flüchtete, Syrphax und sein Sohn und die Söhne seiner Brüder retteten sich in die Tempel, das wüthende Volk riß sie von den Altären hinweg und steinigte sie; man suchte die Uebrigen, bereit sie dem gleichen Tode zu opfern; da rückte Alexander, einen Tag nach Amyntas Flucht, in die Stadt ein, that dem Morden Ein- halt, und befahl, die um seinetwillen Verbannten wieder aufzuneh- men; er hob für alle Zeiten die Oligarchie auf und stellte die Volks- herrschaft wieder her, er befahl, daß die Abgaben, die bisher an Persien entrichtet worden waren, der Artemis gezahlt werden sollten 33).
Nach Ephesus hin kamen zum Alexander Abgeordnete aus Tralles und Magnesia am Mäander, um ihm die beiden Städte, die wichtigsten im nördlichen Karien, zu übergeben; Parmenion wurde mit einem Corvs von viertausend Mann Fußvolk und zwei- hundert Pferden abgesandt, die Städte in Besitz zu nehmen. Zu gleicher Zeit wurde Antimachus, Lysimachus Bruder, mit eben so viel Truppen nach den Lesbischen, Aeolischen und Jonischen Städ- ten detaschirt, mit dem Befehl, überall die Oligarchie aufzuheben, die Volksherrschaft wieder einzurichten, die väterlichen Gesetze wie- der herzustellen und alle bisher an Persien entrichtete Abgaben zu erlassen. Alexander selbst verweilte noch einige Zeit in dem schönen Ephesus, ihm doppelt lieb durch den Umgang mit Apelles, dem größten Maler des Alterthums; das Bild Alexanders, mit dem Blitze in der Hand, das noch lange eine Zierde des großen Tem- pels der Artemis war, entstand in dieser Zeit 34). Zu gleicher Zeit beschäftigten ihn mancherlei Plane für das Wohl und den Handel
33) Die Anecdote, daß Alexander den Ephesiern den Bau ihres Tempels zu vollenden versprach, wenn er seinen Namen in den Fries des Gebäudes setzen könne, gehört einer späteren Zeit an, wie der Ana- chronismus in der Antwort der Ephesier zeigt: es gebühre sich nicht, daß der Gott der Göttin einen Tempel weihe; man würde die Ge- schichte für eine Erfindung der Deklamationsschulen halten, wenn sie nicht schon Artemidorus der Ephesier berichtete (bei Strabo XIV. p. 175).
34)Plin. XXX. V. 10. Aelian. V. H. II. 2. XII. 34., letzterer jedoch mit vielfacher Verwirrung; die Geschichte mit der nack- ten Pankaste scheint nach Plut. 21. ein artiges und zum Lobe Alexan- ders erfundenes Mährchen.
flüchtete, Syrphax und ſein Sohn und die Söhne ſeiner Brüder retteten ſich in die Tempel, das wüthende Volk riß ſie von den Altären hinweg und ſteinigte ſie; man ſuchte die Uebrigen, bereit ſie dem gleichen Tode zu opfern; da rückte Alexander, einen Tag nach Amyntas Flucht, in die Stadt ein, that dem Morden Ein- halt, und befahl, die um ſeinetwillen Verbannten wieder aufzuneh- men; er hob für alle Zeiten die Oligarchie auf und ſtellte die Volks- herrſchaft wieder her, er befahl, daß die Abgaben, die bisher an Perſien entrichtet worden waren, der Artemis gezahlt werden ſollten 33).
Nach Epheſus hin kamen zum Alexander Abgeordnete aus Tralles und Magneſia am Mäander, um ihm die beiden Städte, die wichtigſten im nördlichen Karien, zu übergeben; Parmenion wurde mit einem Corvs von viertauſend Mann Fußvolk und zwei- hundert Pferden abgeſandt, die Städte in Beſitz zu nehmen. Zu gleicher Zeit wurde Antimachus, Lyſimachus Bruder, mit eben ſo viel Truppen nach den Lesbiſchen, Aeoliſchen und Joniſchen Städ- ten detaſchirt, mit dem Befehl, überall die Oligarchie aufzuheben, die Volksherrſchaft wieder einzurichten, die väterlichen Geſetze wie- der herzuſtellen und alle bisher an Perſien entrichtete Abgaben zu erlaſſen. Alexander ſelbſt verweilte noch einige Zeit in dem ſchönen Epheſus, ihm doppelt lieb durch den Umgang mit Apelles, dem größten Maler des Alterthums; das Bild Alexanders, mit dem Blitze in der Hand, das noch lange eine Zierde des großen Tem- pels der Artemis war, entſtand in dieſer Zeit 34). Zu gleicher Zeit beſchäftigten ihn mancherlei Plane für das Wohl und den Handel
33) Die Anecdote, daß Alexander den Epheſiern den Bau ihres Tempels zu vollenden verſprach, wenn er ſeinen Namen in den Fries des Gebäudes ſetzen könne, gehört einer ſpäteren Zeit an, wie der Ana- chronismus in der Antwort der Epheſier zeigt: es gebühre ſich nicht, daß der Gott der Göttin einen Tempel weihe; man würde die Ge- ſchichte für eine Erfindung der Deklamationsſchulen halten, wenn ſie nicht ſchon Artemidorus der Epheſier berichtete (bei Strabo XIV. p. 175).
34)Plin. XXX. V. 10. Aelian. V. H. II. 2. XII. 34., letzterer jedoch mit vielfacher Verwirrung; die Geſchichte mit der nack- ten Pankaſte ſcheint nach Plut. 21. ein artiges und zum Lobe Alexan- ders erfundenes Mährchen.
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Altären hinweg und ſteinigte ſie; man ſuchte die Uebrigen, bereit
ſie dem gleichen Tode zu opfern; da rückte Alexander, einen Tag
nach Amyntas Flucht, in die Stadt ein, that dem Morden Ein-
halt, und befahl, die um ſeinetwillen Verbannten wieder aufzuneh-
men; er hob für alle Zeiten die Oligarchie auf und ſtellte die Volks-
herrſchaft wieder her, er befahl, daß die Abgaben, die bisher an
Perſien entrichtet worden waren, der Artemis gezahlt werden
ſollten 33).
Nach Epheſus hin kamen zum Alexander Abgeordnete aus
Tralles und Magneſia am Mäander, um ihm die beiden Städte,
die wichtigſten im nördlichen Karien, zu übergeben; Parmenion
wurde mit einem Corvs von viertauſend Mann Fußvolk und zwei-
hundert Pferden abgeſandt, die Städte in Beſitz zu nehmen. Zu
gleicher Zeit wurde Antimachus, Lyſimachus Bruder, mit eben ſo
viel Truppen nach den Lesbiſchen, Aeoliſchen und Joniſchen Städ-
ten detaſchirt, mit dem Befehl, überall die Oligarchie aufzuheben,
die Volksherrſchaft wieder einzurichten, die väterlichen Geſetze wie-
der herzuſtellen und alle bisher an Perſien entrichtete Abgaben zu
erlaſſen. Alexander ſelbſt verweilte noch einige Zeit in dem ſchönen
Epheſus, ihm doppelt lieb durch den Umgang mit Apelles, dem
größten Maler des Alterthums; das Bild Alexanders, mit dem
Blitze in der Hand, das noch lange eine Zierde des großen Tem-
pels der Artemis war, entſtand in dieſer Zeit 34). Zu gleicher Zeit
beſchäftigten ihn mancherlei Plane für das Wohl und den Handel
33) Die Anecdote, daß Alexander den Epheſiern den Bau ihres
Tempels zu vollenden verſprach, wenn er ſeinen Namen in den Fries
des Gebäudes ſetzen könne, gehört einer ſpäteren Zeit an, wie der Ana-
chronismus in der Antwort der Epheſier zeigt: es gebühre ſich nicht,
daß der Gott der Göttin einen Tempel weihe; man würde die Ge-
ſchichte für eine Erfindung der Deklamationsſchulen halten, wenn ſie
nicht ſchon Artemidorus der Epheſier berichtete (bei Strabo XIV.
p. 175).
34) Plin. XXX. V. 10. Aelian. V. H. II. 2. XII. 34.,
letzterer jedoch mit vielfacher Verwirrung; die Geſchichte mit der nack-
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/135>, abgerufen am 15.08.2024.
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