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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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der nordwestlich von Hekatompylos in die Berge führt und in
mannigfachen Wendungen, von steilen Felsen überragt, an dem
Bette des wilden, oft unter den Klippen verschwindenden Bergstro-

nachdem dieser an dem Bergstrome Stibötes oder Ziobetis, der
sich in den Rhidago ergießt, gelagert hatte. Diese Vereinigung
zweier Flüsse und die bedeutende Breite des vereinten Stromes (drei-
zehn Stadien; Curt.) läßt nur zwischen dem Fluß, der bei Muschid-
i-Sir mündet und dem Gorganflusse in der Südostecke des Kaspi-
schen Meeres die Wahl; letzterer würde vollkommen außer dem Wege
des Kraterus liegen, so ist klar, daß der Fluß, der sich bei Balfrusch
vorüber ergießt, der Rhidago ist, und daß der Stibötes, in dessen
Thal Alexander hinabzog, derselbe wilde Bergstrom ist, den G. For-
ster auf seiner Reise (er nennt ihn the Mazanderanriver) mehrfach
übersetzte. Alexander ging von Hekatompylos (Damaghan) aus; mit
drei Tagemärschen durch Parthisches Gebiet kam er an die Grenze
Hyrkaniens; drei Meilen weiter trat er in den Paßweg ein (Curt.
VI.
4. 1 -- 4.). Dies dürfte genau der Weg sein, den Forster nahm
(s. G. Forster Journey from Bengal to England, Vol. II, p. 191);
der Engpaß von Chaloo ist dreizehn Meilen von Damaghan entfernt,
und drei Meilen vor demselben fand Forster eine Reihe Ruinen auf
einer Höhe. Jenseits des Passes beginnt nun die waldige Wildniß,
die Curtius so anziehend beschreibt, und die Forster in drei Tagereisen
(funfzehn Farasangen) bis an ihr Nordwestende durchzog, von wo noch
drei Farasangen bis Sari. Sari nun bedeutet nach Ouselys Angabe
Granatapfel, eine Frucht, die auch nach den alten Angaben in jener
Gegend häufig ist (Curt. Diod.), und die mehr als einer Stadt am
Elburus den Namen gegeben hat (so Sari-Camich; Chereff. IV. 19.
p.
154); mehr als diese Namensähnlichkeit beweiset die Richtung der
Wege, daß Sari und Zadra-Carta (Zadra-Stadt) gleich sind; denn
nur hier können sich die drei Straßen, die Alexanders Truppen nah-
men, vereinen. Von diesem Zadracarta (Arrian. III. 23. 11.) ist voll-
kommen verschieden ein zweites Zadracarta (Arrian. III. 25. 1.) oder
auch Zeudracarta, die Residenz Hyrkaniens, mag dieser Name bei Arrian
richtig oder falsch sein; denn erst von dem Lager bei Zadracarta
rückte Alexander zur Residenz. Wo letztere lag, ist nicht zu sagen;
doch hat Strabo (XI. p. 426) neben dem Namen Carta (d. i. Zadra-
carta) als Residenz Tape angeführt. Dieser Ort liegt dicht am
Meere, vierzehnhundert Stadien von den Kaspischen Pässen (natür-
lich den Südpässen) entfernt, eine Bezeichnung, die genau auf Kara-

der nordweſtlich von Hekatompylos in die Berge führt und in
mannigfachen Wendungen, von ſteilen Felſen überragt, an dem
Bette des wilden, oft unter den Klippen verſchwindenden Bergſtro-

nachdem dieſer an dem Bergſtrome Stibötes oder Ziobetis, der
ſich in den Rhidago ergießt, gelagert hatte. Dieſe Vereinigung
zweier Flüſſe und die bedeutende Breite des vereinten Stromes (drei-
zehn Stadien; Curt.) läßt nur zwiſchen dem Fluß, der bei Muſchid-
i-Sir mündet und dem Gorganfluſſe in der Südoſtecke des Kaspi-
ſchen Meeres die Wahl; letzterer würde vollkommen außer dem Wege
des Kraterus liegen, ſo iſt klar, daß der Fluß, der ſich bei Balfruſch
vorüber ergießt, der Rhidago iſt, und daß der Stibötes, in deſſen
Thal Alexander hinabzog, derſelbe wilde Bergſtrom iſt, den G. For-
ſter auf ſeiner Reiſe (er nennt ihn the Mazanderanriver) mehrfach
überſetzte. Alexander ging von Hekatompylos (Damaghan) aus; mit
drei Tagemärſchen durch Parthiſches Gebiet kam er an die Grenze
Hyrkaniens; drei Meilen weiter trat er in den Paßweg ein (Curt.
VI.
4. 1 — 4.). Dies dürfte genau der Weg ſein, den Forſter nahm
(ſ. G. Forster Journey from Bengal to England, Vol. II, p. 191);
der Engpaß von Chaloo iſt dreizehn Meilen von Damaghan entfernt,
und drei Meilen vor demſelben fand Forſter eine Reihe Ruinen auf
einer Höhe. Jenſeits des Paſſes beginnt nun die waldige Wildniß,
die Curtius ſo anziehend beſchreibt, und die Forſter in drei Tagereiſen
(funfzehn Faraſangen) bis an ihr Nordweſtende durchzog, von wo noch
drei Faraſangen bis Sari. Sari nun bedeutet nach Ouſelys Angabe
Granatapfel, eine Frucht, die auch nach den alten Angaben in jener
Gegend häufig iſt (Curt. Diod.), und die mehr als einer Stadt am
Elburus den Namen gegeben hat (ſo Sari-Camich; Chereff. IV. 19.
p.
154); mehr als dieſe Namensähnlichkeit beweiſet die Richtung der
Wege, daß Sari und Zadra-Carta (Zadra-Stadt) gleich ſind; denn
nur hier können ſich die drei Straßen, die Alexanders Truppen nah-
men, vereinen. Von dieſem Zadracarta (Arrian. III. 23. 11.) iſt voll-
kommen verſchieden ein zweites Zadracarta (Arrian. III. 25. 1.) oder
auch Zeudracarta, die Reſidenz Hyrkaniens, mag dieſer Name bei Arrian
richtig oder falſch ſein; denn erſt von dem Lager bei Zadracarta
rückte Alexander zur Reſidenz. Wo letztere lag, iſt nicht zu ſagen;
doch hat Strabo (XI. p. 426) neben dem Namen Carta (d. i. Zadra-
carta) als Reſidenz Tape angeführt. Dieſer Ort liegt dicht am
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lich den Südpäſſen) entfernt, eine Bezeichnung, die genau auf Kara-
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[265/0279] der nordweſtlich von Hekatompylos in die Berge führt und in mannigfachen Wendungen, von ſteilen Felſen überragt, an dem Bette des wilden, oft unter den Klippen verſchwindenden Bergſtro- 71) 71) nachdem dieſer an dem Bergſtrome Stibötes oder Ziobetis, der ſich in den Rhidago ergießt, gelagert hatte. Dieſe Vereinigung zweier Flüſſe und die bedeutende Breite des vereinten Stromes (drei- zehn Stadien; Curt.) läßt nur zwiſchen dem Fluß, der bei Muſchid- i-Sir mündet und dem Gorganfluſſe in der Südoſtecke des Kaspi- ſchen Meeres die Wahl; letzterer würde vollkommen außer dem Wege des Kraterus liegen, ſo iſt klar, daß der Fluß, der ſich bei Balfruſch vorüber ergießt, der Rhidago iſt, und daß der Stibötes, in deſſen Thal Alexander hinabzog, derſelbe wilde Bergſtrom iſt, den G. For- ſter auf ſeiner Reiſe (er nennt ihn the Mazanderanriver) mehrfach überſetzte. Alexander ging von Hekatompylos (Damaghan) aus; mit drei Tagemärſchen durch Parthiſches Gebiet kam er an die Grenze Hyrkaniens; drei Meilen weiter trat er in den Paßweg ein (Curt. VI. 4. 1 — 4.). Dies dürfte genau der Weg ſein, den Forſter nahm (ſ. G. Forster Journey from Bengal to England, Vol. II, p. 191); der Engpaß von Chaloo iſt dreizehn Meilen von Damaghan entfernt, und drei Meilen vor demſelben fand Forſter eine Reihe Ruinen auf einer Höhe. Jenſeits des Paſſes beginnt nun die waldige Wildniß, die Curtius ſo anziehend beſchreibt, und die Forſter in drei Tagereiſen (funfzehn Faraſangen) bis an ihr Nordweſtende durchzog, von wo noch drei Faraſangen bis Sari. Sari nun bedeutet nach Ouſelys Angabe Granatapfel, eine Frucht, die auch nach den alten Angaben in jener Gegend häufig iſt (Curt. Diod.), und die mehr als einer Stadt am Elburus den Namen gegeben hat (ſo Sari-Camich; Chereff. IV. 19. p. 154); mehr als dieſe Namensähnlichkeit beweiſet die Richtung der Wege, daß Sari und Zadra-Carta (Zadra-Stadt) gleich ſind; denn nur hier können ſich die drei Straßen, die Alexanders Truppen nah- men, vereinen. Von dieſem Zadracarta (Arrian. III. 23. 11.) iſt voll- kommen verſchieden ein zweites Zadracarta (Arrian. III. 25. 1.) oder auch Zeudracarta, die Reſidenz Hyrkaniens, mag dieſer Name bei Arrian richtig oder falſch ſein; denn erſt von dem Lager bei Zadracarta rückte Alexander zur Reſidenz. Wo letztere lag, iſt nicht zu ſagen; doch hat Strabo (XI. p. 426) neben dem Namen Carta (d. i. Zadra- carta) als Reſidenz Tape angeführt. Dieſer Ort liegt dicht am Meere, vierzehnhundert Stadien von den Kaspiſchen Päſſen (natür- lich den Südpäſſen) entfernt, eine Bezeichnung, die genau auf Kara-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/279>, abgerufen am 22.11.2024.