dem wahren Ruhm seiner Siege und Gründungen noch den über- schwänglichen Prunk des Morgenlandes und die volle Majestät des höchsten irdischen Glückes hinzufügen müsse, ohne das die neu ge- wonnenen Völker an der Größe irre geworden wären, die sie als überirdisch zu verehren bereit waren.
Wie sehr Alexander die Vorurtheile des Morgenlandes ehrte, bewies vor Allem das Gericht über Bessus, das mit aller der Feier- lichkeit gehalten wurde, die das furchtbare Verbrechen des Königs- mordes zu verdienen schien. Die in Zariaspa anwesenden Großen wurden zur Versammlung berufen, dann Bessus in Ketten vorge- führt, der König selbst trat als Kläger wieder ihn auf; es ward das Urtheil gefällt, daß dem Bessus zunächst Nase und Ohren ab- geschnitten, er selbst dann nach Ekoatana abgeführt und unter den Augen der Meder und Perser ans Kreuz geschlagen werden solle 58). Alexander bestätigte das Urtheil, und Bessus, vor den Augen der Versammlung nach Persischer Sitte verstümmelt und gestäupt, ward zur Hinrichtung nach Ekbatana abgeführt 59).
Um diese Zeit trafen Phratapharnes der Parthische Satrap und Stasanor von Arien zu Zariaspa ein; sie brachten in Fesseln den treulosen Arsames, der als Arischer Satrap die Invasion des Sa- tibarzanes begünstigt hatte, den Perser Barzanes, dem von Bessus die Parthische Satrapie übergeben worden war, so wie einige an- dere Großen, die der Usurpation des Bessus ihre Unterstützung ge- liehen hatten; mit ihnen war der letzte Rest einer Parthei vernich- tet, die bei besserer Führung glücklicheren Widerstand zu leisten und den letzten Schein des Rechtes für sich in Anspruch zu nehmen vermocht hätte; wer jetzt noch Parthei gegen Alexander hielt, schien sich einer untergegangenen Sache oder der leichtsinnigsten Selbst- sucht zu opfern.
Unter den Gesandtschaften, die im Laufe des Winters in dem Königlichen Hoflager eintrafen, waren besonders die der Europäi- schen Scythen merkwürdig. Alexander hatte im vorigen Sommer
58) Nach Plut. Alex. 43. sollte er zwischen zwei niedergebeugten Baumspitzen gebunden, und von ihrem Zurückschnellen zerrissen werden.
59)Arrian. IV 7. Curt. VII. 5. und 10. Justin. XII. 5. Diod. Plut. u. a. m.
dem wahren Ruhm ſeiner Siege und Gruͤndungen noch den uͤber- ſchwaͤnglichen Prunk des Morgenlandes und die volle Majeſtaͤt des hoͤchſten irdiſchen Gluͤckes hinzufuͤgen muͤſſe, ohne das die neu ge- wonnenen Voͤlker an der Groͤße irre geworden waͤren, die ſie als uͤberirdiſch zu verehren bereit waren.
Wie ſehr Alexander die Vorurtheile des Morgenlandes ehrte, bewies vor Allem das Gericht uͤber Beſſus, das mit aller der Feier- lichkeit gehalten wurde, die das furchtbare Verbrechen des Koͤnigs- mordes zu verdienen ſchien. Die in Zariaspa anweſenden Großen wurden zur Verſammlung berufen, dann Beſſus in Ketten vorge- fuͤhrt, der Koͤnig ſelbſt trat als Klaͤger wieder ihn auf; es ward das Urtheil gefaͤllt, daß dem Beſſus zunaͤchſt Naſe und Ohren ab- geſchnitten, er ſelbſt dann nach Ekoatana abgefuͤhrt und unter den Augen der Meder und Perſer ans Kreuz geſchlagen werden ſolle 58). Alexander beſtaͤtigte das Urtheil, und Beſſus, vor den Augen der Verſammlung nach Perſiſcher Sitte verſtuͤmmelt und geſtaͤupt, ward zur Hinrichtung nach Ekbatana abgefuͤhrt 59).
Um dieſe Zeit trafen Phratapharnes der Parthiſche Satrap und Staſanor von Arien zu Zariaspa ein; ſie brachten in Feſſeln den treuloſen Arſames, der als Ariſcher Satrap die Invaſion des Sa- tibarzanes beguͤnſtigt hatte, den Perſer Barzanes, dem von Beſſus die Parthiſche Satrapie uͤbergeben worden war, ſo wie einige an- dere Großen, die der Uſurpation des Beſſus ihre Unterſtuͤtzung ge- liehen hatten; mit ihnen war der letzte Reſt einer Parthei vernich- tet, die bei beſſerer Fuͤhrung gluͤcklicheren Widerſtand zu leiſten und den letzten Schein des Rechtes fuͤr ſich in Anſpruch zu nehmen vermocht haͤtte; wer jetzt noch Parthei gegen Alexander hielt, ſchien ſich einer untergegangenen Sache oder der leichtſinnigſten Selbſt- ſucht zu opfern.
Unter den Geſandtſchaften, die im Laufe des Winters in dem Koͤniglichen Hoflager eintrafen, waren beſonders die der Europaͤi- ſchen Scythen merkwuͤrdig. Alexander hatte im vorigen Sommer
58) Nach Plut. Alex. 43. ſollte er zwiſchen zwei niedergebeugten Baumſpitzen gebunden, und von ihrem Zuruͤckſchnellen zerriſſen werden.
59)Arrian. IV 7. Curt. VII. 5. und 10. Justin. XII. 5. Diod. Plut. u. a. m.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0341"n="327"/>
dem wahren Ruhm ſeiner Siege und Gruͤndungen noch den uͤber-<lb/>ſchwaͤnglichen Prunk des Morgenlandes und die volle Majeſtaͤt des<lb/>
hoͤchſten irdiſchen Gluͤckes hinzufuͤgen muͤſſe, ohne das die neu ge-<lb/>
wonnenen Voͤlker an der Groͤße irre geworden waͤren, die ſie als<lb/>
uͤberirdiſch zu verehren bereit waren.</p><lb/><p>Wie ſehr Alexander die Vorurtheile des Morgenlandes ehrte,<lb/>
bewies vor Allem das Gericht uͤber Beſſus, das mit aller der Feier-<lb/>
lichkeit gehalten wurde, die das furchtbare Verbrechen des Koͤnigs-<lb/>
mordes zu verdienen ſchien. Die in Zariaspa anweſenden Großen<lb/>
wurden zur Verſammlung berufen, dann Beſſus in Ketten vorge-<lb/>
fuͤhrt, der Koͤnig ſelbſt trat als Klaͤger wieder ihn auf; es ward<lb/>
das Urtheil gefaͤllt, daß dem Beſſus zunaͤchſt Naſe und Ohren ab-<lb/>
geſchnitten, er ſelbſt dann nach Ekoatana abgefuͤhrt und unter den<lb/>
Augen der Meder und Perſer ans Kreuz geſchlagen werden ſolle <noteplace="foot"n="58)">Nach <hirendition="#aq">Plut. Alex.</hi> 43. ſollte er zwiſchen zwei niedergebeugten<lb/>
Baumſpitzen gebunden, und von ihrem Zuruͤckſchnellen zerriſſen<lb/>
werden.</note>.<lb/>
Alexander beſtaͤtigte das Urtheil, und Beſſus, vor den Augen der<lb/>
Verſammlung nach Perſiſcher Sitte verſtuͤmmelt und geſtaͤupt, ward<lb/>
zur Hinrichtung nach Ekbatana abgefuͤhrt <noteplace="foot"n="59)"><hirendition="#aq">Arrian. IV 7. Curt. VII.</hi> 5. und 10. <hirendition="#aq">Justin.<lb/>
XII. 5. Diod. Plut.</hi> u. a. m.</note>.</p><lb/><p>Um dieſe Zeit trafen Phratapharnes der Parthiſche Satrap und<lb/>
Staſanor von Arien zu Zariaspa ein; ſie brachten in Feſſeln den<lb/>
treuloſen Arſames, der als Ariſcher Satrap die Invaſion des Sa-<lb/>
tibarzanes beguͤnſtigt hatte, den Perſer Barzanes, dem von Beſſus<lb/>
die Parthiſche Satrapie uͤbergeben worden war, ſo wie einige an-<lb/>
dere Großen, die der Uſurpation des Beſſus ihre Unterſtuͤtzung ge-<lb/>
liehen hatten; mit ihnen war der letzte Reſt einer Parthei vernich-<lb/>
tet, die bei beſſerer Fuͤhrung gluͤcklicheren Widerſtand zu leiſten und<lb/>
den letzten Schein des Rechtes fuͤr ſich in Anſpruch zu nehmen<lb/>
vermocht haͤtte; wer jetzt noch Parthei gegen Alexander hielt, ſchien<lb/>ſich einer untergegangenen Sache oder der leichtſinnigſten Selbſt-<lb/>ſucht zu opfern.</p><lb/><p>Unter den Geſandtſchaften, die im Laufe des Winters in dem<lb/>
Koͤniglichen Hoflager eintrafen, waren beſonders die der Europaͤi-<lb/>ſchen Scythen merkwuͤrdig. Alexander hatte im vorigen Sommer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[327/0341]
dem wahren Ruhm ſeiner Siege und Gruͤndungen noch den uͤber-
ſchwaͤnglichen Prunk des Morgenlandes und die volle Majeſtaͤt des
hoͤchſten irdiſchen Gluͤckes hinzufuͤgen muͤſſe, ohne das die neu ge-
wonnenen Voͤlker an der Groͤße irre geworden waͤren, die ſie als
uͤberirdiſch zu verehren bereit waren.
Wie ſehr Alexander die Vorurtheile des Morgenlandes ehrte,
bewies vor Allem das Gericht uͤber Beſſus, das mit aller der Feier-
lichkeit gehalten wurde, die das furchtbare Verbrechen des Koͤnigs-
mordes zu verdienen ſchien. Die in Zariaspa anweſenden Großen
wurden zur Verſammlung berufen, dann Beſſus in Ketten vorge-
fuͤhrt, der Koͤnig ſelbſt trat als Klaͤger wieder ihn auf; es ward
das Urtheil gefaͤllt, daß dem Beſſus zunaͤchſt Naſe und Ohren ab-
geſchnitten, er ſelbſt dann nach Ekoatana abgefuͤhrt und unter den
Augen der Meder und Perſer ans Kreuz geſchlagen werden ſolle 58).
Alexander beſtaͤtigte das Urtheil, und Beſſus, vor den Augen der
Verſammlung nach Perſiſcher Sitte verſtuͤmmelt und geſtaͤupt, ward
zur Hinrichtung nach Ekbatana abgefuͤhrt 59).
Um dieſe Zeit trafen Phratapharnes der Parthiſche Satrap und
Staſanor von Arien zu Zariaspa ein; ſie brachten in Feſſeln den
treuloſen Arſames, der als Ariſcher Satrap die Invaſion des Sa-
tibarzanes beguͤnſtigt hatte, den Perſer Barzanes, dem von Beſſus
die Parthiſche Satrapie uͤbergeben worden war, ſo wie einige an-
dere Großen, die der Uſurpation des Beſſus ihre Unterſtuͤtzung ge-
liehen hatten; mit ihnen war der letzte Reſt einer Parthei vernich-
tet, die bei beſſerer Fuͤhrung gluͤcklicheren Widerſtand zu leiſten und
den letzten Schein des Rechtes fuͤr ſich in Anſpruch zu nehmen
vermocht haͤtte; wer jetzt noch Parthei gegen Alexander hielt, ſchien
ſich einer untergegangenen Sache oder der leichtſinnigſten Selbſt-
ſucht zu opfern.
Unter den Geſandtſchaften, die im Laufe des Winters in dem
Koͤniglichen Hoflager eintrafen, waren beſonders die der Europaͤi-
ſchen Scythen merkwuͤrdig. Alexander hatte im vorigen Sommer
58) Nach Plut. Alex. 43. ſollte er zwiſchen zwei niedergebeugten
Baumſpitzen gebunden, und von ihrem Zuruͤckſchnellen zerriſſen
werden.
59) Arrian. IV 7. Curt. VII. 5. und 10. Justin.
XII. 5. Diod. Plut. u. a. m.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/341>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.