hauptet, daß Alexander mit seinen wenigen tausend Macedoniern sich in dem weiten Asien kaum hätte behaupten, geschweige denn weiter dringen können, wenn er nicht durch ein fein berechnetes Benehmen gegen die Persischen Großen zum Abfall zu reizen und an seine Person zu fesseln gewußt hätte. Und allerdings mag seit der Schlacht von Gaugamela mancher der Persischen Großen sich ein Beispiel an Mithrines von Sardes, an Amminapes und Mazaces aus Aegypten, die in höchsten Ehren bei dem Könige lebten, ge- nommen haben. Noch lockender wurde der Uebertritt zur Sache Alexanders, als dieser die reiche Satrapie Babylonien an Mazäus, die Armenische Satrapie an Mithrines gab; und von dem siegrei- chen Könige geehrt begannen sich die Persischen Großen allmählig um ihn zu sammeln, die Persischen Satrapen die Sache des land- flüchtigen Darius aufzugeben, da ihnen Alexander die Aussicht auf Macht, Ehre und den ungestörten Besitz ihrer Satrapien öffnete. Es verstand sich übrigens von selbst, daß neben diesen Persischen Satrapen fortwährend die bewaffnete Macht in dem Centralpunkte der Satrapie aus Macedoniern gebildet war und unter Macedoni- schen Befehlshabern stand, so wie auch in der Regel das Einsam- meln der Tribute Macedonischen Männern übertragen wurde. Letz- tere Stelle erhielt für die Babylonische Satrapie Asklepiodor; in Babylon selbst blieben tausend Mann als Besatzung der Burg un- ter Agathon, dem Bruder Parmenions, während Apollodor aus Amphipolis die Feldhauptmannschaft der Satrapie mit einem der Wichtigkeit des Landes angemessenen Corps erhielt; außerdem wurde eine mobile Colonne von zweitausend Mann unter Menes Befehl dazu bestimmt, die große Passage von Babylon zur Küste Ciliciens und die verschiedenen Transporte aus dem Mor- genlande nach Europa und umgekehrt zu sichern 34), eine Ein- richtung, die wegen der Raubsucht der in der Wüste hausenden Beduinenstämme doppelt nothwendig wurde. Der erste Transport war eine Summe von etwa dreitausend Silbertalenten, von denen ein Theil nach Europa an Antipater gehen sollte, damit er den eben jetzt beginnenden Krieg gegen Lacedämon mit Nachdruck füh-
34)Curt. V. 1. 43. Diod. XVII. 64; cf. Boeckh Corp. Inscr. 105.
hauptet, daß Alexander mit ſeinen wenigen tauſend Macedoniern ſich in dem weiten Aſien kaum hätte behaupten, geſchweige denn weiter dringen können, wenn er nicht durch ein fein berechnetes Benehmen gegen die Perſiſchen Großen zum Abfall zu reizen und an ſeine Perſon zu feſſeln gewußt hätte. Und allerdings mag ſeit der Schlacht von Gaugamela mancher der Perſiſchen Großen ſich ein Beiſpiel an Mithrines von Sardes, an Amminapes und Mazaces aus Aegypten, die in höchſten Ehren bei dem Könige lebten, ge- nommen haben. Noch lockender wurde der Uebertritt zur Sache Alexanders, als dieſer die reiche Satrapie Babylonien an Mazäus, die Armeniſche Satrapie an Mithrines gab; und von dem ſiegrei- chen Könige geehrt begannen ſich die Perſiſchen Großen allmählig um ihn zu ſammeln, die Perſiſchen Satrapen die Sache des land- flüchtigen Darius aufzugeben, da ihnen Alexander die Ausſicht auf Macht, Ehre und den ungeſtörten Beſitz ihrer Satrapien öffnete. Es verſtand ſich übrigens von ſelbſt, daß neben dieſen Perſiſchen Satrapen fortwährend die bewaffnete Macht in dem Centralpunkte der Satrapie aus Macedoniern gebildet war und unter Macedoni- ſchen Befehlshabern ſtand, ſo wie auch in der Regel das Einſam- meln der Tribute Macedoniſchen Männern übertragen wurde. Letz- tere Stelle erhielt für die Babyloniſche Satrapie Asklepiodor; in Babylon ſelbſt blieben tauſend Mann als Beſatzung der Burg un- ter Agathon, dem Bruder Parmenions, während Apollodor aus Amphipolis die Feldhauptmannſchaft der Satrapie mit einem der Wichtigkeit des Landes angemeſſenen Corps erhielt; außerdem wurde eine mobile Colonne von zweitauſend Mann unter Menes Befehl dazu beſtimmt, die große Paſſage von Babylon zur Küſte Ciliciens und die verſchiedenen Transporte aus dem Mor- genlande nach Europa und umgekehrt zu ſichern 34), eine Ein- richtung, die wegen der Raubſucht der in der Wüſte hauſenden Beduinenſtämme doppelt nothwendig wurde. Der erſte Transport war eine Summe von etwa dreitauſend Silbertalenten, von denen ein Theil nach Europa an Antipater gehen ſollte, damit er den eben jetzt beginnenden Krieg gegen Lacedämon mit Nachdruck füh-
34)Curt. V. 1. 43. Diod. XVII. 64; cf. Boeckh Corp. Inscr. 105.
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hauptet, daß Alexander mit ſeinen wenigen tauſend Macedoniern
ſich in dem weiten Aſien kaum hätte behaupten, geſchweige denn
weiter dringen können, wenn er nicht durch ein fein berechnetes
Benehmen gegen die Perſiſchen Großen zum Abfall zu reizen und
an ſeine Perſon zu feſſeln gewußt hätte. Und allerdings mag ſeit
der Schlacht von Gaugamela mancher der Perſiſchen Großen ſich ein
Beiſpiel an Mithrines von Sardes, an Amminapes und Mazaces
aus Aegypten, die in höchſten Ehren bei dem Könige lebten, ge-
nommen haben. Noch lockender wurde der Uebertritt zur Sache
Alexanders, als dieſer die reiche Satrapie Babylonien an Mazäus,
die Armeniſche Satrapie an Mithrines gab; und von dem ſiegrei-
chen Könige geehrt begannen ſich die Perſiſchen Großen allmählig
um ihn zu ſammeln, die Perſiſchen Satrapen die Sache des land-
flüchtigen Darius aufzugeben, da ihnen Alexander die Ausſicht auf
Macht, Ehre und den ungeſtörten Beſitz ihrer Satrapien öffnete.
Es verſtand ſich übrigens von ſelbſt, daß neben dieſen Perſiſchen
Satrapen fortwährend die bewaffnete Macht in dem Centralpunkte
der Satrapie aus Macedoniern gebildet war und unter Macedoni-
ſchen Befehlshabern ſtand, ſo wie auch in der Regel das Einſam-
meln der Tribute Macedoniſchen Männern übertragen wurde. Letz-
tere Stelle erhielt für die Babyloniſche Satrapie Asklepiodor; in
Babylon ſelbſt blieben tauſend Mann als Beſatzung der Burg un-
ter Agathon, dem Bruder Parmenions, während Apollodor aus
Amphipolis die Feldhauptmannſchaft der Satrapie mit einem der
Wichtigkeit des Landes angemeſſenen Corps erhielt; außerdem
wurde eine mobile Colonne von zweitauſend Mann unter Menes
Befehl dazu beſtimmt, die große Paſſage von Babylon zur
Küſte Ciliciens und die verſchiedenen Transporte aus dem Mor-
genlande nach Europa und umgekehrt zu ſichern 34), eine Ein-
richtung, die wegen der Raubſucht der in der Wüſte hauſenden
Beduinenſtämme doppelt nothwendig wurde. Der erſte Transport
war eine Summe von etwa dreitauſend Silbertalenten, von denen
ein Theil nach Europa an Antipater gehen ſollte, damit er den
eben jetzt beginnenden Krieg gegen Lacedämon mit Nachdruck füh-
34) Curt. V. 1. 43. Diod. XVII. 64; cf. Boeckh Corp.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/251>, abgerufen am 25.11.2024.
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