Pferde zu verwirren; zugleich war die Linie der Macedonischen Reuterei halb rechts nachgerückt; das Geschwader Perdikkas sprengte auf die Reihe der Schlachtwagen ein 48), die, bald in vollkom- menster Verwirrung, umsonst sich zu halten oder zu fliehen ver- suchten, in kurzer Zeit waren sie vernichtet und die Flanke der feindlichen Linie geöffnet. Bevor noch die Indische Reuterei, schon durch den Angriff der Daer bestürzt und verwirrt, links schwen- ken und sich in Linie vor der Flanke formiren konnte, rückte Alex- ander schon mit der ganzen Reutermacht seines rechten Flügels zum Angriff auf sie heran; da erhielten die Wagen und Reuter vom jenseitigen Ende der Indischen Schlachtordnung Befehl, dem linken Flügel möglichst schnell zu Hülfe zu kommen, aber kaum hatten sich Reuter und Wagen gewandt, so war auch schon Könus mit seinem und Demetrius Geschwader ihnen nach auf der Flanke und bald hinter der Indischen Linie. Die Indier, von zwei Reu- termassen zugleich bedroht, versuchten beiden die Spitze zu bieten und eine doppelte Fronte zu formiren; um so weniger vermochten sie der Uebermacht zu wiederstehen; bei dem ersten Angriff der Macedonier jagten sie zurück, um hinter der festen Linie der Ele- phanten Schutz zu suchen. Da ließ Porus, auf dem Elephanten des linken Flügels reitend, einen Theil der Thiere wenden und gegen die feindliche Reuterei treiben; ihr heiseres Geschrei ertru- gen die Macedonischen Pferde nicht, scheu flohen sie rückwärts. Zugleich aber war die Phalanx im Sturmschritt angerückt, gegen sie brachen die andern Elephanten der Linie los, es begann der furchtbarste und mörderischste Kampf; die Thiere durchbrachen und zerstampften die dichtesten Reihen, sie schlugen heulend mit ihren Rüsseln nieder und durchbohrten mit ihren Fangzähnen, jede Wunde machte sie wüthender; dennoch wichen die Macedonier nicht, die Reihen aufgelöst, kämpften sie wie im Einzelkampf mit den Riesenthieren, aber ohne weiteren Erfolg, als den, noch nicht vernichtet oder aus dem Felde geschlagen zu sein. Indeß hatten sich die Indischen Reuter gesammelt, sie begannen noch einmal den
48) Die verwirrte Darstellung des Curtius scheint es folgern zu lassen, daß Perdikkas diesen Angriff auf die Wagen, dessen Ar- rian als minder bedeutend nicht erwähnt, geführt habe.
Pferde zu verwirren; zugleich war die Linie der Macedoniſchen Reuterei halb rechts nachgeruͤckt; das Geſchwader Perdikkas ſprengte auf die Reihe der Schlachtwagen ein 48), die, bald in vollkom- menſter Verwirrung, umſonſt ſich zu halten oder zu fliehen ver- ſuchten, in kurzer Zeit waren ſie vernichtet und die Flanke der feindlichen Linie geoͤffnet. Bevor noch die Indiſche Reuterei, ſchon durch den Angriff der Daer beſtuͤrzt und verwirrt, links ſchwen- ken und ſich in Linie vor der Flanke formiren konnte, ruͤckte Alex- ander ſchon mit der ganzen Reutermacht ſeines rechten Fluͤgels zum Angriff auf ſie heran; da erhielten die Wagen und Reuter vom jenſeitigen Ende der Indiſchen Schlachtordnung Befehl, dem linken Fluͤgel moͤglichſt ſchnell zu Huͤlfe zu kommen, aber kaum hatten ſich Reuter und Wagen gewandt, ſo war auch ſchon Koͤnus mit ſeinem und Demetrius Geſchwader ihnen nach auf der Flanke und bald hinter der Indiſchen Linie. Die Indier, von zwei Reu- termaſſen zugleich bedroht, verſuchten beiden die Spitze zu bieten und eine doppelte Fronte zu formiren; um ſo weniger vermochten ſie der Uebermacht zu wiederſtehen; bei dem erſten Angriff der Macedonier jagten ſie zuruͤck, um hinter der feſten Linie der Ele- phanten Schutz zu ſuchen. Da ließ Porus, auf dem Elephanten des linken Fluͤgels reitend, einen Theil der Thiere wenden und gegen die feindliche Reuterei treiben; ihr heiſeres Geſchrei ertru- gen die Macedoniſchen Pferde nicht, ſcheu flohen ſie ruͤckwaͤrts. Zugleich aber war die Phalanx im Sturmſchritt angeruͤckt, gegen ſie brachen die andern Elephanten der Linie los, es begann der furchtbarſte und moͤrderiſchſte Kampf; die Thiere durchbrachen und zerſtampften die dichteſten Reihen, ſie ſchlugen heulend mit ihren Ruͤſſeln nieder und durchbohrten mit ihren Fangzaͤhnen, jede Wunde machte ſie wuͤthender; dennoch wichen die Macedonier nicht, die Reihen aufgeloͤſt, kaͤmpften ſie wie im Einzelkampf mit den Rieſenthieren, aber ohne weiteren Erfolg, als den, noch nicht vernichtet oder aus dem Felde geſchlagen zu ſein. Indeß hatten ſich die Indiſchen Reuter geſammelt, ſie begannen noch einmal den
48) Die verwirrte Darſtellung des Curtius ſcheint es folgern zu laſſen, daß Perdikkas dieſen Angriff auf die Wagen, deſſen Ar- rian als minder bedeutend nicht erwaͤhnt, gefuͤhrt habe.
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Pferde zu verwirren; zugleich war die Linie der Macedoniſchen
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auf die Reihe der Schlachtwagen ein 48), die, bald in vollkom-
menſter Verwirrung, umſonſt ſich zu halten oder zu fliehen ver-
ſuchten, in kurzer Zeit waren ſie vernichtet und die Flanke der
feindlichen Linie geoͤffnet. Bevor noch die Indiſche Reuterei, ſchon
durch den Angriff der Daer beſtuͤrzt und verwirrt, links ſchwen-
ken und ſich in Linie vor der Flanke formiren konnte, ruͤckte Alex-
ander ſchon mit der ganzen Reutermacht ſeines rechten Fluͤgels
zum Angriff auf ſie heran; da erhielten die Wagen und Reuter
vom jenſeitigen Ende der Indiſchen Schlachtordnung Befehl, dem
linken Fluͤgel moͤglichſt ſchnell zu Huͤlfe zu kommen, aber kaum
hatten ſich Reuter und Wagen gewandt, ſo war auch ſchon Koͤnus
mit ſeinem und Demetrius Geſchwader ihnen nach auf der Flanke
und bald hinter der Indiſchen Linie. Die Indier, von zwei Reu-
termaſſen zugleich bedroht, verſuchten beiden die Spitze zu bieten
und eine doppelte Fronte zu formiren; um ſo weniger vermochten
ſie der Uebermacht zu wiederſtehen; bei dem erſten Angriff der
Macedonier jagten ſie zuruͤck, um hinter der feſten Linie der Ele-
phanten Schutz zu ſuchen. Da ließ Porus, auf dem Elephanten
des linken Fluͤgels reitend, einen Theil der Thiere wenden und
gegen die feindliche Reuterei treiben; ihr heiſeres Geſchrei ertru-
gen die Macedoniſchen Pferde nicht, ſcheu flohen ſie ruͤckwaͤrts.
Zugleich aber war die Phalanx im Sturmſchritt angeruͤckt, gegen
ſie brachen die andern Elephanten der Linie los, es begann der
furchtbarſte und moͤrderiſchſte Kampf; die Thiere durchbrachen und
zerſtampften die dichteſten Reihen, ſie ſchlugen heulend mit ihren
Ruͤſſeln nieder und durchbohrten mit ihren Fangzaͤhnen, jede
Wunde machte ſie wuͤthender; dennoch wichen die Macedonier
nicht, die Reihen aufgeloͤſt, kaͤmpften ſie wie im Einzelkampf mit
den Rieſenthieren, aber ohne weiteren Erfolg, als den, noch nicht
vernichtet oder aus dem Felde geſchlagen zu ſein. Indeß hatten
ſich die Indiſchen Reuter geſammelt, ſie begannen noch einmal den
48) Die verwirrte Darſtellung des Curtius ſcheint es folgern
zu laſſen, daß Perdikkas dieſen Angriff auf die Wagen, deſſen Ar-
rian als minder bedeutend nicht erwaͤhnt, gefuͤhrt habe.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/411>, abgerufen am 22.11.2024.
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