"Sendlinge meine Freunde bestochen und den Frieden, den ich den "Hellenen gegeben habe, zu stören gesucht. Aus diesen Gründen "bin ich gegen Dich zu Felde gezogen, indem die Feindseligkeiten "von Dir begonnen sind. Im gerechten Kampfe Sieger zu- "erst über Deine Feldherren und Satrapen, jetzt auch über Dich "und die Heeresmacht, die mit Dir war, bin ich durch die Gnade "der unsterblichen Götter auch des Landes Herr, das Du Dein "nennest. Wer von denen, die unter Deiner Fahne wider mich "gekämpft haben, nicht im Kampfe geblieben ist, sondern sich zu mir "und in meinen Schutz begeben hat, für den trage ich Sorge; "Keiner ist ungern bei mir, vielmehr treten Alle gern und freiwil- "lig unter meinen Befehl. Da ich so Herr über Asien bin, so "komm' auch Du zu mir; solltest Du jedoch zu irgend einer Be- "sorgniß, im Fall Du kämest, Grund zu haben glauben, so sende "einige Deiner Edlen, um die gehörigen Sicherheiten entgegenzuneh- "men. Bei mir angelangt, wirst Du um die Zurückgabe Deiner "Mutter, Deiner Gemahlin, Deiner Kinder und um was Du sonst "willst, bitten, und geneigtes Gehör finden; was Du von mir ver- "langen wirst, soll Dir werden. Uebrigens hast Du, wenn Du "von Neuem an mich schickest, als an den König von Asien zu "senden, auch nicht an mich wie an Deines Gleichen zu schreiben, "sondern mir, dem Herren alles dessen, was Dein war, Deine "Wünsche mit der gebührenden Ergebenheit vorzulegen, widrigen- "falls ich mit Dir als dem Beleidiger meiner königlichen Majestät "verfahren werde. Bist Du aber über den Besitz der Herrschaft "anderer Meinung, so erwarte mich noch einmal zum Kampf um "dieselbe im offenen Felde und fliehe nicht; ich für mein Theil "werde Dich aufsuchen, wo Du auch bist."
Allerdings athmet diese Antwort des jugendlichen Königs stol- zes Selbstbewußtsein und die Strenge eines Siegers, dem das Errungene nur als der Anfang neuer und größerer Siege er- scheint; er verschmähete es, mit diplomatischer Heuchelei die Wahr- heit zu verhüllen, die ja doch Niemanden verborgen sein konnte; er durfte sich schon jetzt, auf der Schwelle Asiens, die Resultate einer Zukunft zusprechen, die zu erfüllen sein Wille und sein Beruf war, und für welche ihm der wohlberechnete und durchgreifende Er- folg seiner bisherigen Unternehmungen Gewähr leisten konnte. --
Alexan-
„Sendlinge meine Freunde beſtochen und den Frieden, den ich den „Hellenen gegeben habe, zu ſtören geſucht. Aus dieſen Gründen „bin ich gegen Dich zu Felde gezogen, indem die Feindſeligkeiten „von Dir begonnen ſind. Im gerechten Kampfe Sieger zu- „erſt über Deine Feldherren und Satrapen, jetzt auch über Dich „und die Heeresmacht, die mit Dir war, bin ich durch die Gnade „der unſterblichen Götter auch des Landes Herr, das Du Dein „nenneſt. Wer von denen, die unter Deiner Fahne wider mich „gekämpft haben, nicht im Kampfe geblieben iſt, ſondern ſich zu mir „und in meinen Schutz begeben hat, für den trage ich Sorge; „Keiner iſt ungern bei mir, vielmehr treten Alle gern und freiwil- „lig unter meinen Befehl. Da ich ſo Herr über Aſien bin, ſo „komm’ auch Du zu mir; ſollteſt Du jedoch zu irgend einer Be- „ſorgniß, im Fall Du kämeſt, Grund zu haben glauben, ſo ſende „einige Deiner Edlen, um die gehörigen Sicherheiten entgegenzuneh- „men. Bei mir angelangt, wirſt Du um die Zurückgabe Deiner „Mutter, Deiner Gemahlin, Deiner Kinder und um was Du ſonſt „willſt, bitten, und geneigtes Gehör finden; was Du von mir ver- „langen wirſt, ſoll Dir werden. Uebrigens haſt Du, wenn Du „von Neuem an mich ſchickeſt, als an den König von Aſien zu „ſenden, auch nicht an mich wie an Deines Gleichen zu ſchreiben, „ſondern mir, dem Herren alles deſſen, was Dein war, Deine „Wünſche mit der gebührenden Ergebenheit vorzulegen, widrigen- „falls ich mit Dir als dem Beleidiger meiner königlichen Majeſtät „verfahren werde. Biſt Du aber über den Beſitz der Herrſchaft „anderer Meinung, ſo erwarte mich noch einmal zum Kampf um „dieſelbe im offenen Felde und fliehe nicht; ich für mein Theil „werde Dich aufſuchen, wo Du auch biſt.“
Allerdings athmet dieſe Antwort des jugendlichen Königs ſtol- zes Selbſtbewußtſein und die Strenge eines Siegers, dem das Errungene nur als der Anfang neuer und größerer Siege er- ſcheint; er verſchmähete es, mit diplomatiſcher Heuchelei die Wahr- heit zu verhüllen, die ja doch Niemanden verborgen ſein konnte; er durfte ſich ſchon jetzt, auf der Schwelle Aſiens, die Reſultate einer Zukunft zuſprechen, die zu erfüllen ſein Wille und ſein Beruf war, und für welche ihm der wohlberechnete und durchgreifende Er- folg ſeiner bisherigen Unternehmungen Gewähr leiſten konnte. —
Alexan-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0190"n="176"/>„Sendlinge meine Freunde beſtochen und den Frieden, den ich den<lb/>„Hellenen gegeben habe, zu ſtören geſucht. Aus dieſen Gründen<lb/>„bin ich gegen Dich zu Felde gezogen, indem die Feindſeligkeiten<lb/>„von Dir begonnen ſind. Im gerechten Kampfe Sieger zu-<lb/>„erſt über Deine Feldherren und Satrapen, jetzt auch über Dich<lb/>„und die Heeresmacht, die mit Dir war, bin ich durch die Gnade<lb/>„der unſterblichen Götter auch des Landes Herr, das Du Dein<lb/>„nenneſt. Wer von denen, die unter Deiner Fahne wider mich<lb/>„gekämpft haben, nicht im Kampfe geblieben iſt, ſondern ſich zu mir<lb/>„und in meinen Schutz begeben hat, für den trage ich Sorge;<lb/>„Keiner iſt ungern bei mir, vielmehr treten Alle gern und freiwil-<lb/>„lig unter meinen Befehl. Da ich ſo Herr über Aſien bin, ſo<lb/>„komm’ auch Du zu mir; ſollteſt Du jedoch zu irgend einer Be-<lb/>„ſorgniß, im Fall Du kämeſt, Grund zu haben glauben, ſo ſende<lb/>„einige Deiner Edlen, um die gehörigen Sicherheiten entgegenzuneh-<lb/>„men. Bei mir angelangt, wirſt Du um die Zurückgabe Deiner<lb/>„Mutter, Deiner Gemahlin, Deiner Kinder und um was Du ſonſt<lb/>„willſt, bitten, und geneigtes Gehör finden; was Du von mir ver-<lb/>„langen wirſt, ſoll Dir werden. Uebrigens haſt Du, wenn Du<lb/>„von Neuem an mich ſchickeſt, als an den König von Aſien zu<lb/>„ſenden, auch nicht an mich wie an Deines Gleichen zu ſchreiben,<lb/>„ſondern mir, dem Herren alles deſſen, was Dein war, Deine<lb/>„Wünſche mit der gebührenden Ergebenheit vorzulegen, widrigen-<lb/>„falls ich mit Dir als dem Beleidiger meiner königlichen Majeſtät<lb/>„verfahren werde. Biſt Du aber über den Beſitz der Herrſchaft<lb/>„anderer Meinung, ſo erwarte mich noch einmal zum Kampf um<lb/>„dieſelbe im offenen Felde und fliehe nicht; ich für mein Theil<lb/>„werde Dich aufſuchen, wo Du auch biſt.“</p><lb/><p>Allerdings athmet dieſe Antwort des jugendlichen Königs ſtol-<lb/>
zes Selbſtbewußtſein und die Strenge eines Siegers, dem das<lb/>
Errungene nur als der Anfang neuer und größerer Siege er-<lb/>ſcheint; er verſchmähete es, mit diplomatiſcher Heuchelei die Wahr-<lb/>
heit zu verhüllen, die ja doch Niemanden verborgen ſein konnte;<lb/>
er durfte ſich ſchon jetzt, auf der Schwelle Aſiens, die Reſultate<lb/>
einer Zukunft zuſprechen, die zu erfüllen ſein Wille und ſein Beruf<lb/>
war, und für welche ihm der wohlberechnete und durchgreifende Er-<lb/>
folg ſeiner bisherigen Unternehmungen Gewähr leiſten konnte. —</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Alexan-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[176/0190]
„Sendlinge meine Freunde beſtochen und den Frieden, den ich den
„Hellenen gegeben habe, zu ſtören geſucht. Aus dieſen Gründen
„bin ich gegen Dich zu Felde gezogen, indem die Feindſeligkeiten
„von Dir begonnen ſind. Im gerechten Kampfe Sieger zu-
„erſt über Deine Feldherren und Satrapen, jetzt auch über Dich
„und die Heeresmacht, die mit Dir war, bin ich durch die Gnade
„der unſterblichen Götter auch des Landes Herr, das Du Dein
„nenneſt. Wer von denen, die unter Deiner Fahne wider mich
„gekämpft haben, nicht im Kampfe geblieben iſt, ſondern ſich zu mir
„und in meinen Schutz begeben hat, für den trage ich Sorge;
„Keiner iſt ungern bei mir, vielmehr treten Alle gern und freiwil-
„lig unter meinen Befehl. Da ich ſo Herr über Aſien bin, ſo
„komm’ auch Du zu mir; ſollteſt Du jedoch zu irgend einer Be-
„ſorgniß, im Fall Du kämeſt, Grund zu haben glauben, ſo ſende
„einige Deiner Edlen, um die gehörigen Sicherheiten entgegenzuneh-
„men. Bei mir angelangt, wirſt Du um die Zurückgabe Deiner
„Mutter, Deiner Gemahlin, Deiner Kinder und um was Du ſonſt
„willſt, bitten, und geneigtes Gehör finden; was Du von mir ver-
„langen wirſt, ſoll Dir werden. Uebrigens haſt Du, wenn Du
„von Neuem an mich ſchickeſt, als an den König von Aſien zu
„ſenden, auch nicht an mich wie an Deines Gleichen zu ſchreiben,
„ſondern mir, dem Herren alles deſſen, was Dein war, Deine
„Wünſche mit der gebührenden Ergebenheit vorzulegen, widrigen-
„falls ich mit Dir als dem Beleidiger meiner königlichen Majeſtät
„verfahren werde. Biſt Du aber über den Beſitz der Herrſchaft
„anderer Meinung, ſo erwarte mich noch einmal zum Kampf um
„dieſelbe im offenen Felde und fliehe nicht; ich für mein Theil
„werde Dich aufſuchen, wo Du auch biſt.“
Allerdings athmet dieſe Antwort des jugendlichen Königs ſtol-
zes Selbſtbewußtſein und die Strenge eines Siegers, dem das
Errungene nur als der Anfang neuer und größerer Siege er-
ſcheint; er verſchmähete es, mit diplomatiſcher Heuchelei die Wahr-
heit zu verhüllen, die ja doch Niemanden verborgen ſein konnte;
er durfte ſich ſchon jetzt, auf der Schwelle Aſiens, die Reſultate
einer Zukunft zuſprechen, die zu erfüllen ſein Wille und ſein Beruf
war, und für welche ihm der wohlberechnete und durchgreifende Er-
folg ſeiner bisherigen Unternehmungen Gewähr leiſten konnte. —
Alexan-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/190>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.