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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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teln zu versorgen; und sofort ließ er aus den überaus reichen Vor-
räthen seiner Burg den Macedonischen Truppen, die durch die
Strenge des Winters und durch so lange Entbehrungen sehr mit-
genommen waren, Brod, Wein und eingesalzenes Fleisch zeltweise
vertheilen.

Alexander gab ihm die Burg und die Statthalterschaft der
umliegenden Gegend zurück; er selbst ging mit dem größten Theile
des Heeres nach Baktra, indem er den Kraterus mit einigen Ge-
schwadern der Ritterschaft und vier Divisionen der Phalanx weiter
nach Parätacene hinein gegen Katanes und Austanes, die einzigen
noch übrigen Empörer, absandte; die Barbaren wurden in einer
blutigen Schlacht überwunden, Katanes erschlagen, Austanes gefan-
gen vor Alexander gebracht, das Land zur Unterwerfung gezwun-
gen; in Kurzem folgte Kraterus mit seinen Truppen dem Könige
nach Baktra 78). --

Es waren zwei Jahre verflossen, seit Alexander diese Gegen-
den zum ersten Male betreten und ein Unternehmen begonnen hat-
te, das, je größere Schwierigkeiten es zu überwinden geboten hatte,
desto vollständiger gelungen war; die Strenge der Maaßregeln,
deren es bedurft hatte, ist durch den Erfolg und durch ihre Nach-
wirkung auf Jahrhunderte gerechtfertigt worden, und es verstummt
der Vorwurf der Härte vor der gerechteren Bewunderung, mit der
Alexanders Name noch heute von den Völkern Maveralnahars ge-
feiert wird. In der That, die ersten historischen Beziehungen je-
nes merkwürdigen Gebietes, das fortan in der Geschichte des Mor-
genlandes eine entscheidende Rolle spielen sollte, datiren von diesem
Zuge Alexanders. Nachdem er die Bevölkerung mit mächtiger
Hand gebändigt, die Fürsten des Landes gestraft und ihre Burgen

78) Wie weit ins Innere des Landes hinauf Alexanders Trup-
pen kamen, ist natürlich nicht zu ermitteln. Doch berichten Marco
Polo, Baber und Andere, daß sich die Fürsten von Badakschan und
Derwaz ihrer Abstammung von Sekander Filkaus (Alexander Phi-
lipps Sohn) rühmten. Dasselbe hörte der wunderliche Wanderer
Wolff in Klein-Kaschgar von den dortigen Fürsten rühmen (Asiat.
Journ. 1833. May App. p.
15.). Raturgrenzen sind von Balk aus
nach dieser Seite hin auf das Deutlichste ausgeprägt.

teln zu verſorgen; und ſofort ließ er aus den uͤberaus reichen Vor-
raͤthen ſeiner Burg den Macedoniſchen Truppen, die durch die
Strenge des Winters und durch ſo lange Entbehrungen ſehr mit-
genommen waren, Brod, Wein und eingeſalzenes Fleiſch zeltweiſe
vertheilen.

Alexander gab ihm die Burg und die Statthalterſchaft der
umliegenden Gegend zuruͤck; er ſelbſt ging mit dem groͤßten Theile
des Heeres nach Baktra, indem er den Kraterus mit einigen Ge-
ſchwadern der Ritterſchaft und vier Diviſionen der Phalanx weiter
nach Paraͤtacene hinein gegen Katanes und Auſtanes, die einzigen
noch uͤbrigen Empoͤrer, abſandte; die Barbaren wurden in einer
blutigen Schlacht uͤberwunden, Katanes erſchlagen, Auſtanes gefan-
gen vor Alexander gebracht, das Land zur Unterwerfung gezwun-
gen; in Kurzem folgte Kraterus mit ſeinen Truppen dem Koͤnige
nach Baktra 78). —

Es waren zwei Jahre verfloſſen, ſeit Alexander dieſe Gegen-
den zum erſten Male betreten und ein Unternehmen begonnen hat-
te, das, je groͤßere Schwierigkeiten es zu uͤberwinden geboten hatte,
deſto vollſtaͤndiger gelungen war; die Strenge der Maaßregeln,
deren es bedurft hatte, iſt durch den Erfolg und durch ihre Nach-
wirkung auf Jahrhunderte gerechtfertigt worden, und es verſtummt
der Vorwurf der Haͤrte vor der gerechteren Bewunderung, mit der
Alexanders Name noch heute von den Voͤlkern Maveralnahars ge-
feiert wird. In der That, die erſten hiſtoriſchen Beziehungen je-
nes merkwuͤrdigen Gebietes, das fortan in der Geſchichte des Mor-
genlandes eine entſcheidende Rolle ſpielen ſollte, datiren von dieſem
Zuge Alexanders. Nachdem er die Bevoͤlkerung mit maͤchtiger
Hand gebaͤndigt, die Fuͤrſten des Landes geſtraft und ihre Burgen

78) Wie weit ins Innere des Landes hinauf Alexanders Trup-
pen kamen, iſt natuͤrlich nicht zu ermitteln. Doch berichten Marco
Polo, Baber und Andere, daß ſich die Fuͤrſten von Badakſchan und
Derwaz ihrer Abſtammung von Sekander Filkûs (Alexander Phi-
lipps Sohn) ruͤhmten. Daſſelbe hoͤrte der wunderliche Wanderer
Wolff in Klein-Kaſchgar von den dortigen Fuͤrſten ruͤhmen (Asiat.
Journ. 1833. May App. p.
15.). Raturgrenzen ſind von Balk aus
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[345/0359] teln zu verſorgen; und ſofort ließ er aus den uͤberaus reichen Vor- raͤthen ſeiner Burg den Macedoniſchen Truppen, die durch die Strenge des Winters und durch ſo lange Entbehrungen ſehr mit- genommen waren, Brod, Wein und eingeſalzenes Fleiſch zeltweiſe vertheilen. Alexander gab ihm die Burg und die Statthalterſchaft der umliegenden Gegend zuruͤck; er ſelbſt ging mit dem groͤßten Theile des Heeres nach Baktra, indem er den Kraterus mit einigen Ge- ſchwadern der Ritterſchaft und vier Diviſionen der Phalanx weiter nach Paraͤtacene hinein gegen Katanes und Auſtanes, die einzigen noch uͤbrigen Empoͤrer, abſandte; die Barbaren wurden in einer blutigen Schlacht uͤberwunden, Katanes erſchlagen, Auſtanes gefan- gen vor Alexander gebracht, das Land zur Unterwerfung gezwun- gen; in Kurzem folgte Kraterus mit ſeinen Truppen dem Koͤnige nach Baktra 78). — Es waren zwei Jahre verfloſſen, ſeit Alexander dieſe Gegen- den zum erſten Male betreten und ein Unternehmen begonnen hat- te, das, je groͤßere Schwierigkeiten es zu uͤberwinden geboten hatte, deſto vollſtaͤndiger gelungen war; die Strenge der Maaßregeln, deren es bedurft hatte, iſt durch den Erfolg und durch ihre Nach- wirkung auf Jahrhunderte gerechtfertigt worden, und es verſtummt der Vorwurf der Haͤrte vor der gerechteren Bewunderung, mit der Alexanders Name noch heute von den Voͤlkern Maveralnahars ge- feiert wird. In der That, die erſten hiſtoriſchen Beziehungen je- nes merkwuͤrdigen Gebietes, das fortan in der Geſchichte des Mor- genlandes eine entſcheidende Rolle ſpielen ſollte, datiren von dieſem Zuge Alexanders. Nachdem er die Bevoͤlkerung mit maͤchtiger Hand gebaͤndigt, die Fuͤrſten des Landes geſtraft und ihre Burgen 78) Wie weit ins Innere des Landes hinauf Alexanders Trup- pen kamen, iſt natuͤrlich nicht zu ermitteln. Doch berichten Marco Polo, Baber und Andere, daß ſich die Fuͤrſten von Badakſchan und Derwaz ihrer Abſtammung von Sekander Filkûs (Alexander Phi- lipps Sohn) ruͤhmten. Daſſelbe hoͤrte der wunderliche Wanderer Wolff in Klein-Kaſchgar von den dortigen Fuͤrſten ruͤhmen (Asiat. Journ. 1833. May App. p. 15.). Raturgrenzen ſind von Balk aus nach dieſer Seite hin auf das Deutlichſte ausgepraͤgt.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/359>, abgerufen am 28.11.2024.