, und der
Tribut beſtimmt, den er hinfort zu entrichten habe, auch das Fuͤr-
ſtenthum des Arſaces in den Bereich ſeiner Macht gegeben 79).
Nach feierlichen Opfern zur Weihe der neuen Stadt ging Alexan-
der uͤber den Aceſines, gegen Mitte Septembers trafen die ver-
ſchiedenen Heeresabtheilungen in Bucephala und Nicaͤa am Hy-
daspes zuſammen.

Es war ein großer und gluͤcklicher Gedanke Alexanders,
aus dem Gebiet des Indusſtromes, das er jetzt nach Oſten

78) Dieſe Stadt Alexandria am Aceſines, auf der großen
Straße, die Plinius zu bezeichnen ſcheint, duͤrfte etwa dem heuti-
gen Wuzirabad entſprechen; welches Alexandrien im Katalog des
Stephanus hieher gehoͤrt, behalte ich mir vor, in einer Abhandlung
uͤber dieſen Katalog zu eroͤrtern.
79) Ich bin nicht im Stande,
den Namen dieſes Fuͤrſten zu erklaͤren, noch die Lage ſeines Fuͤr-
ſtenthums zu entdecken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0438" n="424"/>
Land&#x017F;chaft Gandaritis an die Ufer des Ace&#x017F;ines; hier an der Pa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;age des Stroms &#x017F;tand bereits die Stadt, mit deren Bau Hepha&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tion beauftragt worden war, fertig <note place="foot" n="78)">Die&#x017F;e Stadt Alexandria am Ace&#x017F;ines, auf der großen<lb/>
Straße, die Plinius zu bezeichnen &#x017F;cheint, du&#x0364;rfte etwa dem heuti-<lb/>
gen Wuzirabad ent&#x017F;prechen; welches Alexandrien im Katalog des<lb/>
Stephanus hieher geho&#x0364;rt, behalte ich mir vor, in einer Abhandlung<lb/>
u&#x0364;ber die&#x017F;en Katalog zu ero&#x0364;rtern.</note>. Alexander ließ hier kurze<lb/>
Zeit ra&#x017F;ten, um theils fu&#x0364;r die Hinabfahrt zum Indus einige Ein-<lb/>
richtungen zu treffen, theils die neue Stadt zu coloni&#x017F;iren, zu wel-<lb/>
chem Ende die Indier der Umgegend zur An&#x017F;iedelung aufgefordert<lb/>
und zugleich die kampfunfa&#x0364;higen So&#x0364;ldner aus dem Heere hie&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
an&#x017F;a&#x0364;ßig gemacht wurden; der Tod des Generals Ko&#x0364;nus und die<lb/>
Feierlichkeiten bei &#x017F;einer Be&#x017F;tattung mochten weitere Verzo&#x0364;gerun-<lb/>
gen veranla&#x017F;&#x017F;en. Wa&#x0364;hrend die&#x017F;er Ra&#x017F;tzeit kam der Bruder des<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten Abi&#x017F;ares von Ka&#x017F;chmir und andere kleine Fu&#x0364;r&#x017F;ten der obe-<lb/>
ren Gegenden, alle mit vielen, ko&#x017F;tbaren Ge&#x017F;chenken, dem großen<lb/>
Ko&#x0364;nige ihre Huldigungen darzubringen; namentlich &#x017F;andte Abi&#x017F;ares<lb/>
dreißig Elephanten und ließ in Antwort auf den Befehl, den<lb/>
Alexander ihm hatte zukommen la&#x017F;&#x017F;en, in Per&#x017F;on zu er&#x017F;cheinen,<lb/>
&#x017F;eine vollkommen&#x017F;te Ergebenheit ver&#x017F;ichern und eine Krankheit, die<lb/>
ihn darnieder geworfen, als Ent&#x017F;chuldigung fu&#x0364;r &#x017F;ein Nichter&#x017F;cheinen<lb/>
angeben. Da die von Alexander mit gen Ka&#x017F;chmir ge&#x017F;andten<lb/>
Macedonier die&#x017F;e Angaben be&#x017F;ta&#x0364;tigten, und das jetzige Benehmen<lb/>
des Fu&#x0364;r&#x017F;ten fu&#x0364;r &#x017F;eine weitere Ergebenheit zu bu&#x0364;rgen &#x017F;chien, &#x017F;o<lb/>
wurde ihm &#x017F;ein Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum als Satrapie u&#x0364;bergeben, und der<lb/>
Tribut be&#x017F;timmt, den er hinfort zu entrichten habe, auch das Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tenthum des Ar&#x017F;aces in den Bereich &#x017F;einer Macht gegeben <note place="foot" n="79)">Ich bin nicht im Stande,<lb/>
den Namen die&#x017F;es Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu erkla&#x0364;ren, noch die Lage &#x017F;eines Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tenthums zu entdecken.</note>.<lb/>
Nach feierlichen Opfern zur Weihe der neuen Stadt ging Alexan-<lb/>
der u&#x0364;ber den Ace&#x017F;ines, gegen Mitte Septembers trafen die ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Heeresabtheilungen in Bucephala und Nica&#x0364;a am Hy-<lb/>
daspes zu&#x017F;ammen.</p><lb/>
          <p>Es war ein großer und glu&#x0364;cklicher Gedanke Alexanders,<lb/>
aus dem Gebiet des Indus&#x017F;tromes, das er jetzt nach O&#x017F;ten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0438] Landſchaft Gandaritis an die Ufer des Aceſines; hier an der Paſ- ſage des Stroms ſtand bereits die Stadt, mit deren Bau Hephaͤ- ſtion beauftragt worden war, fertig 78). Alexander ließ hier kurze Zeit raſten, um theils fuͤr die Hinabfahrt zum Indus einige Ein- richtungen zu treffen, theils die neue Stadt zu coloniſiren, zu wel- chem Ende die Indier der Umgegend zur Anſiedelung aufgefordert und zugleich die kampfunfaͤhigen Soͤldner aus dem Heere hieſelbſt anſaͤßig gemacht wurden; der Tod des Generals Koͤnus und die Feierlichkeiten bei ſeiner Beſtattung mochten weitere Verzoͤgerun- gen veranlaſſen. Waͤhrend dieſer Raſtzeit kam der Bruder des Fuͤrſten Abiſares von Kaſchmir und andere kleine Fuͤrſten der obe- ren Gegenden, alle mit vielen, koſtbaren Geſchenken, dem großen Koͤnige ihre Huldigungen darzubringen; namentlich ſandte Abiſares dreißig Elephanten und ließ in Antwort auf den Befehl, den Alexander ihm hatte zukommen laſſen, in Perſon zu erſcheinen, ſeine vollkommenſte Ergebenheit verſichern und eine Krankheit, die ihn darnieder geworfen, als Entſchuldigung fuͤr ſein Nichterſcheinen angeben. Da die von Alexander mit gen Kaſchmir geſandten Macedonier dieſe Angaben beſtaͤtigten, und das jetzige Benehmen des Fuͤrſten fuͤr ſeine weitere Ergebenheit zu buͤrgen ſchien, ſo wurde ihm ſein Fuͤrſtenthum als Satrapie uͤbergeben, und der Tribut beſtimmt, den er hinfort zu entrichten habe, auch das Fuͤr- ſtenthum des Arſaces in den Bereich ſeiner Macht gegeben 79). Nach feierlichen Opfern zur Weihe der neuen Stadt ging Alexan- der uͤber den Aceſines, gegen Mitte Septembers trafen die ver- ſchiedenen Heeresabtheilungen in Bucephala und Nicaͤa am Hy- daspes zuſammen. Es war ein großer und gluͤcklicher Gedanke Alexanders, aus dem Gebiet des Indusſtromes, das er jetzt nach Oſten 78) Dieſe Stadt Alexandria am Aceſines, auf der großen Straße, die Plinius zu bezeichnen ſcheint, duͤrfte etwa dem heuti- gen Wuzirabad entſprechen; welches Alexandrien im Katalog des Stephanus hieher gehoͤrt, behalte ich mir vor, in einer Abhandlung uͤber dieſen Katalog zu eroͤrtern. 79) Ich bin nicht im Stande, den Namen dieſes Fuͤrſten zu erklaͤren, noch die Lage ſeines Fuͤr- ſtenthums zu entdecken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/438
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/438>, abgerufen am 25.11.2024.