Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

seinen Seythen gegen Marakanda, und begann, durch die errungenen
Vortheile ermuthigt und von der Bevölkerung unterstützt, die Be-
satzung der Stadt zum zweiten Male zu belagern.

Diese Nachricht nöthigten den König Alexander, auf das Schleu-
nigste die Verhältnisse mit den Scythischen Völkern am Tanais zu
ordnen; zufrieden, in der neugegründeten Stadt am Tanais zu-
gleich eine Grenzwarte und eine wichtige Position für künftige Un-
ternehmungen zu besitzen, eilte er, indem er den größeren Theil des
Heeres unter Kraterus Führung nachrücken ließ, an der Spitze des
leichten Fußvolks, der Hypaspisten und der Hälfte der Edelschaaren
nach dem Soghdthale; mit verdoppelten Tagemärschen stand er am
vierten Tage vor Samarkanda 54). Spitamenes war auf die

einen Hinterhalt gelegt hatte (?) macht Curtius ein silvestre iter
und saltus, er nennt diese Seythen Dahae, doch ließe sich aus der
Variante Dacae auch Sacae machen, nur daß hier mit einem Namen
nicht viel gewonnen wird. Schwieriger und wichtiger ist es, die
Lokalitäten aufzusuchen. Daß der Strom Polytimetus kein anderer
ist, als der Soghdfluß, ist ausgemacht; aber wo ist die "Residenz"
Baktra (so nennt sie Curtius VII. 9. 20.) zu suchen, zu der Spita-
menes von der Residenz Markanda flieht? Bedenkt man die Wich-
tigkeit und die Schönheit des unteren Soghdthales, welches durch
die Oxuspassage bei Amol und den Weg von Merv mit Iran die
nächste Verbindung hat, und vergleicht man damit den Umstand,
daß aus Alexanders Zeit keine weitere Ortschaft unterhalb Samar-
kand die paradisischen Tumans von Bochara bezeichnet, so wird
man geneigt, diese "basileia" dort ohngefähr zu suchen; des Cl. Pto-
lemäus Tribactra liegt ziemlich genau in derselben Gegend, wenige
Meilen nordöstlich von dem Oxiana See, der kein anderer ist, als
der Karakul; und Abulfeda nennt unter den Orientirungen von Bo-
chara die des Cl. Ptolemäus; von Bochara aus wird Spitamenes über
den einige Meilen entfernten Südarm des Soghdflusses (Zer-afchan)
gen Westen geflohen sein, denn hier beginnt bald jene Steppe, in
der sich der Nordarm (Wafkend) verliert.
54) Die Entfernung
von tausend fünf hundert Stadien stimmt mit der Angabe bei Abul-
feda, daß Kojend sieben Tagereisen von Samarkand entfernt sei,
(Geog. min. ed. Hud. t. III. p. 32) und noch genauer mit der Rei-
seroute, die oben aus Fraser mitgetheilt ist. Die Angabe bei Ba-
ber, daß Samarkand von Kojend eben so weit entfernt sei wie An-
21 *

ſeinen Seythen gegen Marakanda, und begann, durch die errungenen
Vortheile ermuthigt und von der Bevoͤlkerung unterſtuͤtzt, die Be-
ſatzung der Stadt zum zweiten Male zu belagern.

Dieſe Nachricht noͤthigten den Koͤnig Alexander, auf das Schleu-
nigſte die Verhaͤltniſſe mit den Scythiſchen Voͤlkern am Tanais zu
ordnen; zufrieden, in der neugegruͤndeten Stadt am Tanais zu-
gleich eine Grenzwarte und eine wichtige Poſition fuͤr kuͤnftige Un-
ternehmungen zu beſitzen, eilte er, indem er den groͤßeren Theil des
Heeres unter Kraterus Fuͤhrung nachruͤcken ließ, an der Spitze des
leichten Fußvolks, der Hypaspiſten und der Haͤlfte der Edelſchaaren
nach dem Soghdthale; mit verdoppelten Tagemaͤrſchen ſtand er am
vierten Tage vor Samarkanda 54). Spitamenes war auf die

einen Hinterhalt gelegt hatte (?) macht Curtius ein silvestre iter
und saltus, er nennt dieſe Seythen Dahae, doch ließe ſich aus der
Variante Dacae auch Sacae machen, nur daß hier mit einem Namen
nicht viel gewonnen wird. Schwieriger und wichtiger iſt es, die
Lokalitaͤten aufzuſuchen. Daß der Strom Polytimetus kein anderer
iſt, als der Soghdfluß, iſt ausgemacht; aber wo iſt die „Reſidenz“
Baktra (ſo nennt ſie Curtius VII. 9. 20.) zu ſuchen, zu der Spita-
menes von der Reſidenz Markanda flieht? Bedenkt man die Wich-
tigkeit und die Schoͤnheit des unteren Soghdthales, welches durch
die Oxuspaſſage bei Amol und den Weg von Merv mit Iran die
naͤchſte Verbindung hat, und vergleicht man damit den Umſtand,
daß aus Alexanders Zeit keine weitere Ortſchaft unterhalb Samar-
kand die paradiſiſchen Tumans von Bochara bezeichnet, ſo wird
man geneigt, dieſe „βασίλεια“ dort ohngefaͤhr zu ſuchen; des Cl. Pto-
lemaͤus Tribactra liegt ziemlich genau in derſelben Gegend, wenige
Meilen nordoͤſtlich von dem Oxiana See, der kein anderer iſt, als
der Karakul; und Abulfeda nennt unter den Orientirungen von Bo-
chara die des Cl. Ptolemaͤus; von Bochara aus wird Spitamenes uͤber
den einige Meilen entfernten Suͤdarm des Soghdfluſſes (Zer-afchan)
gen Weſten geflohen ſein, denn hier beginnt bald jene Steppe, in
der ſich der Nordarm (Wafkend) verliert.
54) Die Entfernung
von tauſend fuͤnf hundert Stadien ſtimmt mit der Angabe bei Abul-
feda, daß Kojend ſieben Tagereiſen von Samarkand entfernt ſei,
(Geog. min. ed. Hud. t. III. p. 32) und noch genauer mit der Rei-
ſeroute, die oben aus Fraſer mitgetheilt iſt. Die Angabe bei Ba-
ber, daß Samarkand von Kojend eben ſo weit entfernt ſei wie An-
21 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0337" n="323"/>
&#x017F;einen Seythen gegen Marakanda, und begann, durch die errungenen<lb/>
Vortheile ermuthigt und von der Bevo&#x0364;lkerung unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, die Be-<lb/>
&#x017F;atzung der Stadt zum zweiten Male zu belagern.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Nachricht no&#x0364;thigten den Ko&#x0364;nig Alexander, auf das Schleu-<lb/>
nig&#x017F;te die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e mit den Scythi&#x017F;chen Vo&#x0364;lkern am Tanais zu<lb/>
ordnen; zufrieden, in der neugegru&#x0364;ndeten Stadt am Tanais zu-<lb/>
gleich eine Grenzwarte und eine wichtige Po&#x017F;ition fu&#x0364;r ku&#x0364;nftige Un-<lb/>
ternehmungen zu be&#x017F;itzen, eilte er, indem er den gro&#x0364;ßeren Theil des<lb/>
Heeres unter Kraterus Fu&#x0364;hrung nachru&#x0364;cken ließ, an der Spitze des<lb/>
leichten Fußvolks, der Hypaspi&#x017F;ten und der Ha&#x0364;lfte der Edel&#x017F;chaaren<lb/>
nach dem Soghdthale; mit verdoppelten Tagema&#x0364;r&#x017F;chen &#x017F;tand er am<lb/>
vierten Tage vor Samarkanda <note xml:id="note-0337a" next="#note-0338" place="foot" n="54)">Die Entfernung<lb/>
von tau&#x017F;end fu&#x0364;nf hundert Stadien &#x017F;timmt mit der Angabe bei Abul-<lb/>
feda, daß Kojend &#x017F;ieben Tagerei&#x017F;en von Samarkand entfernt &#x017F;ei,<lb/>
(<hi rendition="#aq">Geog. min. ed. Hud. t. III. p.</hi> 32) und noch genauer mit der Rei-<lb/>
&#x017F;eroute, die oben aus Fra&#x017F;er mitgetheilt i&#x017F;t. Die Angabe bei Ba-<lb/>
ber, daß Samarkand von Kojend eben &#x017F;o weit entfernt &#x017F;ei wie An-</note>. Spitamenes war auf die<lb/><note xml:id="note-0337" prev="#note-0336" place="foot" n="53)">einen Hinterhalt gelegt hatte (?) macht Curtius ein <hi rendition="#aq">silvestre iter</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">saltus</hi>, er nennt die&#x017F;e Seythen <hi rendition="#aq">Dahae</hi>, doch ließe &#x017F;ich aus der<lb/>
Variante <hi rendition="#aq">Dacae</hi> auch Sacae machen, nur daß hier mit einem Namen<lb/>
nicht viel gewonnen wird. Schwieriger und wichtiger i&#x017F;t es, die<lb/>
Lokalita&#x0364;ten aufzu&#x017F;uchen. Daß der Strom Polytimetus kein anderer<lb/>
i&#x017F;t, als der Soghdfluß, i&#x017F;t ausgemacht; aber wo i&#x017F;t die &#x201E;Re&#x017F;idenz&#x201C;<lb/>
Baktra (&#x017F;o nennt &#x017F;ie <hi rendition="#aq">Curtius VII.</hi> 9. 20.) zu &#x017F;uchen, zu der Spita-<lb/>
menes von der Re&#x017F;idenz Markanda flieht? Bedenkt man die Wich-<lb/>
tigkeit und die Scho&#x0364;nheit des unteren Soghdthales, welches durch<lb/>
die Oxuspa&#x017F;&#x017F;age bei Amol und den Weg von Merv mit Iran die<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;te Verbindung hat, und vergleicht man damit den Um&#x017F;tand,<lb/>
daß aus Alexanders Zeit keine weitere Ort&#x017F;chaft unterhalb Samar-<lb/>
kand die paradi&#x017F;i&#x017F;chen Tumans von Bochara bezeichnet, &#x017F;o wird<lb/>
man geneigt, die&#x017F;e &#x201E;&#x03B2;&#x03B1;&#x03C3;&#x03AF;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B9;&#x03B1;&#x201C; dort ohngefa&#x0364;hr zu &#x017F;uchen; des Cl. Pto-<lb/>
lema&#x0364;us Tribactra liegt ziemlich genau in der&#x017F;elben Gegend, wenige<lb/>
Meilen nordo&#x0364;&#x017F;tlich von dem Oxiana See, der kein anderer i&#x017F;t, als<lb/>
der Karakul; und Abulfeda nennt unter den Orientirungen von Bo-<lb/>
chara die des Cl. Ptolema&#x0364;us; von Bochara aus wird Spitamenes u&#x0364;ber<lb/>
den einige Meilen entfernten Su&#x0364;darm des Soghdflu&#x017F;&#x017F;es (Zer-afchan)<lb/>
gen We&#x017F;ten geflohen &#x017F;ein, denn hier beginnt bald jene Steppe, in<lb/>
der &#x017F;ich der Nordarm (Wafkend) verliert.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">21 *</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0337] ſeinen Seythen gegen Marakanda, und begann, durch die errungenen Vortheile ermuthigt und von der Bevoͤlkerung unterſtuͤtzt, die Be- ſatzung der Stadt zum zweiten Male zu belagern. Dieſe Nachricht noͤthigten den Koͤnig Alexander, auf das Schleu- nigſte die Verhaͤltniſſe mit den Scythiſchen Voͤlkern am Tanais zu ordnen; zufrieden, in der neugegruͤndeten Stadt am Tanais zu- gleich eine Grenzwarte und eine wichtige Poſition fuͤr kuͤnftige Un- ternehmungen zu beſitzen, eilte er, indem er den groͤßeren Theil des Heeres unter Kraterus Fuͤhrung nachruͤcken ließ, an der Spitze des leichten Fußvolks, der Hypaspiſten und der Haͤlfte der Edelſchaaren nach dem Soghdthale; mit verdoppelten Tagemaͤrſchen ſtand er am vierten Tage vor Samarkanda 54). Spitamenes war auf die 53) 54) Die Entfernung von tauſend fuͤnf hundert Stadien ſtimmt mit der Angabe bei Abul- feda, daß Kojend ſieben Tagereiſen von Samarkand entfernt ſei, (Geog. min. ed. Hud. t. III. p. 32) und noch genauer mit der Rei- ſeroute, die oben aus Fraſer mitgetheilt iſt. Die Angabe bei Ba- ber, daß Samarkand von Kojend eben ſo weit entfernt ſei wie An- 53) einen Hinterhalt gelegt hatte (?) macht Curtius ein silvestre iter und saltus, er nennt dieſe Seythen Dahae, doch ließe ſich aus der Variante Dacae auch Sacae machen, nur daß hier mit einem Namen nicht viel gewonnen wird. Schwieriger und wichtiger iſt es, die Lokalitaͤten aufzuſuchen. Daß der Strom Polytimetus kein anderer iſt, als der Soghdfluß, iſt ausgemacht; aber wo iſt die „Reſidenz“ Baktra (ſo nennt ſie Curtius VII. 9. 20.) zu ſuchen, zu der Spita- menes von der Reſidenz Markanda flieht? Bedenkt man die Wich- tigkeit und die Schoͤnheit des unteren Soghdthales, welches durch die Oxuspaſſage bei Amol und den Weg von Merv mit Iran die naͤchſte Verbindung hat, und vergleicht man damit den Umſtand, daß aus Alexanders Zeit keine weitere Ortſchaft unterhalb Samar- kand die paradiſiſchen Tumans von Bochara bezeichnet, ſo wird man geneigt, dieſe „βασίλεια“ dort ohngefaͤhr zu ſuchen; des Cl. Pto- lemaͤus Tribactra liegt ziemlich genau in derſelben Gegend, wenige Meilen nordoͤſtlich von dem Oxiana See, der kein anderer iſt, als der Karakul; und Abulfeda nennt unter den Orientirungen von Bo- chara die des Cl. Ptolemaͤus; von Bochara aus wird Spitamenes uͤber den einige Meilen entfernten Suͤdarm des Soghdfluſſes (Zer-afchan) gen Weſten geflohen ſein, denn hier beginnt bald jene Steppe, in der ſich der Nordarm (Wafkend) verliert. 21 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/337
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/337>, abgerufen am 26.11.2024.