genöthigt auf ungleichem Boden den Kampf zu beginnen; mit un- gemeiner Anstrengung gelang es ihm endlich, die Abhänge zu er- klimmen, die Feinde, die mit ausgezeichnetem Muthe kämpften, nach der Seite der Höhe zurückzudrängen, die er, um nicht durch voll- ständige Umzingelung zur verzweifelten Gegenwehr zu zwingen, unbesetzt gelassen hatte. Auch Leonnatus hatte auf seiner Seite die Feinde zum Weichen gebracht, und schon verfolgte Alexander die geschlagene Hauptmacht der Mitte; ein furchtbares Blutbad vollen- dete den mühsam erkämpften Sieg; vierzig tausend Mann wurden kriegsgefangen; ungeheuere Rinderheerden, der Reichthum dieses Al- penvolkes, fielen in die Hände des Siegers; Ptolemäus berichtet, es seien an acht und zwanzig tausend Haupt Vieh gewesen, von denen Alexander die schönsten ausgesucht und zum Behuf des Feldbaues nach Macedonien geschickt habe 17).
Indessen war die Nachricht eingelaufen, daß die Assakaner, die nächsten Anwohner des Indus, sich auf das Eifrigste rüsteten, daß sie Söldner von jenseit des Indus her an sich gezogen und bereits eine Streitmacht von dreißig tausend Mann Fußvolk, zwan- zig tausend Pferden, dreißig Elephanten beisammen hätten. Ale- xander mußte, um ihr Land zu erreichen, zuvor durch das Gebiet der Guräer; diese hatten sich bis jetzt noch nicht unterworfen; des- halb rückte er mit einem Theile seiner Truppen schnell vorauf, wäh- rend Kraterus mit den übrigen, so wie mit den schweren Maschi- nen von Arigäum aus langsamer nachfolgte. Die Bergwege, die kalten Nächte machten den Marsch beschwerlich; desto lachender und reicher war das Thalgebiet der Guräer, zu dem man hinabstieg; rings Weingelände, Haine von Mandelbäumen und Lorbeeren, friedliche Dörfchen an den Bergen hinaufgebaut, unzählige Heerden auf den Alpen weidend 18). Hier, so wird erzählt, kamen die Edelsten des Landes, Akuphis an ihrer Spitze, zum Zelt des Kö- nigs; als sie eintraten und ihn im Glanz seiner Waffen, auf die Lanze gestützt und mit hohem Helme da sitzen sahen, knieten sie staunend nieder; der König hieß sie aufstehen und reden. Sie nun
17)Arrian. IV. 25. Es ist eine merkwürdige Bestätigung die- ser Notiz, daß noch heute in jenen Gegenden mit Stieren geackert wird.
18)Curt. VIII. 10. 14.
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genoͤthigt auf ungleichem Boden den Kampf zu beginnen; mit un- gemeiner Anſtrengung gelang es ihm endlich, die Abhaͤnge zu er- klimmen, die Feinde, die mit ausgezeichnetem Muthe kaͤmpften, nach der Seite der Hoͤhe zuruͤckzudraͤngen, die er, um nicht durch voll- ſtaͤndige Umzingelung zur verzweifelten Gegenwehr zu zwingen, unbeſetzt gelaſſen hatte. Auch Leonnatus hatte auf ſeiner Seite die Feinde zum Weichen gebracht, und ſchon verfolgte Alexander die geſchlagene Hauptmacht der Mitte; ein furchtbares Blutbad vollen- dete den muͤhſam erkaͤmpften Sieg; vierzig tauſend Mann wurden kriegsgefangen; ungeheuere Rinderheerden, der Reichthum dieſes Al- penvolkes, fielen in die Haͤnde des Siegers; Ptolemaͤus berichtet, es ſeien an acht und zwanzig tauſend Haupt Vieh geweſen, von denen Alexander die ſchoͤnſten ausgeſucht und zum Behuf des Feldbaues nach Macedonien geſchickt habe 17).
Indeſſen war die Nachricht eingelaufen, daß die Aſſakaner, die naͤchſten Anwohner des Indus, ſich auf das Eifrigſte ruͤſteten, daß ſie Soͤldner von jenſeit des Indus her an ſich gezogen und bereits eine Streitmacht von dreißig tauſend Mann Fußvolk, zwan- zig tauſend Pferden, dreißig Elephanten beiſammen haͤtten. Ale- xander mußte, um ihr Land zu erreichen, zuvor durch das Gebiet der Guraͤer; dieſe hatten ſich bis jetzt noch nicht unterworfen; des- halb ruͤckte er mit einem Theile ſeiner Truppen ſchnell vorauf, waͤh- rend Kraterus mit den uͤbrigen, ſo wie mit den ſchweren Maſchi- nen von Arigaͤum aus langſamer nachfolgte. Die Bergwege, die kalten Naͤchte machten den Marſch beſchwerlich; deſto lachender und reicher war das Thalgebiet der Guraͤer, zu dem man hinabſtieg; rings Weingelaͤnde, Haine von Mandelbaͤumen und Lorbeeren, friedliche Doͤrfchen an den Bergen hinaufgebaut, unzaͤhlige Heerden auf den Alpen weidend 18). Hier, ſo wird erzaͤhlt, kamen die Edelſten des Landes, Akuphis an ihrer Spitze, zum Zelt des Koͤ- nigs; als ſie eintraten und ihn im Glanz ſeiner Waffen, auf die Lanze geſtuͤtzt und mit hohem Helme da ſitzen ſahen, knieten ſie ſtaunend nieder; der Koͤnig hieß ſie aufſtehen und reden. Sie nun
17)Arrian. IV. 25. Es iſt eine merkwuͤrdige Beſtaͤtigung die- ſer Notiz, daß noch heute in jenen Gegenden mit Stieren geackert wird.
18)Curt. VIII. 10. 14.
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der Seite der Hoͤhe zuruͤckzudraͤngen, die er, um nicht durch voll-
ſtaͤndige Umzingelung zur verzweifelten Gegenwehr zu zwingen,
unbeſetzt gelaſſen hatte. Auch Leonnatus hatte auf ſeiner Seite die
Feinde zum Weichen gebracht, und ſchon verfolgte Alexander die
geſchlagene Hauptmacht der Mitte; ein furchtbares Blutbad vollen-
dete den muͤhſam erkaͤmpften Sieg; vierzig tauſend Mann wurden
kriegsgefangen; ungeheuere Rinderheerden, der Reichthum dieſes Al-
penvolkes, fielen in die Haͤnde des Siegers; Ptolemaͤus berichtet, es
ſeien an acht und zwanzig tauſend Haupt Vieh geweſen, von denen
Alexander die ſchoͤnſten ausgeſucht und zum Behuf des Feldbaues
nach Macedonien geſchickt habe 17).
Indeſſen war die Nachricht eingelaufen, daß die Aſſakaner,
die naͤchſten Anwohner des Indus, ſich auf das Eifrigſte ruͤſteten,
daß ſie Soͤldner von jenſeit des Indus her an ſich gezogen und
bereits eine Streitmacht von dreißig tauſend Mann Fußvolk, zwan-
zig tauſend Pferden, dreißig Elephanten beiſammen haͤtten. Ale-
xander mußte, um ihr Land zu erreichen, zuvor durch das Gebiet
der Guraͤer; dieſe hatten ſich bis jetzt noch nicht unterworfen; des-
halb ruͤckte er mit einem Theile ſeiner Truppen ſchnell vorauf, waͤh-
rend Kraterus mit den uͤbrigen, ſo wie mit den ſchweren Maſchi-
nen von Arigaͤum aus langſamer nachfolgte. Die Bergwege, die
kalten Naͤchte machten den Marſch beſchwerlich; deſto lachender und
reicher war das Thalgebiet der Guraͤer, zu dem man hinabſtieg;
rings Weingelaͤnde, Haine von Mandelbaͤumen und Lorbeeren,
friedliche Doͤrfchen an den Bergen hinaufgebaut, unzaͤhlige Heerden
auf den Alpen weidend 18). Hier, ſo wird erzaͤhlt, kamen die
Edelſten des Landes, Akuphis an ihrer Spitze, zum Zelt des Koͤ-
nigs; als ſie eintraten und ihn im Glanz ſeiner Waffen, auf die
Lanze geſtuͤtzt und mit hohem Helme da ſitzen ſahen, knieten ſie
ſtaunend nieder; der Koͤnig hieß ſie aufſtehen und reden. Sie nun
17) Arrian. IV. 25. Es iſt eine merkwuͤrdige Beſtaͤtigung die-
ſer Notiz, daß noch heute in jenen Gegenden mit Stieren geackert
wird.
18) Curt. VIII. 10. 14.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/383>, abgerufen am 24.11.2024.
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