und für die ersten Ansiedler die nothwendigen Wohnungen errich- tet; Macedonische Veteranen, ein Theil der Griechischen Söldner, überdieß aus den Barbaren der Umgegend wer da wollte, und die aus den zerstörten Festungen fortgeführten Familien bildeten die erste Bevölkerung dieser Stadt, welcher der König unter den gebräuch- lichen Opfern, Wettkämpfen und Festlichkeiten den Namen Alexan- dria gab 47).
Indessen lagerten die Scythischen Horden noch immer am jen- seitigen Ufer des Flusses, sie schossen wie zum Kampf herausfor- dernd Pfeile hinüber, sie prahlten und lärmten, die Fremdlinge würden wohl nicht wagen, mit Scythen zu kämpfen, wagten sie es, so sollten sie inne werden, welch ein Unterschied zwischen den Söhnen der Wüste und den Persischen Weichlingen sei. Alexander beschloß über den Strom zu gehen und sie anzugreifen; aber die Opfer ga- ben ihm keine günstigen Zeichen; es mochte dazu kommen, daß er von der Wunde, die er bei der Einnahme von Cyropolis empfan- gen, noch nicht so weit wiederhergestellt war, um persönlich an dem Ueberfall Antheil nehmen zu können. Als aber die Scythen mit ihrem Prahlen immer frecher wurden, und zu gleicher Zeit aus Sogdiana die bedrohlichsten Nachrichten einliefen, da ließ der Kö- nig seinen Zeichendeuter Aristander zum zweiten Male opfern und den Willen der Götter erforschen; und wieder verkündeten die Opfer nichts Gutes, sie bezeichneten persönliche Gefahr für den König; da befahl Alexander mit den Worten, daß er sich selbst lie- ber der höchsten Gefahr aussetzen, als länger zum Gelächter der Barbaren dienen wolle, die Truppen an die Ufer rücken zu lassen, die Wurfgeschütze aufzufahren, die zu Pontons verwandelten Zelt- felle zum Uebergang bereit zu machen. Es geschah; während auf dem jenseitigen Ufer die Scythen auf ihren Pferden laut lärmend auf und niederjagten, rückten die Macedonischen Schaaren in voller Rüstung längs dem Südufer auf, vor ihnen die Wurfmaschinen, die dann plötzlich alle zugleich Pfeile und Steine über den Strom zu schleudern begannen. Das hatten die halbwilden Scythen noch nie gesehen; bestürzt und verwirrt wichen sie vom Ufer zurück, während
47)Curt. Justin. Arrian.
und fuͤr die erſten Anſiedler die nothwendigen Wohnungen errich- tet; Macedoniſche Veteranen, ein Theil der Griechiſchen Soͤldner, uͤberdieß aus den Barbaren der Umgegend wer da wollte, und die aus den zerſtoͤrten Feſtungen fortgefuͤhrten Familien bildeten die erſte Bevoͤlkerung dieſer Stadt, welcher der Koͤnig unter den gebraͤuch- lichen Opfern, Wettkaͤmpfen und Feſtlichkeiten den Namen Alexan- dria gab 47).
Indeſſen lagerten die Scythiſchen Horden noch immer am jen- ſeitigen Ufer des Fluſſes, ſie ſchoſſen wie zum Kampf herausfor- dernd Pfeile hinuͤber, ſie prahlten und laͤrmten, die Fremdlinge wuͤrden wohl nicht wagen, mit Scythen zu kaͤmpfen, wagten ſie es, ſo ſollten ſie inne werden, welch ein Unterſchied zwiſchen den Soͤhnen der Wuͤſte und den Perſiſchen Weichlingen ſei. Alexander beſchloß uͤber den Strom zu gehen und ſie anzugreifen; aber die Opfer ga- ben ihm keine guͤnſtigen Zeichen; es mochte dazu kommen, daß er von der Wunde, die er bei der Einnahme von Cyropolis empfan- gen, noch nicht ſo weit wiederhergeſtellt war, um perſoͤnlich an dem Ueberfall Antheil nehmen zu koͤnnen. Als aber die Scythen mit ihrem Prahlen immer frecher wurden, und zu gleicher Zeit aus Sogdiana die bedrohlichſten Nachrichten einliefen, da ließ der Koͤ- nig ſeinen Zeichendeuter Ariſtander zum zweiten Male opfern und den Willen der Goͤtter erforſchen; und wieder verkuͤndeten die Opfer nichts Gutes, ſie bezeichneten perſoͤnliche Gefahr fuͤr den Koͤnig; da befahl Alexander mit den Worten, daß er ſich ſelbſt lie- ber der hoͤchſten Gefahr ausſetzen, als laͤnger zum Gelaͤchter der Barbaren dienen wolle, die Truppen an die Ufer ruͤcken zu laſſen, die Wurfgeſchuͤtze aufzufahren, die zu Pontons verwandelten Zelt- felle zum Uebergang bereit zu machen. Es geſchah; waͤhrend auf dem jenſeitigen Ufer die Scythen auf ihren Pferden laut laͤrmend auf und niederjagten, ruͤckten die Macedoniſchen Schaaren in voller Ruͤſtung laͤngs dem Suͤdufer auf, vor ihnen die Wurfmaſchinen, die dann ploͤtzlich alle zugleich Pfeile und Steine uͤber den Strom zu ſchleudern begannen. Das hatten die halbwilden Scythen noch nie geſehen; beſtuͤrzt und verwirrt wichen ſie vom Ufer zuruͤck, waͤhrend
47)Curt. Justin. Arrian.
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und fuͤr die erſten Anſiedler die nothwendigen Wohnungen errich-
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uͤberdieß aus den Barbaren der Umgegend wer da wollte, und die
aus den zerſtoͤrten Feſtungen fortgefuͤhrten Familien bildeten die erſte
Bevoͤlkerung dieſer Stadt, welcher der Koͤnig unter den gebraͤuch-
lichen Opfern, Wettkaͤmpfen und Feſtlichkeiten den Namen Alexan-
dria gab 47).
Indeſſen lagerten die Scythiſchen Horden noch immer am jen-
ſeitigen Ufer des Fluſſes, ſie ſchoſſen wie zum Kampf herausfor-
dernd Pfeile hinuͤber, ſie prahlten und laͤrmten, die Fremdlinge
wuͤrden wohl nicht wagen, mit Scythen zu kaͤmpfen, wagten ſie es,
ſo ſollten ſie inne werden, welch ein Unterſchied zwiſchen den Soͤhnen
der Wuͤſte und den Perſiſchen Weichlingen ſei. Alexander beſchloß
uͤber den Strom zu gehen und ſie anzugreifen; aber die Opfer ga-
ben ihm keine guͤnſtigen Zeichen; es mochte dazu kommen, daß er
von der Wunde, die er bei der Einnahme von Cyropolis empfan-
gen, noch nicht ſo weit wiederhergeſtellt war, um perſoͤnlich an dem
Ueberfall Antheil nehmen zu koͤnnen. Als aber die Scythen mit
ihrem Prahlen immer frecher wurden, und zu gleicher Zeit aus
Sogdiana die bedrohlichſten Nachrichten einliefen, da ließ der Koͤ-
nig ſeinen Zeichendeuter Ariſtander zum zweiten Male opfern und
den Willen der Goͤtter erforſchen; und wieder verkuͤndeten die
Opfer nichts Gutes, ſie bezeichneten perſoͤnliche Gefahr fuͤr den
Koͤnig; da befahl Alexander mit den Worten, daß er ſich ſelbſt lie-
ber der hoͤchſten Gefahr ausſetzen, als laͤnger zum Gelaͤchter der
Barbaren dienen wolle, die Truppen an die Ufer ruͤcken zu laſſen,
die Wurfgeſchuͤtze aufzufahren, die zu Pontons verwandelten Zelt-
felle zum Uebergang bereit zu machen. Es geſchah; waͤhrend auf
dem jenſeitigen Ufer die Scythen auf ihren Pferden laut laͤrmend
auf und niederjagten, ruͤckten die Macedoniſchen Schaaren in voller
Ruͤſtung laͤngs dem Suͤdufer auf, vor ihnen die Wurfmaſchinen, die
dann ploͤtzlich alle zugleich Pfeile und Steine uͤber den Strom zu
ſchleudern begannen. Das hatten die halbwilden Scythen noch nie
geſehen; beſtuͤrzt und verwirrt wichen ſie vom Ufer zuruͤck, waͤhrend
47) Curt. Justin. Arrian.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/332>, abgerufen am 26.11.2024.
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