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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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nach, in der Absicht, die Stadt sofort einzuschließen, da er glaub-
te, daß die Kathäer, durch den Ausgang dieses Tages bestürzt, in
der Stille der Nacht aus ihrer Stadt zu flüchten versuchen wür-
den; doch reichte sein Heer nicht hin, den weiten Umfang der
Mauern zu umgeben; deshalb lagerten die einzelnen Abtheilungen
des Fußvolks in mäßigen Zwischenräumen von einander, welche
dann von der Reuterei besetzt wurden; eben so umschlossen Neuterposten
das ganze Ufer des Sees, der, von geringer Tiefe und bis an die
Mauern der Stadt reichend, die Feinde bei einem Versuch zur Flucht sehr
begünstigte. Die Vermuthung Alexanders, ein Beweis, wie richtig er
den Charakter des Indischen Volkes zu würdigen wußte, bestätigte
sich bald genug. Es war um die zweite Nachtwache, als die Reuter-
posten jenseits an der Stadtmauer ein großes Gewimmel von Menschen
bemerkten; Tausende drängten sich über den See her, sie versuchten, das
Ufer und dann das Weite zu gewinnen, sie wurden von den Reu-
tern aufgefangen und niedergehauen; lautschreiend flohen die Uebri-
gen zur Stadt zurück; das Uebrige der Nacht verging ruhig. --

Am anderen Morgen ließ Alexander die Belagerungsarbeiten
beginnen; es wurde ein doppelter Graben von der Nähe des Sees
aus rings um die Mauern bis wieder in den See geführt; den
See selbst umgab eine doppelte Postenlinie; schon standen die Schirm-
dächer und Sturmblöcke aufgerichtet, die am nächsten Tage gegen
die Mauer zu arbeiten und Bresche zu legen beginnen sollten; da
brachten Ueberläufer aus der Stadt die Nachricht, die Belagerten
wollten in der nächsten Nacht von Neuem einen Ausfall versuchen,
sie hätten sich die freie Stelle zwischen dem See und der Wall-
linie zum Hindurchbrechen ansersehen. Sofort ordnete Alexander
Alles an, den Plan der Feinde zu vereiteln; der Lagide Ptolemäus
wurde mit drei Chiliarchien der Hypaspisten, mit sämmtlichen Agri-
anern und einer Abtheilung der Schützen zur Nachtwache an die-
se Stelle detaschirt, mit dem Befehl, wenn die Barbaren den Aus-
fall wagen sollten, sich ihnen mit aller Macht zu widersetzen, zu-
gleich aber Lärm blasen zu lassen, damit sofort die übrigen Trup-
pen ausrücken und in den Kampf eilen könnten. Ptolemäus eilte
seine Stellung zu nehmen und so viel wie möglich zu befestigen;
er ließ die am vorigen Tage erbeuteten Wagen zusammenfahren,
um die Lücke zwischen dem See und der Befestigung zu decken;

nach, in der Abſicht, die Stadt ſofort einzuſchließen, da er glaub-
te, daß die Kathaͤer, durch den Ausgang dieſes Tages beſtuͤrzt, in
der Stille der Nacht aus ihrer Stadt zu fluͤchten verſuchen wuͤr-
den; doch reichte ſein Heer nicht hin, den weiten Umfang der
Mauern zu umgeben; deshalb lagerten die einzelnen Abtheilungen
des Fußvolks in maͤßigen Zwiſchenraͤumen von einander, welche
dann von der Reuterei beſetzt wurden; eben ſo umſchloſſen Neuterpoſten
das ganze Ufer des Sees, der, von geringer Tiefe und bis an die
Mauern der Stadt reichend, die Feinde bei einem Verſuch zur Flucht ſehr
beguͤnſtigte. Die Vermuthung Alexanders, ein Beweis, wie richtig er
den Charakter des Indiſchen Volkes zu wuͤrdigen wußte, beſtaͤtigte
ſich bald genug. Es war um die zweite Nachtwache, als die Reuter-
poſten jenſeits an der Stadtmauer ein großes Gewimmel von Menſchen
bemerkten; Tauſende draͤngten ſich uͤber den See her, ſie verſuchten, das
Ufer und dann das Weite zu gewinnen, ſie wurden von den Reu-
tern aufgefangen und niedergehauen; lautſchreiend flohen die Uebri-
gen zur Stadt zuruͤck; das Uebrige der Nacht verging ruhig. —

Am anderen Morgen ließ Alexander die Belagerungsarbeiten
beginnen; es wurde ein doppelter Graben von der Naͤhe des Sees
aus rings um die Mauern bis wieder in den See gefuͤhrt; den
See ſelbſt umgab eine doppelte Poſtenlinie; ſchon ſtanden die Schirm-
daͤcher und Sturmbloͤcke aufgerichtet, die am naͤchſten Tage gegen
die Mauer zu arbeiten und Breſche zu legen beginnen ſollten; da
brachten Ueberlaͤufer aus der Stadt die Nachricht, die Belagerten
wollten in der naͤchſten Nacht von Neuem einen Ausfall verſuchen,
ſie haͤtten ſich die freie Stelle zwiſchen dem See und der Wall-
linie zum Hindurchbrechen anserſehen. Sofort ordnete Alexander
Alles an, den Plan der Feinde zu vereiteln; der Lagide Ptolemaͤus
wurde mit drei Chiliarchien der Hypaspiſten, mit ſaͤmmtlichen Agri-
anern und einer Abtheilung der Schuͤtzen zur Nachtwache an die-
ſe Stelle detaſchirt, mit dem Befehl, wenn die Barbaren den Aus-
fall wagen ſollten, ſich ihnen mit aller Macht zu widerſetzen, zu-
gleich aber Laͤrm blaſen zu laſſen, damit ſofort die uͤbrigen Trup-
pen ausruͤcken und in den Kampf eilen koͤnnten. Ptolemaͤus eilte
ſeine Stellung zu nehmen und ſo viel wie moͤglich zu befeſtigen;
er ließ die am vorigen Tage erbeuteten Wagen zuſammenfahren,
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[411/0425] nach, in der Abſicht, die Stadt ſofort einzuſchließen, da er glaub- te, daß die Kathaͤer, durch den Ausgang dieſes Tages beſtuͤrzt, in der Stille der Nacht aus ihrer Stadt zu fluͤchten verſuchen wuͤr- den; doch reichte ſein Heer nicht hin, den weiten Umfang der Mauern zu umgeben; deshalb lagerten die einzelnen Abtheilungen des Fußvolks in maͤßigen Zwiſchenraͤumen von einander, welche dann von der Reuterei beſetzt wurden; eben ſo umſchloſſen Neuterpoſten das ganze Ufer des Sees, der, von geringer Tiefe und bis an die Mauern der Stadt reichend, die Feinde bei einem Verſuch zur Flucht ſehr beguͤnſtigte. Die Vermuthung Alexanders, ein Beweis, wie richtig er den Charakter des Indiſchen Volkes zu wuͤrdigen wußte, beſtaͤtigte ſich bald genug. Es war um die zweite Nachtwache, als die Reuter- poſten jenſeits an der Stadtmauer ein großes Gewimmel von Menſchen bemerkten; Tauſende draͤngten ſich uͤber den See her, ſie verſuchten, das Ufer und dann das Weite zu gewinnen, ſie wurden von den Reu- tern aufgefangen und niedergehauen; lautſchreiend flohen die Uebri- gen zur Stadt zuruͤck; das Uebrige der Nacht verging ruhig. — Am anderen Morgen ließ Alexander die Belagerungsarbeiten beginnen; es wurde ein doppelter Graben von der Naͤhe des Sees aus rings um die Mauern bis wieder in den See gefuͤhrt; den See ſelbſt umgab eine doppelte Poſtenlinie; ſchon ſtanden die Schirm- daͤcher und Sturmbloͤcke aufgerichtet, die am naͤchſten Tage gegen die Mauer zu arbeiten und Breſche zu legen beginnen ſollten; da brachten Ueberlaͤufer aus der Stadt die Nachricht, die Belagerten wollten in der naͤchſten Nacht von Neuem einen Ausfall verſuchen, ſie haͤtten ſich die freie Stelle zwiſchen dem See und der Wall- linie zum Hindurchbrechen anserſehen. Sofort ordnete Alexander Alles an, den Plan der Feinde zu vereiteln; der Lagide Ptolemaͤus wurde mit drei Chiliarchien der Hypaspiſten, mit ſaͤmmtlichen Agri- anern und einer Abtheilung der Schuͤtzen zur Nachtwache an die- ſe Stelle detaſchirt, mit dem Befehl, wenn die Barbaren den Aus- fall wagen ſollten, ſich ihnen mit aller Macht zu widerſetzen, zu- gleich aber Laͤrm blaſen zu laſſen, damit ſofort die uͤbrigen Trup- pen ausruͤcken und in den Kampf eilen koͤnnten. Ptolemaͤus eilte ſeine Stellung zu nehmen und ſo viel wie moͤglich zu befeſtigen; er ließ die am vorigen Tage erbeuteten Wagen zuſammenfahren, um die Luͤcke zwiſchen dem See und der Befeſtigung zu decken;

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/425>, abgerufen am 22.11.2024.