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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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nes, der, statt der ruhmwürdigen Laufbahn, zu der ihn seine Geburt
und die Güte des edelsten Königs berief, sein Leben und seine Ehre
einem blinden und ohnmächtigen Hasse gewidmet hatte, um endlich mit
Verbrechen und Schande einen ruhmlosen Tod zu erkaufen 27).

Darius selbst, der unter den Ersten geflohen war, hatte zu Onchä
etwa viertausend Mann zusammengebracht und mit diesen in unab-
lässiger Eile seinen Weg fortgesetzt, bis er hinter dem Euphrat sich
vor jeder Gefahr sicher glaubte. Mehr als der Verlust der Schlacht
und einiger Satrapien mochte ihn der der Seinigen, mehr als die
Schande der Niederlage und der Flucht die Schande, der er seine
Gemahlin, die schönste Perserin, in den Händen des stolzen Feindes
Preis gegeben fürchtete, sein Herz kränken; er begriff eben so we-
nig die Tugend, wie die Pläne seines Gegners; und indem er über
sein häusliches Unglück und seinen Kummer die Gefahr und
Ohnmacht seines Reiches vergaß, glaubte er kraft der Hoheit und
Rechtmäßigkeit seines königlichen Namens den Feind in großmü-
thiger Nachgiebigkeit mit einigen Zugeständnissen abfinden zu kön-
nen. Verblendet in diesem nichtigen Stolz ererbter Majestät, der
den Hellenen stets als ein Zeichen der Barbarei und des Despo-
tismus erschienen ist, schickte er nicht lange nach der unglücklichen
Schlacht durch Miniskus und Arsimas an Alexander ein Schreiben
folgenden Inhaltes 28):

"Dein Vater Philippus war des großen Königs Artaxerxes
"Freund und Bundesgenosse; aber schon während der Herrschaft sei-
"nes Sohnes Arses, Unseres Vorgängers, begann Dein Vater zu-
"erst und ohne den geringsten Anlaß von Seiten Persiens, viel-
"fache Feindseligkeiten gegen Unsere Satrapen an den Hellenischen
"Meeren; als dann Uns die Herrschaft Asiens übergeben wurde,
"versäumtest Du nicht blos, Gesandte an Unseren Hof zu senden,
"um die alte Freundschaft und Bundesgenossenschaft zu befestigen,

27) Curt., Diod., Arrian.
28) Wir halten diesen Brief, so wie
die Antwort Alexanders (bei Arrian) für authentisch; sonst würde
nicht der König Ochus, wie ihn das Antwortschreiben nennt, in dem
Briefe des Darius mit dem königlichen Namen Artaxerxes genannt
sein. Die Auszüge bei Curtius und die wenigen Worte bei Plut. c.
29. bestätigen diese Annahme.

nes, der, ſtatt der ruhmwürdigen Laufbahn, zu der ihn ſeine Geburt
und die Güte des edelſten Königs berief, ſein Leben und ſeine Ehre
einem blinden und ohnmächtigen Haſſe gewidmet hatte, um endlich mit
Verbrechen und Schande einen ruhmloſen Tod zu erkaufen 27).

Darius ſelbſt, der unter den Erſten geflohen war, hatte zu Onchä
etwa viertauſend Mann zuſammengebracht und mit dieſen in unab-
läſſiger Eile ſeinen Weg fortgeſetzt, bis er hinter dem Euphrat ſich
vor jeder Gefahr ſicher glaubte. Mehr als der Verluſt der Schlacht
und einiger Satrapien mochte ihn der der Seinigen, mehr als die
Schande der Niederlage und der Flucht die Schande, der er ſeine
Gemahlin, die ſchönſte Perſerin, in den Händen des ſtolzen Feindes
Preis gegeben fürchtete, ſein Herz kränken; er begriff eben ſo we-
nig die Tugend, wie die Pläne ſeines Gegners; und indem er über
ſein häusliches Unglück und ſeinen Kummer die Gefahr und
Ohnmacht ſeines Reiches vergaß, glaubte er kraft der Hoheit und
Rechtmäßigkeit ſeines königlichen Namens den Feind in großmü-
thiger Nachgiebigkeit mit einigen Zugeſtändniſſen abfinden zu kön-
nen. Verblendet in dieſem nichtigen Stolz ererbter Majeſtät, der
den Hellenen ſtets als ein Zeichen der Barbarei und des Despo-
tismus erſchienen iſt, ſchickte er nicht lange nach der unglücklichen
Schlacht durch Miniskus und Arſimas an Alexander ein Schreiben
folgenden Inhaltes 28):

„Dein Vater Philippus war des großen Königs Artaxerxes
„Freund und Bundesgenoſſe; aber ſchon während der Herrſchaft ſei-
„nes Sohnes Arſes, Unſeres Vorgängers, begann Dein Vater zu-
„erſt und ohne den geringſten Anlaß von Seiten Perſiens, viel-
„fache Feindſeligkeiten gegen Unſere Satrapen an den Helleniſchen
„Meeren; als dann Uns die Herrſchaft Aſiens übergeben wurde,
„verſäumteſt Du nicht blos, Geſandte an Unſeren Hof zu ſenden,
„um die alte Freundſchaft und Bundesgenoſſenſchaft zu befeſtigen,

27) Curt., Diod., Arrian.
28) Wir halten dieſen Brief, ſo wie
die Antwort Alexanders (bei Arrian) für authentiſch; ſonſt würde
nicht der König Ochus, wie ihn das Antwortſchreiben nennt, in dem
Briefe des Darius mit dem königlichen Namen Artaxerxes genannt
ſein. Die Auszüge bei Curtius und die wenigen Worte bei Plut. c.
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[174/0188] nes, der, ſtatt der ruhmwürdigen Laufbahn, zu der ihn ſeine Geburt und die Güte des edelſten Königs berief, ſein Leben und ſeine Ehre einem blinden und ohnmächtigen Haſſe gewidmet hatte, um endlich mit Verbrechen und Schande einen ruhmloſen Tod zu erkaufen 27). Darius ſelbſt, der unter den Erſten geflohen war, hatte zu Onchä etwa viertauſend Mann zuſammengebracht und mit dieſen in unab- läſſiger Eile ſeinen Weg fortgeſetzt, bis er hinter dem Euphrat ſich vor jeder Gefahr ſicher glaubte. Mehr als der Verluſt der Schlacht und einiger Satrapien mochte ihn der der Seinigen, mehr als die Schande der Niederlage und der Flucht die Schande, der er ſeine Gemahlin, die ſchönſte Perſerin, in den Händen des ſtolzen Feindes Preis gegeben fürchtete, ſein Herz kränken; er begriff eben ſo we- nig die Tugend, wie die Pläne ſeines Gegners; und indem er über ſein häusliches Unglück und ſeinen Kummer die Gefahr und Ohnmacht ſeines Reiches vergaß, glaubte er kraft der Hoheit und Rechtmäßigkeit ſeines königlichen Namens den Feind in großmü- thiger Nachgiebigkeit mit einigen Zugeſtändniſſen abfinden zu kön- nen. Verblendet in dieſem nichtigen Stolz ererbter Majeſtät, der den Hellenen ſtets als ein Zeichen der Barbarei und des Despo- tismus erſchienen iſt, ſchickte er nicht lange nach der unglücklichen Schlacht durch Miniskus und Arſimas an Alexander ein Schreiben folgenden Inhaltes 28): „Dein Vater Philippus war des großen Königs Artaxerxes „Freund und Bundesgenoſſe; aber ſchon während der Herrſchaft ſei- „nes Sohnes Arſes, Unſeres Vorgängers, begann Dein Vater zu- „erſt und ohne den geringſten Anlaß von Seiten Perſiens, viel- „fache Feindſeligkeiten gegen Unſere Satrapen an den Helleniſchen „Meeren; als dann Uns die Herrſchaft Aſiens übergeben wurde, „verſäumteſt Du nicht blos, Geſandte an Unſeren Hof zu ſenden, „um die alte Freundſchaft und Bundesgenoſſenſchaft zu befeſtigen, 27) Curt., Diod., Arrian. 28) Wir halten dieſen Brief, ſo wie die Antwort Alexanders (bei Arrian) für authentiſch; ſonſt würde nicht der König Ochus, wie ihn das Antwortſchreiben nennt, in dem Briefe des Darius mit dem königlichen Namen Artaxerxes genannt ſein. Die Auszüge bei Curtius und die wenigen Worte bei Plut. c. 29. beſtätigen dieſe Annahme.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/188>, abgerufen am 22.11.2024.