hundert Elephanten lagen todt auf dem Felde, gegen achtzig Ele- phanten fielen in die Hände des Siegers. König Porus hatte, nachdem er seine Macht gebrochen, seine Elephanten überwältigt, sein Heer umzingelt und in völliger Auflösung sah, kämpfend den Too gesucht; zu lange schützte ihn sein goldener Panzer und die Vorsicht des treuen Thieres, das ihn trug; endlich traf ein Pfeil seine rechte Schulter; zum weiteren Kampfe unfähig, und besorgt, lebendig in des Feindes Hände zu fallen, wandte er sein Thier, aus dem Getümmel zu entkommen. Alexander, voll Bewunderung für den tapferen Fürsten, den er bis zum letzten Augenblick hatte kämpfen sehen, eilte ihm nach, sein Leben auf der Flucht zu ret- ten; da stürzte sein altes und treues Schlachtroß Bucephalus, von dem heißen Tage erschöpft, unter ihm zusammen; so sandte er den Fürsten von Taxila dem fliehenden Könige nach; als aber der sei- nen alten Feind erblickte, wandte er sein Thier und schleuderte mit der letzten Anstrengung den Speer gegen den Fürsten, so daß die- ser mit Mühe entkam. Alexander zürnte nicht, er sandte andere Indier, unter ihnen den Fürsten Meroes, der ehemals dem Kö- nige Porus befreundet gewesen war. Porus, vom Blutverlust erschöpft und von brennendem Durste gequält, hörte ihn gelassen an, dann kniete sein Thier nieder und hob ihn mit dem Rüssel sanft zur Erde; er trank und ruhte ein wenig, bat dann den Für- sten Meroes, ihn zu Alexander zu führen. Als der König ihn kammen sah, eilte er ihm, von wenigen seiner Getreuen begleitet, entgegen, er bewunderte die Schönheit des greisen Fürsten, und den edlen Stolz, mit dem er ihm, obschon besiegt, entgegen trat; er begrüßte ihn mit Würde und fragte ihn, wie er sich behandelt zu sehen wünschte. Königlich, antwortete Porus; und auf Alex- anders Antwort, selbst König werde er ihn nicht anders behan- deln, er möge sagen, was er für sich wünsche, antwortete der Fürst, in diesem Wort sei Alles enthalten 49).
49) Wir haben die Anzahl der Todten Macedonischer Seits noch nicht angegeben, denn die Zahlen Arrians sind wohl zu gering; er sagt, es seien ohngefähr achtzig Mann vom Fußvolk, zwanzig von den Macedonischen, zehn von den Daischen und etwa zweihundert von den übrigen Turanischen Reutern gefallen; Diodor hat die
hundert Elephanten lagen todt auf dem Felde, gegen achtzig Ele- phanten fielen in die Haͤnde des Siegers. Koͤnig Porus hatte, nachdem er ſeine Macht gebrochen, ſeine Elephanten uͤberwaͤltigt, ſein Heer umzingelt und in voͤlliger Aufloͤſung ſah, kaͤmpfend den Too geſucht; zu lange ſchuͤtzte ihn ſein goldener Panzer und die Vorſicht des treuen Thieres, das ihn trug; endlich traf ein Pfeil ſeine rechte Schulter; zum weiteren Kampfe unfaͤhig, und beſorgt, lebendig in des Feindes Haͤnde zu fallen, wandte er ſein Thier, aus dem Getuͤmmel zu entkommen. Alexander, voll Bewunderung fuͤr den tapferen Fuͤrſten, den er bis zum letzten Augenblick hatte kaͤmpfen ſehen, eilte ihm nach, ſein Leben auf der Flucht zu ret- ten; da ſtuͤrzte ſein altes und treues Schlachtroß Bucephalus, von dem heißen Tage erſchoͤpft, unter ihm zuſammen; ſo ſandte er den Fuͤrſten von Taxila dem fliehenden Koͤnige nach; als aber der ſei- nen alten Feind erblickte, wandte er ſein Thier und ſchleuderte mit der letzten Anſtrengung den Speer gegen den Fuͤrſten, ſo daß die- ſer mit Muͤhe entkam. Alexander zuͤrnte nicht, er ſandte andere Indier, unter ihnen den Fuͤrſten Meroes, der ehemals dem Koͤ- nige Porus befreundet geweſen war. Porus, vom Blutverluſt erſchoͤpft und von brennendem Durſte gequaͤlt, hoͤrte ihn gelaſſen an, dann kniete ſein Thier nieder und hob ihn mit dem Ruͤſſel ſanft zur Erde; er trank und ruhte ein wenig, bat dann den Fuͤr- ſten Meroes, ihn zu Alexander zu fuͤhren. Als der Koͤnig ihn kammen ſah, eilte er ihm, von wenigen ſeiner Getreuen begleitet, entgegen, er bewunderte die Schoͤnheit des greiſen Fuͤrſten, und den edlen Stolz, mit dem er ihm, obſchon beſiegt, entgegen trat; er begruͤßte ihn mit Wuͤrde und fragte ihn, wie er ſich behandelt zu ſehen wuͤnſchte. Koͤniglich, antwortete Porus; und auf Alex- anders Antwort, ſelbſt Koͤnig werde er ihn nicht anders behan- deln, er moͤge ſagen, was er fuͤr ſich wuͤnſche, antwortete der Fuͤrſt, in dieſem Wort ſei Alles enthalten 49).
49) Wir haben die Anzahl der Todten Macedoniſcher Seits noch nicht angegeben, denn die Zahlen Arrians ſind wohl zu gering; er ſagt, es ſeien ohngefaͤhr achtzig Mann vom Fußvolk, zwanzig von den Macedoniſchen, zehn von den Daiſchen und etwa zweihundert von den uͤbrigen Turaniſchen Reutern gefallen; Diodor hat die
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hundert Elephanten lagen todt auf dem Felde, gegen achtzig Ele-
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nachdem er ſeine Macht gebrochen, ſeine Elephanten uͤberwaͤltigt,
ſein Heer umzingelt und in voͤlliger Aufloͤſung ſah, kaͤmpfend den
Too geſucht; zu lange ſchuͤtzte ihn ſein goldener Panzer und die
Vorſicht des treuen Thieres, das ihn trug; endlich traf ein Pfeil
ſeine rechte Schulter; zum weiteren Kampfe unfaͤhig, und beſorgt,
lebendig in des Feindes Haͤnde zu fallen, wandte er ſein Thier,
aus dem Getuͤmmel zu entkommen. Alexander, voll Bewunderung
fuͤr den tapferen Fuͤrſten, den er bis zum letzten Augenblick hatte
kaͤmpfen ſehen, eilte ihm nach, ſein Leben auf der Flucht zu ret-
ten; da ſtuͤrzte ſein altes und treues Schlachtroß Bucephalus, von
dem heißen Tage erſchoͤpft, unter ihm zuſammen; ſo ſandte er den
Fuͤrſten von Taxila dem fliehenden Koͤnige nach; als aber der ſei-
nen alten Feind erblickte, wandte er ſein Thier und ſchleuderte mit
der letzten Anſtrengung den Speer gegen den Fuͤrſten, ſo daß die-
ſer mit Muͤhe entkam. Alexander zuͤrnte nicht, er ſandte andere
Indier, unter ihnen den Fuͤrſten Meroes, der ehemals dem Koͤ-
nige Porus befreundet geweſen war. Porus, vom Blutverluſt
erſchoͤpft und von brennendem Durſte gequaͤlt, hoͤrte ihn gelaſſen
an, dann kniete ſein Thier nieder und hob ihn mit dem Ruͤſſel
ſanft zur Erde; er trank und ruhte ein wenig, bat dann den Fuͤr-
ſten Meroes, ihn zu Alexander zu fuͤhren. Als der Koͤnig ihn
kammen ſah, eilte er ihm, von wenigen ſeiner Getreuen begleitet,
entgegen, er bewunderte die Schoͤnheit des greiſen Fuͤrſten, und
den edlen Stolz, mit dem er ihm, obſchon beſiegt, entgegen trat;
er begruͤßte ihn mit Wuͤrde und fragte ihn, wie er ſich behandelt
zu ſehen wuͤnſchte. Koͤniglich, antwortete Porus; und auf Alex-
anders Antwort, ſelbſt Koͤnig werde er ihn nicht anders behan-
deln, er moͤge ſagen, was er fuͤr ſich wuͤnſche, antwortete der
Fuͤrſt, in dieſem Wort ſei Alles enthalten 49).
49) Wir haben die Anzahl der Todten Macedoniſcher Seits noch
nicht angegeben, denn die Zahlen Arrians ſind wohl zu gering; er
ſagt, es ſeien ohngefaͤhr achtzig Mann vom Fußvolk, zwanzig von
den Macedoniſchen, zehn von den Daiſchen und etwa zweihundert
von den uͤbrigen Turaniſchen Reutern gefallen; Diodor hat die
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/413>, abgerufen am 25.11.2024.
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