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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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er werde seine Mutter wiedersehen, er werde die Tempel der Hei-
math mit Trophäen schmücken; er werde, wenn er nach neuen
Thaten verlange, ein neues Heer rüsten und gegen Indien oder
Libyen, gegen das Meer im Osten oder jenseit der Heraklessäulen
ziehen; und die gnädigen Götter würden ihm neue Siege gewäh-
ren; der Götter größtes Geschenk aber sei Mäßigung im Glück;
nicht den Feind, wohl aber die Götter und ihr Verhängniß müsse
man scheuen." Unter allgemeiner Bewegung schloß Könus seine
Rede; Viele vermochten die Thränen nicht zu hemmen, es war of-
fenbar, wie der Gedanke der Heimkehr ihr Herz erfüllte. Alexan-
der aber, unwillig über die Aeußerungen des Generals und die Zu-
stimmung der Uebrigen, entließ die Versammlung. Am nächsten Tage
berief er sie von Neuem; "er werde, so sprach er, in Kurzem wei-
ter gehen, er werde keinen der Macedonier nöthigen zu folgen,
noch seien genug der Tapferen übrig, die nach neuen Thaten ver-
langten; die Uebrigen möchten heimziehen, es sei ihnen erlaubt; sie
möchten in der Heimath berichten, daß sie ihren König mitten in
Feindesland verlassen hätten." Nach diesen Worten verließ der
König die Versammlung und zog sich in sein Zelt zurück; wäh-
rend dreier Tage zeigte er sich den Macedoniern nicht, er erwar-
tete, daß sich die Stimmung im Heere ändern, daß sich die Trup-
pen zur weiteren Heerfahrt entschließen würden. Und die Macedonier
waren zwar betrübt über des Königs Zorn, aber ihr Sinn änderte
sich nicht. Dessen ungeachtet opferte der König am vierten Tage
an den Ufern des Stromes wegen des Ueberganges, aber die Zei-
chen der Opfer waren nicht günstig; da berief er die Hauptleute,
die Veteranen der Getreuen zu Fuß und zu Roß und viele Andere
vom Heere zur Versammlung, und verkündete die Rückkehr; und
die Macedonier weinten und jubelten vor Freude, sie drängten sich
um des Königs Zelt und priesen ihn laut, daß er sich, stets unbe-
siegt, von seinen Macedoniern habe besiegen lassen.

So die Erzählung nach Plutarch und Arrian; bei Curtius
und Diodor 73) ist sie mit einigen Nebenumständen bereichert,
welche nicht allzu glaubwürdig erscheinen: Alexander habe die
Truppen, um sie für den weiteren Feldzug geneigt zu machen, auf

73) Curt. IX. 2. Diod. XVII. 94.
27

er werde ſeine Mutter wiederſehen, er werde die Tempel der Hei-
math mit Trophaͤen ſchmuͤcken; er werde, wenn er nach neuen
Thaten verlange, ein neues Heer ruͤſten und gegen Indien oder
Libyen, gegen das Meer im Oſten oder jenſeit der Heraklesſaͤulen
ziehen; und die gnaͤdigen Goͤtter wuͤrden ihm neue Siege gewaͤh-
ren; der Goͤtter groͤßtes Geſchenk aber ſei Maͤßigung im Gluͤck;
nicht den Feind, wohl aber die Goͤtter und ihr Verhaͤngniß muͤſſe
man ſcheuen.“ Unter allgemeiner Bewegung ſchloß Koͤnus ſeine
Rede; Viele vermochten die Thraͤnen nicht zu hemmen, es war of-
fenbar, wie der Gedanke der Heimkehr ihr Herz erfuͤllte. Alexan-
der aber, unwillig uͤber die Aeußerungen des Generals und die Zu-
ſtimmung der Uebrigen, entließ die Verſammlung. Am naͤchſten Tage
berief er ſie von Neuem; „er werde, ſo ſprach er, in Kurzem wei-
ter gehen, er werde keinen der Macedonier noͤthigen zu folgen,
noch ſeien genug der Tapferen uͤbrig, die nach neuen Thaten ver-
langten; die Uebrigen moͤchten heimziehen, es ſei ihnen erlaubt; ſie
moͤchten in der Heimath berichten, daß ſie ihren Koͤnig mitten in
Feindesland verlaſſen haͤtten.“ Nach dieſen Worten verließ der
Koͤnig die Verſammlung und zog ſich in ſein Zelt zuruͤck; waͤh-
rend dreier Tage zeigte er ſich den Macedoniern nicht, er erwar-
tete, daß ſich die Stimmung im Heere aͤndern, daß ſich die Trup-
pen zur weiteren Heerfahrt entſchließen wuͤrden. Und die Macedonier
waren zwar betruͤbt uͤber des Koͤnigs Zorn, aber ihr Sinn aͤnderte
ſich nicht. Deſſen ungeachtet opferte der Koͤnig am vierten Tage
an den Ufern des Stromes wegen des Ueberganges, aber die Zei-
chen der Opfer waren nicht guͤnſtig; da berief er die Hauptleute,
die Veteranen der Getreuen zu Fuß und zu Roß und viele Andere
vom Heere zur Verſammlung, und verkuͤndete die Ruͤckkehr; und
die Macedonier weinten und jubelten vor Freude, ſie draͤngten ſich
um des Koͤnigs Zelt und prieſen ihn laut, daß er ſich, ſtets unbe-
ſiegt, von ſeinen Macedoniern habe beſiegen laſſen.

So die Erzaͤhlung nach Plutarch und Arrian; bei Curtius
und Diodor 73) iſt ſie mit einigen Nebenumſtaͤnden bereichert,
welche nicht allzu glaubwuͤrdig erſcheinen: Alexander habe die
Truppen, um ſie fuͤr den weiteren Feldzug geneigt zu machen, auf

73) Curt. IX. 2. Diod. XVII. 94.
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[417/0431] er werde ſeine Mutter wiederſehen, er werde die Tempel der Hei- math mit Trophaͤen ſchmuͤcken; er werde, wenn er nach neuen Thaten verlange, ein neues Heer ruͤſten und gegen Indien oder Libyen, gegen das Meer im Oſten oder jenſeit der Heraklesſaͤulen ziehen; und die gnaͤdigen Goͤtter wuͤrden ihm neue Siege gewaͤh- ren; der Goͤtter groͤßtes Geſchenk aber ſei Maͤßigung im Gluͤck; nicht den Feind, wohl aber die Goͤtter und ihr Verhaͤngniß muͤſſe man ſcheuen.“ Unter allgemeiner Bewegung ſchloß Koͤnus ſeine Rede; Viele vermochten die Thraͤnen nicht zu hemmen, es war of- fenbar, wie der Gedanke der Heimkehr ihr Herz erfuͤllte. Alexan- der aber, unwillig uͤber die Aeußerungen des Generals und die Zu- ſtimmung der Uebrigen, entließ die Verſammlung. Am naͤchſten Tage berief er ſie von Neuem; „er werde, ſo ſprach er, in Kurzem wei- ter gehen, er werde keinen der Macedonier noͤthigen zu folgen, noch ſeien genug der Tapferen uͤbrig, die nach neuen Thaten ver- langten; die Uebrigen moͤchten heimziehen, es ſei ihnen erlaubt; ſie moͤchten in der Heimath berichten, daß ſie ihren Koͤnig mitten in Feindesland verlaſſen haͤtten.“ Nach dieſen Worten verließ der Koͤnig die Verſammlung und zog ſich in ſein Zelt zuruͤck; waͤh- rend dreier Tage zeigte er ſich den Macedoniern nicht, er erwar- tete, daß ſich die Stimmung im Heere aͤndern, daß ſich die Trup- pen zur weiteren Heerfahrt entſchließen wuͤrden. Und die Macedonier waren zwar betruͤbt uͤber des Koͤnigs Zorn, aber ihr Sinn aͤnderte ſich nicht. Deſſen ungeachtet opferte der Koͤnig am vierten Tage an den Ufern des Stromes wegen des Ueberganges, aber die Zei- chen der Opfer waren nicht guͤnſtig; da berief er die Hauptleute, die Veteranen der Getreuen zu Fuß und zu Roß und viele Andere vom Heere zur Verſammlung, und verkuͤndete die Ruͤckkehr; und die Macedonier weinten und jubelten vor Freude, ſie draͤngten ſich um des Koͤnigs Zelt und prieſen ihn laut, daß er ſich, ſtets unbe- ſiegt, von ſeinen Macedoniern habe beſiegen laſſen. So die Erzaͤhlung nach Plutarch und Arrian; bei Curtius und Diodor 73) iſt ſie mit einigen Nebenumſtaͤnden bereichert, welche nicht allzu glaubwuͤrdig erſcheinen: Alexander habe die Truppen, um ſie fuͤr den weiteren Feldzug geneigt zu machen, auf 73) Curt. IX. 2. Diod. XVII. 94. 27

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/431>, abgerufen am 25.11.2024.