Schwerdter, viele in die Abgründe, Alles war verloren; Arlobarza- nes schlug sich durch, er entkam mit wenigen Reutern in die Ge- birge und auf heimlichen Wegen nach Medien 50).
Alexander dagegen brach nach kurzer Rast gen Persepolis auf; um desto schneller die Stadt zu erreichen, ließ er das Fußvolk zu- rück und jagte mit den Reutern voraus; mit Tagesanbruch war er an der Brücke, die bereits von der Vorhut geschlagen war, und eilte, ohne lange zu ruhen, in höchst angestrengten Märschen wei- ter; er besorgte, daß die ungeheueren Schätze von Persepolis ge- plündert werden möchten. Seine unvermuthet schnelle Ankunft, er war fast der Kunde von dem Gefecht vorausgeeilt, machte allen Widerstand und alle Unordnung unmöglich; die Stadt, die Palläste, die Schätze wurden ohne Weiteres in Besitz genommen. Eben so schnell fiel Pasargadä dem Sieger mit neuen größeren Schätzen zu; viele tausend Talente Gold und Silber, unzählige Prachtgewebe und Kostbarkeiten wurden hier aufgehäuft gefunden, und man erzählt, daß zehntausend Paar Maulthiere und dreitau- send Kameele dazu nöthig gewesen, um die Schätze der beiden Perserstädte von dannen zu bringen 51). Wichtiger noch als diese Reichthümer, die Alexanders Freigebigkeit aus den todten Schatzgewölben in den Verkehr der Völker, dem sie so lange ent- zogen gewesen, zurückzuführen eilte, war der Besitz dieser Gegend selbst, der eigentlichen Heimath des Persischen Königthums. In dem Thale von Pasargadä hatte Cyrus die Medische Herrschaft be- wältigt und zur Erinnerung des großen Sieges dort sein Hoflager,
50)Cf. Arrian. III. 18. Diod. XVII. 68. Curt. V. 9. Polyaen. IV. 3. 21.
51)Diod. Curt. Plut. Die Summen der Schätze werden sehr verschieden angegeben; Curt. V. 6. 9. und Diod. XVII. 71. sagt hundertzwanzigtausend Talente; Strabo XV. p. 322. in Susa und Persien seien vierzigtausend, nach Anderen funfzigtausend Talente erbeutet. Die Verschiedenheit von Persepolis und Pasargadä ist bei den vollkommen klaren Zeugnissen des Alterthums unzweifelhaft; Cy- rus Grab erkennt man auf das deutlichste in dem Grabe der Sulei- mansmutter bei Murghaub, im NO von Tschil Minar. Die be- rühmte Streitfrage kann nach den trefflichen Arbeiten der Engli- schen Reisenden, die diese Gegenden besucht haben, für abgethan gelten.
Schwerdter, viele in die Abgründe, Alles war verloren; Arlobarza- nes ſchlug ſich durch, er entkam mit wenigen Reutern in die Ge- birge und auf heimlichen Wegen nach Medien 50).
Alexander dagegen brach nach kurzer Raſt gen Perſepolis auf; um deſto ſchneller die Stadt zu erreichen, ließ er das Fußvolk zu- rück und jagte mit den Reutern voraus; mit Tagesanbruch war er an der Brücke, die bereits von der Vorhut geſchlagen war, und eilte, ohne lange zu ruhen, in höchſt angeſtrengten Märſchen wei- ter; er beſorgte, daß die ungeheueren Schätze von Perſepolis ge- plündert werden möchten. Seine unvermuthet ſchnelle Ankunft, er war faſt der Kunde von dem Gefecht vorausgeeilt, machte allen Widerſtand und alle Unordnung unmöglich; die Stadt, die Palläſte, die Schätze wurden ohne Weiteres in Beſitz genommen. Eben ſo ſchnell fiel Paſargadä dem Sieger mit neuen größeren Schätzen zu; viele tauſend Talente Gold und Silber, unzählige Prachtgewebe und Koſtbarkeiten wurden hier aufgehäuft gefunden, und man erzählt, daß zehntauſend Paar Maulthiere und dreitau- ſend Kameele dazu nöthig geweſen, um die Schätze der beiden Perſerſtädte von dannen zu bringen 51). Wichtiger noch als dieſe Reichthümer, die Alexanders Freigebigkeit aus den todten Schatzgewölben in den Verkehr der Völker, dem ſie ſo lange ent- zogen geweſen, zurückzuführen eilte, war der Beſitz dieſer Gegend ſelbſt, der eigentlichen Heimath des Perſiſchen Königthums. In dem Thale von Paſargadä hatte Cyrus die Mediſche Herrſchaft be- wältigt und zur Erinnerung des großen Sieges dort ſein Hoflager,
50)Cf. Arrian. III. 18. Diod. XVII. 68. Curt. V. 9. Polyaen. IV. 3. 21.
51)Diod. Curt. Plut. Die Summen der Schätze werden ſehr verſchieden angegeben; Curt. V. 6. 9. und Diod. XVII. 71. ſagt hundertzwanzigtauſend Talente; Strabo XV. p. 322. in Suſa und Perſien ſeien vierzigtauſend, nach Anderen funfzigtauſend Talente erbeutet. Die Verſchiedenheit von Perſepolis und Paſargadä iſt bei den vollkommen klaren Zeugniſſen des Alterthums unzweifelhaft; Cy- rus Grab erkennt man auf das deutlichſte in dem Grabe der Sulei- mansmutter bei Murghaub, im NO von Tſchil Minar. Die be- rühmte Streitfrage kann nach den trefflichen Arbeiten der Engli- ſchen Reiſenden, die dieſe Gegenden beſucht haben, für abgethan gelten.
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Schwerdter, viele in die Abgründe, Alles war verloren; Arlobarza-
nes ſchlug ſich durch, er entkam mit wenigen Reutern in die Ge-
birge und auf heimlichen Wegen nach Medien 50).
Alexander dagegen brach nach kurzer Raſt gen Perſepolis auf;
um deſto ſchneller die Stadt zu erreichen, ließ er das Fußvolk zu-
rück und jagte mit den Reutern voraus; mit Tagesanbruch war er
an der Brücke, die bereits von der Vorhut geſchlagen war, und
eilte, ohne lange zu ruhen, in höchſt angeſtrengten Märſchen wei-
ter; er beſorgte, daß die ungeheueren Schätze von Perſepolis ge-
plündert werden möchten. Seine unvermuthet ſchnelle Ankunft,
er war faſt der Kunde von dem Gefecht vorausgeeilt, machte
allen Widerſtand und alle Unordnung unmöglich; die Stadt, die
Palläſte, die Schätze wurden ohne Weiteres in Beſitz genommen.
Eben ſo ſchnell fiel Paſargadä dem Sieger mit neuen größeren
Schätzen zu; viele tauſend Talente Gold und Silber, unzählige
Prachtgewebe und Koſtbarkeiten wurden hier aufgehäuft gefunden,
und man erzählt, daß zehntauſend Paar Maulthiere und dreitau-
ſend Kameele dazu nöthig geweſen, um die Schätze der beiden
Perſerſtädte von dannen zu bringen 51). Wichtiger noch als
dieſe Reichthümer, die Alexanders Freigebigkeit aus den todten
Schatzgewölben in den Verkehr der Völker, dem ſie ſo lange ent-
zogen geweſen, zurückzuführen eilte, war der Beſitz dieſer Gegend
ſelbſt, der eigentlichen Heimath des Perſiſchen Königthums. In
dem Thale von Paſargadä hatte Cyrus die Mediſche Herrſchaft be-
wältigt und zur Erinnerung des großen Sieges dort ſein Hoflager,
50) Cf. Arrian. III. 18. Diod. XVII. 68. Curt. V. 9. Polyaen.
IV. 3. 21.
51) Diod. Curt. Plut. Die Summen der Schätze
werden ſehr verſchieden angegeben; Curt. V. 6. 9. und Diod. XVII.
71. ſagt hundertzwanzigtauſend Talente; Strabo XV. p. 322. in Suſa
und Perſien ſeien vierzigtauſend, nach Anderen funfzigtauſend Talente
erbeutet. Die Verſchiedenheit von Perſepolis und Paſargadä iſt bei
den vollkommen klaren Zeugniſſen des Alterthums unzweifelhaft; Cy-
rus Grab erkennt man auf das deutlichſte in dem Grabe der Sulei-
mansmutter bei Murghaub, im NO von Tſchil Minar. Die be-
rühmte Streitfrage kann nach den trefflichen Arbeiten der Engli-
ſchen Reiſenden, die dieſe Gegenden beſucht haben, für abgethan
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/260>, abgerufen am 16.02.2025.
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