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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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Die späte Jahreszeit war herangekommen; mit dem Fall von
Halikarnaß konnte Alexander die Eroberung der Westküste Klein-
asiens für beendet ansehen; die neubegründete Freiheit in den Grie-
chischen Städten der Küste und die Macedonischen Besatzungen in
Mysien, Lydien und Karien sicherten diese Gegenden vor neuen
Angriffen der Perserflotten. Diesen auch die Südküste Kleinasiens
zu sperren, so wie die Landschaften im Inneren Kleinasiens zu
unterwerfen, mußte der Zweck der nächsten Operationen sein. Da
indeß vorauszusehen war, daß weder in den Küstenstädten, denen
wegen der Jahreszeit von der See her nicht leicht Hülfe kommen
konnte, noch auch im Innern des Landes, das längst von den Per-
sern geräumt war, der Widerstand groß sein würde, so war es un-
nöthig, das ganze Heer an diesem beschwerlichen Zuge Theil neh-
men zu lassen; dazu kam, daß zu den großen Bewegungen, die den
Feldzug des nächsten Jahres eröffnen sollten, das Heer mit frischen
Truppen aus der Heimath verstärkt werden mußte, da eines Theils
die einzelnen Gefechte, anderen Theils die Besatzungen dem großen
Heere viele Truppen kosteten. Nun befanden sich bei dem Heere
eine Menge Kriegsleute, die sich jüngst erst verheirathet hatten; diese
wurden auf Urlaub nach der Heimath entlassen, daß sie den Winter
über bei Weib und Kind zubrächten; ihre Führung übernahmen drei
Neuvermählte aus der Zahl der Befehlshaber, nämlich des Seleu-
kus Sohn Ptolemäus, einer der Leibwächter des Königs, Könus,
des alten Parmenion Schwiegersohn, und Meleager, beide Anführer
von Divisionen der Phalanx; diese erhielten den Auftrag, zugleich
mit den Beurlaubten so viel als möglich frische Mannschaften nach
Asien mitzubringen, und im Frühling in Gordium zur großen Ar-
mee zu stoßen. Man kann sich vorstellen, mit welchem Jubel die-
ser Urlaub angenommen wurde, mit welcher Freude die heimkehren-
den Krieger von den Ihrigen empfangen und angehört wurden,
wenn sie von ihren Thaten und ihrem Könige, von der Beute und
den schönen Ländern Asiens erzählten; es schien, als ob Asien und
Macedonien aufhörten, einander fern und fremd zu sein.

Von den in Asien zurückbleibenden mobilen Truppen (denn
etwa neuntausend Mann waren als Besatzungen verwendet) bildete
Alexander zwei Marschcolonnen, von denen die kleinere unter Par-
menions Befehl, welche, bis auf einige Geschwader der Macedoni-

Die ſpäte Jahreszeit war herangekommen; mit dem Fall von
Halikarnaß konnte Alexander die Eroberung der Weſtküſte Klein-
aſiens für beendet anſehen; die neubegründete Freiheit in den Grie-
chiſchen Städten der Küſte und die Macedoniſchen Beſatzungen in
Myſien, Lydien und Karien ſicherten dieſe Gegenden vor neuen
Angriffen der Perſerflotten. Dieſen auch die Südküſte Kleinaſiens
zu ſperren, ſo wie die Landſchaften im Inneren Kleinaſiens zu
unterwerfen, mußte der Zweck der nächſten Operationen ſein. Da
indeß vorauszuſehen war, daß weder in den Küſtenſtädten, denen
wegen der Jahreszeit von der See her nicht leicht Hülfe kommen
konnte, noch auch im Innern des Landes, das längſt von den Per-
ſern geräumt war, der Widerſtand groß ſein würde, ſo war es un-
nöthig, das ganze Heer an dieſem beſchwerlichen Zuge Theil neh-
men zu laſſen; dazu kam, daß zu den großen Bewegungen, die den
Feldzug des nächſten Jahres eröffnen ſollten, das Heer mit friſchen
Truppen aus der Heimath verſtärkt werden mußte, da eines Theils
die einzelnen Gefechte, anderen Theils die Beſatzungen dem großen
Heere viele Truppen koſteten. Nun befanden ſich bei dem Heere
eine Menge Kriegsleute, die ſich jüngſt erſt verheirathet hatten; dieſe
wurden auf Urlaub nach der Heimath entlaſſen, daß ſie den Winter
über bei Weib und Kind zubrächten; ihre Führung übernahmen drei
Neuvermählte aus der Zahl der Befehlshaber, nämlich des Seleu-
kus Sohn Ptolemäus, einer der Leibwächter des Königs, Könus,
des alten Parmenion Schwiegerſohn, und Meleager, beide Anführer
von Diviſionen der Phalanx; dieſe erhielten den Auftrag, zugleich
mit den Beurlaubten ſo viel als möglich friſche Mannſchaften nach
Aſien mitzubringen, und im Frühling in Gordium zur großen Ar-
mee zu ſtoßen. Man kann ſich vorſtellen, mit welchem Jubel die-
ſer Urlaub angenommen wurde, mit welcher Freude die heimkehren-
den Krieger von den Ihrigen empfangen und angehört wurden,
wenn ſie von ihren Thaten und ihrem Könige, von der Beute und
den ſchönen Ländern Aſiens erzählten; es ſchien, als ob Aſien und
Macedonien aufhörten, einander fern und fremd zu ſein.

Von den in Aſien zurückbleibenden mobilen Truppen (denn
etwa neuntauſend Mann waren als Beſatzungen verwendet) bildete
Alexander zwei Marſchcolonnen, von denen die kleinere unter Par-
menions Befehl, welche, bis auf einige Geſchwader der Macedoni-

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[135/0149] Die ſpäte Jahreszeit war herangekommen; mit dem Fall von Halikarnaß konnte Alexander die Eroberung der Weſtküſte Klein- aſiens für beendet anſehen; die neubegründete Freiheit in den Grie- chiſchen Städten der Küſte und die Macedoniſchen Beſatzungen in Myſien, Lydien und Karien ſicherten dieſe Gegenden vor neuen Angriffen der Perſerflotten. Dieſen auch die Südküſte Kleinaſiens zu ſperren, ſo wie die Landſchaften im Inneren Kleinaſiens zu unterwerfen, mußte der Zweck der nächſten Operationen ſein. Da indeß vorauszuſehen war, daß weder in den Küſtenſtädten, denen wegen der Jahreszeit von der See her nicht leicht Hülfe kommen konnte, noch auch im Innern des Landes, das längſt von den Per- ſern geräumt war, der Widerſtand groß ſein würde, ſo war es un- nöthig, das ganze Heer an dieſem beſchwerlichen Zuge Theil neh- men zu laſſen; dazu kam, daß zu den großen Bewegungen, die den Feldzug des nächſten Jahres eröffnen ſollten, das Heer mit friſchen Truppen aus der Heimath verſtärkt werden mußte, da eines Theils die einzelnen Gefechte, anderen Theils die Beſatzungen dem großen Heere viele Truppen koſteten. Nun befanden ſich bei dem Heere eine Menge Kriegsleute, die ſich jüngſt erſt verheirathet hatten; dieſe wurden auf Urlaub nach der Heimath entlaſſen, daß ſie den Winter über bei Weib und Kind zubrächten; ihre Führung übernahmen drei Neuvermählte aus der Zahl der Befehlshaber, nämlich des Seleu- kus Sohn Ptolemäus, einer der Leibwächter des Königs, Könus, des alten Parmenion Schwiegerſohn, und Meleager, beide Anführer von Diviſionen der Phalanx; dieſe erhielten den Auftrag, zugleich mit den Beurlaubten ſo viel als möglich friſche Mannſchaften nach Aſien mitzubringen, und im Frühling in Gordium zur großen Ar- mee zu ſtoßen. Man kann ſich vorſtellen, mit welchem Jubel die- ſer Urlaub angenommen wurde, mit welcher Freude die heimkehren- den Krieger von den Ihrigen empfangen und angehört wurden, wenn ſie von ihren Thaten und ihrem Könige, von der Beute und den ſchönen Ländern Aſiens erzählten; es ſchien, als ob Aſien und Macedonien aufhörten, einander fern und fremd zu ſein. Von den in Aſien zurückbleibenden mobilen Truppen (denn etwa neuntauſend Mann waren als Beſatzungen verwendet) bildete Alexander zwei Marſchcolonnen, von denen die kleinere unter Par- menions Befehl, welche, bis auf einige Geſchwader der Macedoni-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/149>, abgerufen am 22.11.2024.